Nachbericht: Führung und Podiumsdiskussion „Wissenschaftsstandort Bremen“ in der Bürgerschaft
Es war fast so wie in der großen Politik. Im Plenarsaal der Bremischen Bürgerschaft, die Abgeordnetentische besetzt von Alumni. Auf der Senatsbank Wissenschaftspolitiker:innen der Bürgerschaftsfraktionen. Geleitet wurde die Diskussionsrunde am Redner:innenpult von Altrektor Professor Bernd Scholz-Reiter. Zwei Monate vor der Wahl ein spannender Talk zum „Wissenschaftsstandort Bremen“. Aber richtig Zunder in die Debatte brachten redefreudige Alumnae und Alumni, die sich immer wieder mit Fragen und Kommentaren an die Saalmikrofone begaben.
Einig waren sich die Politiker:innen, dass die Hochschulen im Land Bremen eine Schlüsselrolle nicht nur für die Forschung und die Wirtschaft, sondern generell für die Zukunft des Bundeslandes haben. Mit dem Wissenschaftsplan 2025 sei Ende der letzten Legislatur eine Art Bestandsaufnahme gemacht und ein Planungsinstrument geschaffen worden, welche Gelder und Ressourcen der Wissenschaftssektor benötigt. Doch schon jetzt ist klar, die angestrebten Ziele, nämlich eine Finanzierung etwa auf dem Niveau des Bundesdurchschnitts, werden nicht erreicht. So sollen 2023 bereits 74 Millionen Euro, 2024 sogar 100 Millionen für diese Planungen im Wissenschaftsetat fehlen, übrigens dem drittgrößten Ressortetat im Bremer Haushalt. Dass dies zu großen Teilen der Corona-Krise und den finanziellen Verwerfungen seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine geschuldet ist, auch darüber waren sich die Politiker:innen weitgehend einig. Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Akzentuierungen gab es allerdings darüber, wie sich die Universität und die anderen Hochschulen noch besser in Gesellschaft und Öffentlichkeit positionieren können.
In Bremen sei die Verzahnung von Wissenschaft und Industrie eigentlich schon ganz gut, so aus dem Publikum der Beitrag von Professor Gerold Wefer, Gründungsdirektor des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften – MARUM. Aber wenn man sich Städte wie München anschaue, dann werde deutlich, dass es noch viel besser geht. Im Wettbewerb um Fachkräfte seien mutige Initiativen in Bremen unerlässlich. Als positives Beispiel verwiesen die Vertreter:innen der Parteien auf das neu gegründete Digital Hub Industry, das vor allem mittelständische Unternehmen mit IT-Bedarf nach Bremen lenke. Eine ähnliche Funktion hat das am Flughafen angesiedelte ECOMAT im Bereich der Materialwissenschaften schon und künftig auch bei der Wasserstoff-Technologie.
Eine emotional geführte Kontroverse gab es um den für 2025 geplanten Umzug des Fachbereichs Rechtswissenschaft in das ehemalige Bankgebäude der NordLB (früher Bremer Landesbank) am Domshof. Die Bremer Politik belüge sich, wenn sie glaube, mit diesem neuen Stadtcampus könne sie eine Neubelebung der Innenstadt erreichen. So viel Cappuccino könnten die angehenden Jurist:innen in den umliegenden Cafés gar nicht trinken, so Dr. Rita Kellner-Stoll in ihrem Beitrag am Publikumsmikrofon, für den sie viel Beifall erhielt. Viel wichtiger sei es, denn schon jetzt von internationalen Wissenschaftler:innen hoch geschätzten Campus und den Technologiepark in Horn weiterzuentwickeln und damit die schon erfolgreich begonnene Internationalisierung der Uni effektiver zu machen. Kritische Stimmen gab es auch zu den 90 Millionen Euro, die der Senat in den nächsten 30 Jahren als Miete für das NordLB-Gebäude veranschlagt, eine Summe, mit der doch auch ein Kauf denkbar wäre. Der bisherige Campus, auch da waren sich dann aber alle Poliker:innen wieder einig, soll auch künftig der zentrale und lebendige Standort der Uni bleiben. Das dort geplante Hörsaal- und Veranstaltungszentrum solle trotz Schwierigkeiten bei der Finanzierung, ausgelöst durch die stark gestiegenen Preise für Baumaterialien, auf keinen Fall aufgegeben werden.
Ein wirklich interessanter Abend endete so, wie Abgeordnete es auch kennen, bei Snacks und Getränken im Festsaal der Bürgerschaft.