Das Virus – eine globale gesellschaftliche Krise
„Europäische Touristen, die sich nicht im Geringsten um unsere gesetzlichen Regelungen zur Pandemie-Bekämpfung gekümmert haben, sind verantwortlich für die Ausbreitung von COVID-19 in Südafrika“. Mit diesen klaren Worten eröffnete Professorin Rozena Maart von der University of KwaZulu-Natal in Bremens Partnerstadt Durban einen spannenden Diskurs über die sozialen Implikationen der Corona-Pandemie. Zu der Online-Podiumsdiskussion im Rahmen der Open Campus Week hatten das International Office und der Alumni-Verein eingeladen, mit Förderung vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).
Für Rozena Maart, übrigens auch Research Ambassador der Universität Bremen, hat es eindeutig eine rassistische Dimension, wenn weiße Europäer, die gerne im Winter nach Südafrika reisen, sich gar nicht vorstellen können, dass auch sie Überträger von Krankheiten sein können – ein Verhalten, das in einer langen kolonialistischen Tradition stehe.
Immerhin konnte sich das Virus in Afrika nicht in demselben Maße ausbreiten wie z.B. auf dem indischen Subkontinent. Professor Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Bremer Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, machte dafür verschiedene Faktoren verantwortlich. Einerseits habe es in manchen afrikanischen Staaten sehr früh eine effektive Infektionskontrolle gegeben. Andrerseits würden Menschen in Afrika durchschnittlich weit weniger als in Europa oder den USA an Fettleibigkeit oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, die Hauptrisikofaktoren für einen schweren COVID-Verlauf sind. Allerdings bleibe auch ein großes Fragezeichen, ob die existierenden Statistiken ein reales Bild liefern. Dafür seien viel genauere Untersuchungen nötig.
Professor Sørge Kelm, Biochemiker an der Universität Bremen, war live aus Tansania dazu geschaltet. In dem ostafrikanischen Staat hatte der kürzlich verstorbene Präsident die Existenz von COVID konsequent geleugnet. Seine Nachfolgerin im Amt hat inzwischen einen kompletten Kurswechsel vollzogen und so ist Professor Kelm aktuell damit beschäftigt, den Aufbau von Testkapazitäten auf der Insel Sansibar zu unterstützen.
Mit diesem interessanten Event haben die Alumni eine Debatte angestoßen, die hierzulande viel zu wenig in der Öffentlichkeit diskutiert wird.