Taking Care of Yourself! Gesundes Arbeitsleben
Das Arbeiten an einer Dissertation ist herausfordernd. Es verlangt jede Menge Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit und zugleich gute Kommunikation und Absprachen mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insbesondere der Betreuerin oder dem Betreuer. Manche Promovierenden müssen sich zudem ständig erneut um ihre Finanzierung bemühen. Andere sind vielleicht neu im deutschen akademischen System und sind gefordert, sich hier zunächst zu orientieren und sich zeitgleich auf eine neue Arbeits- und Kommunikationskultur einzulassen. Für eine Promotion ist also viel Durchhaltevermögen gefragt. Umso wichtiger ist es, dass Promovierende auf sich acht geben, lernen, Grenzen zu setzen und gesunde Arbeitsweisen für sich persönlich entwickeln.
Gute Arbeitsroutinen entwickeln.
Die eigene Arbeitsweise reflektieren und weiterentwickeln
Effektive Arbeitsweisen und eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit helfen uns gesund und produktiv zu bleiben. Um seine eigenen Routinen möglichst zufriedenstellend zu gestalten, sollte man sich immer wieder reflektieren und seine Arbeitszeit bewusst gestalten.
Wann arbeite ich? Der eigene Rhythmus und die passende Tagesstruktur
Während manche Promovierende an feste Arbeitszeiten gebunden sind, sind andere in ihrer Tagesstruktur extrem frei. Unanhängig von der Flexibilität, ist es sinvoll sich zu überlegen wann man am besten arbeitet.
Ein paar Hinweise.
Woran arbeite ich? Ziele und Arbeitsschritte
Ziele klar zu formulieren hilft dabei im Arbeitsalltag fokussiert und produktiv zu sein. Wichtig ist es die Ziele SMART zu formulieren und sich im nächsten Schritt auch die konkrete Herangehensweise zu überlegen.
Mehr dazu.
Wie arbeite ich? Routine, Routine, Routine!
Eine Promotion dauert Jahre. Da brauchen wir nicht jede Woche eine neue Struktur, sondern gute und vertraute Arbeitsroutinen, denn schließlich sind wir alle Gewohnheitstiere.
Ein paar Anregungen dazu.
Wo arbeite ich am besten? Der gute Arbeitsplatz
Der Ort, an dem ich arbeite, kann inspirieren und unterstützen. Manchmal braucht es nur Kleinigkeiten, damit die Umgebung und der Arbeitsplatz Produktivität und Kreativität fördern. Hier einige Ideen.
Was ist mit der Pause? Abschalten und entspannen
Eine Doktorarbeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Daher ist es wichtig, von Anfang an auf regelmäßige Pausen und Freizeit zu achten - und nicht erst, wenn man bereits überfordert ist. Gute Arbeitsroutinen kennen Pausen und Freizeit.
Ein paar Tipps.
Mehr dazu
Waiting for the motivation fairy (Kearns & Gardiner 2011)
The valley of shit (The Thesis Whisperer 2012)
Five things successful PhD students refuse to do (The Guardian, Hankel 2014)
Prokrastination? Perfektionismus? Pragmatismus!
Die eigene Haltung überprüfen. Prokrastination Einhalt gebieten.
Prokrastination ist häufig eine Folge von Perfektionismus. Wir schieben die Aufgaben auf, bei denen wir uns vor unseren eigenen Ansprüchen fürchten und suchen uns Aufgaben, die wir zu erledigen wissen: Mails beantworten, Labore aufräumen, Literatur recherchieren. Die Motivation für die wichtige Aufgabe, zum Beispiel das Schreiben, sinkt und wir fangen einfach nicht an - wir fühlen uns noch nicht bereit. Lieber noch eine Quelle mehr zu Rate ziehen. Dabei führt gerade das Machen zu mehr Motivation. Sprich: Anfangen, BEVOR man sich bereit fühlt. Dann kommt auch die Motivation (siehe Kearns und Gardiner 2011).
Zudem hilft es sich kleine Arbeitspakete zu schnüren und seine Arbeitsroutinen zu pflegen, damit einen der Blick aufs gesamte Promotionsprojekt nicht erschlägt. Immer bis zum nächsten Ziel denken und dabei pragmatisch bleiben. Das will ich abhaken - nicht perfekt, aber gut genug. Und danach belohnt man sich!
Tipps gegen Prokrastination:
- Anfangen, bevor man sich bereit fühlt.
- Kleine Ziele für den Tag setzen und in konkrete Schritte aufgliedern. "Ich fange mein Methodik-Kapitel an. Heute Vormittag strukturiere ich meine Gedanken zum Thema in einer Mind Map. Heute Nachmittag schreibe ich 60 Minuten, um den Einstieg ins Thema zu formulieren."
- Pragmatisch sein. "Ich ziele auf Ergebnisse, die gut genug sind - nicht unbedingt perfekt."
- Wenn der Fokus einen verlässt: die Pomodoro-Technik ausprobieren. "Ich kann 25 Minuten konzentriert arbeiten. Dann 5 Minuten Pause machen."
Die Wissenschaft und ich. Bin ich hier richtig?
Das Impostor-Syndrom erkennen.
"Oh nein, dann merken alle, dass ich keine Expertin bin!" Sich selbst für eine Hochstaplerin oder einen Hochstapler zu halten, ist das zentrale Merkmal des sogenannten Impostor-Syndroms. Betroffene zweifeln an sich und ihren Fähigkeiten, glauben beispielsweise, dass sie ihrer beruflichen Rolle nicht gerecht werden und dass ihre "Inkompetenz" eines Tages auffällt. Ihre Erfolge und Leistungen führen sie nicht auf ihre Fähigkeiten zurück, sondern lediglich auf günstige Umstände - "Glück gehabt". So geht es auch manchen Promovierenden, die an sich selbst zweifeln und meinen, alle Welt würde bald merken, dass sie eigentlich gar nicht an die Uni gehören.
Was kann man tun? Wichtig ist es, zu wissen, dass man sich in einem Umfeld befindet, das das Hochstaplersyndrom befördert. So müssen Wissenschaftler*innen ihre Arbeit kontinuierlich dem wissenschaftlichen Prozess der Kritik unterstellen - auf Konferenzen, bei Arbeitsgruppentreffen oder im Peer-Review-Verfahren. Versagensängste können durch eine akademische Kultur verstärkt werden, in der Kolleg*innen manches Mal geradezu rigoros Texte auf Inkonsistenzen untersuchen - eventuell nur, um sich selbst darüber zu profilieren. Promovierende sind zudem in einer Qualifizierungsphase, die immer mit informellen Bewertungen und schließlich mit einer formellen Begutachtung einhergeht.
Hinzukommt, dass an deutschen Universitäten Professuren auch gegenwärtig überwiegend mit deutschen Männern mit akademischen Familienhintergrund besetzt sind. Für Promovierende, die nicht diesem Bild entsprechen, können Fremdheitserfahrungen daher zum Uni-Alltag gehören. Sie laufen eher Gefahr sich fälschlicherweise als "nicht gut genug" zu fühlen. Sich über dieses Umfeld bewusst zu werden und sich darüber auszutauschen, kann ein erster Schritt dazu sein, zu sagen, "Ja, ich bin hier richtig."
Weitere Infos
Impostor-Syndrom & Wissenschaft:
Kearns, Hugh. Research intelligence: how to overcome academic impostor syndrome. Times Higher Education. 18.07. 2019.
The Wellbeing Thesis. Building your Identity as a Researcher – Overcoming Imposter Syndrome
Impostor-Syndrom & Diversität:
Simpkin, Theresa. ‘Impostor syndrome’ trivialises the serious issue of feeling phoney in HE. Times Higher Education. 29.01.2020.
Austauschmöglichkeiten für Studierende/Promoviernde der ersten Generation: Erste Generation Promotion – EGP e. V.
Auf sich achten.
Gesund und positiv durch die Promotionszeit: Fünf Wege
Auf sich selbst zu achten ist wichtig – nicht nur für den Erfolg der Doktorarbeit. Auch Kolleg*innen, Freund*innen und Familie profitieren davon, wenn es Dir gut geht. Aber wie kümmert man sich um das eigene psychische Wohlergehen? Der National Health Service Großbritanniens empfiehlt 5 Wege. BYRD hat ein paar Ideen wie Bremer Promovierende diese umsetzen können.
Zeit mit Anderen verbringen
Positive Beziehungen zu anderen Menschen und das Gefühl geschätzt zu werden, sind ein menschliches Grundbedürfnis und essenziell, um sich in der Welt wohl zu fühlen. Promovieren kann allerdings eine einsame Angelegenheit sein. Es ist daher wichtig, sich mit anderen Menschen, Verwandten, Freundinnen und Freunden regelmäßig zu treffen und Zeit miteinander zu verbringen. Hier ein paar Anregungen.
Aktiv sein
Eine Dissertation zu schreiben bedeutet, lange Zeit am Schreibtisch zu sitzen. Dabei sollte man sicherstellen, dass man regelmäßig dieser "Zwangshaltung" entflieht und aktiv bleibt. Das ist nicht nur für die körperliche Gesundheit wichtig, sondern auch für die Psyche. Ein paar Ideen für mehr Bewegung.
Neues lernen
Gute Nachrichten! Neue Fähigkeiten zu erlernen kann ebenfalls dein Wohlbefinden verbessern. Und man lernt VIEL während der Promotion. Lass Dich also nicht überwältigen, von den vielen Methoden, Ansätzen, Daten und Theorien... Gönn Dir stattdessen hin und wieder einen Moment, um Dir das bereits gelernte vor Augen zu führen und vielleicht mit neuen Vorhaben Abstand vom Promotionsthema zu bekommen. Ein paar Möglichkeiten.
Anderen etwas geben
Am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, anderen etwas zu geben und freundlich zu sein, kann zu besserer mentaler Gesundheit führen: man empfindet Bereicherung und fühlt sich gut dabei. Es hilft dabei, andere kennenzulernen, stärkt das Selbstwertgefühl und gibt einen Sinn. Auch wenn man neben der Promotion nicht genügend Zeit für Freiwilligenarbeit hat, können kleine Gesten sicherlich einen Platz im Alltag finden. Hier ein paar Beispiele zur Inspiration.
Aufmerksam sein
Darauf zu achten, bewusster zu sein, kann die eigenen Gedanken, Gefühle und Einstellungen klären. Achtsam wahrzunehmen, was in diesem Moment passiert, fördert das Wohlbefinden und kann helfen, sich die eigenen Prioritäten im Leben deutlich zu machen. Versuche also den "Autopilot"-Modus ab und zu ausschalten! Hier ein paar Anregungen.
Weiterführende Informationen zum Thema Promovieren und Psychische Gesundheit
Ressourcen
Informationsmaterial des Max Planck PhDnet zu Mental Health - inklusive dem Leitfaden zur Soforthilfe bei psychischen Erkrankungen.
The Wellbeing Thesis. An online resource for postgraduate research students to support your wellbeing, learning and research.
Zoë J. Ayres: Managing your Mental Health during your PhD: A Survival Guide, Springer, 2022. Im Campusnetz bei der SUUB herunterzuladen.
Petra Boynton: Being well in academia: ways to feel stronger, safer and more connected, Routledge, 2021.
Wellbeing and mental health lens on the Vitae Researcher Development Framework (RDF) - Reflektionsmöglichkeit zu den eigenen Kompetenzen im Umgang mit Belastungen / Mental Health
ZEITCAMPUS MENTAL HEALTH Ratgeber 2024 - Ratgeber für Studierende, viele der Informationen zum Thema mentale Gesundheit lassen sich gut auch für die Promotionszeit nutzen
Hintergrundinformationen
Wenn die Dissertation an der Psyche nagt. Über die Herausforderungen einer Promotions-Phase. In: Forschung & Lehre 4/18.
Nature's 2019 PhD survey
Evidence for a mental health crisis in graduate education (Evans et al. 2018)
I don’t think there’s anything darker than doing a PhD (Pollak 2017, The Irish Times)
Anlaufstellen auf dem Campus
Psychologische Beratung
Eingeschriebene Promovierende können die Unterstützungsangebote der Psychologischen Beratungsstelle des Studierendenwerks bei arbeitsbezogenen und persönlichen Problemen nutzen.
Betriebliche Sozialberatung
Die Betriebliche Sozialberatung bietet psychosoziale Beratung und Coaching für alle Universitätsmitarbeiter*innen an. Sie können sowohl bei Fragen oder Problemen aus dem beruflichen Bereich, als auch wegen Anliegen aus dem Privatleben, Sachfragen oder gesundheitlichen Schwierigkeiten einen Gesprächstermin vereinbaren.
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) der Universität Bremen hat die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit zum Ziel und bietet verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten.
Telefonische Hilfe in akuten Krisen
In akuten Krisen können Sie sich an folgende Institutionen wenden:
Telefonseelsorge Bremen:
0800 - 1110111 und 0800 - 1110222 (24 Stunden),
kostenfrei, auch vom Handy
Sozialpsychiatrischer und Kriseninterventionsdienst Bremen
0421 - 800 582 10 (8.30 bis 17.00 Uhr)
0421 - 800 582 33 (17.00 bis 21.00 Uhr sowie am Wochenende von 8.30 bis 17.00 Uhr)