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Beeinträchtigung oder Behinderung - Wie werden die Begriffe korrekt verwendet?

Newsletter August

Liebe Lesende,

Bei der korrekten Verwendung der Begriffe „Beeinträchtigung“ und „Behinderung“ kann es zu Unsicherheiten kommen, da sie umgangssprachlich oft synonym verwendet werden und vielen der Unterschied zwischen den Begrifflichkeiten nicht bekannt ist. In der Diskussion über die Unterscheidung der Begrifflichkeiten begegnen sich verschiedene Perspektiven, die ihren Fokus jeweils anders setzen (z.B. auf die körperliche, individuelle oder die gesellschaftliche Ebene). Hinzu kommt, dass sich das Verständnis von dem Begriff der Behinderung im Laufe der Zeit immer wieder gewandelt hat.

Daher wollen wir in diesem Newsletter auf die grundlegenden Unterschiede zwischen einer Behinderung und einer Beeinträchtigung nach dem aktuellen Verständnis, das sich in den Disability Studies verbreitet hat, eingehen.

 

1. Beeinträchtigung oder Behinderung? - Die Unterscheidung

Die Begriffe Behinderung und Beeinträchtigung werden in der Alltagssprache häufig synonym verwendet. Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied. Wenn von einer Beeinträchtigung gesprochen wird, dann wird der körperliche Aspekt der Behinderung in den Vordergrund gestellt. Eine Beeinträchtigung kann ein fehlender Arm, eine chronische Krankheit, die eingeschränkte Sehkraft oder Ähnliches sein  (vgl. leitmedien.de).

Hiervon zu unterscheiden ist die Behinderung. Die UN-Behindertenrechtskonvention definiert den Begriff der Behinderung wie folgt: Es gelten diejenigen Menschen als behindert, „die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (UN 2006, Artikel 1). Demnach wird der Blick von der einzelnen Person weg gerichtet, hin zur gesellschaftlichen Ebene und deren Barrieren für Betroffene. Der Begriff der Behinderung ist demnach umfassender, da er die soziale Ebene mit einschließt im Gegensatz zu der rein körperlichen Seite der Beeinträchtigung.

Insofern sind die Barrieren in der Gesellschaft - auch Ableismus genannt - als Merkmal der Behinderung zu sehen und entstehen im Wechselwirkung mit den beeinträchtigten Betroffenen. Es ist weniger die eingeschränkte Sehkraft selbst, die die betroffene Person beeinträchtigt, sondern das Umfeld mit den zugehörigen Barrieren wie unleserliche Texte, Verkehrsschilder usw. Diese Unterscheidung von der individuellen, körperlichen Ebene der Beeinträchtigung (englisch impairment) und der gesellschaftlichen Ebene (englisch disability) wird mit dem sozialen Modell der Behinderung beschrieben (vgl. Köbsell 2016: 90). 

 

2. Barrierearmut als gesellschaftliche Aufgabe

„Durch diese Barrieren in der Gesellschaft wird aus einer individuellen Beeinträchtigung eine Behinderung. Das Problem ist aber nicht die individuelle Person mit ihrer Beeinträchtigung, sondern es sind die Barrieren in der Gesellschaft, die wir beseitigen müssen“ (Fisseler 2020).

Barrieren zu verringern ist somit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der vor allem Aufklärung eine wichtige Rolle spielt.

Wie bedeutend die Beseitigung digitaler Barrieren für Studierende im Hinblick auf eine gerechte Teilhabe an Bildungsangeboten ist, wurde in der Zeit der Corona-Pandemie erstmals öffentlich diskutiert und aufgrund der erhöhten Zahl der Betroffenen besonders deutlich.

 

3. Barrieren im universitären Bereich

Eine Barriere kann die Teilhabe Betroffener erschweren oder verhindern, wenn Materialien, Lehrveranstaltungen oder (virtuelle) Räume nicht zugänglich gestaltet sind.Im Kontext der universitären digitalen Lehre gibt es viele verschiedene Bereiche, in denen Barrieren auftauchen können, z.B.:

  • in Lehr-/ Lernmaterialien

  • in Vorlesungen und Seminaren

  • in Prüfungen bzw. Prüfungsformaten

  • auf Websites und Webauftritten

  • in Formularen

Es ist wichtig, dass Informationen auch im digitalen Bereich, für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sind. Lehrende haben in diesem Zusammenhang mit der Gestaltung ihrer Veranstaltungskonzeption sowie der Lehr-/Lernmaterialien eine besondere Schlüsselrolle, um Barrieren für Studierende zu vermeiden.

Wenn Sie weitere Informationen zu Barrierearmut oder Unterstützung bei der Gestaltung Ihrer barrierearmen digitalen Lehre, Ihrer Lehr-/Lernmaterialien, Formulare und Webauftritte benötigen, können Sie sich gerne an uns wenden. Denn jede verhinderte Barriere ist von Bedeutung und hilft dabei, die digitale Lehre Stück für Stück gerechter zu machen. Eine zugängliche (digitale) Lehre ist darüber hinaus für alle von Vorteil.

In unserem nächsten Newsletter werden wir uns mit dem rechtlichen Rahmen von barrierearmer digitaler Lehre beschäftigen und die Frage beantworten, inwieweit Hochschulen dazu verpflichtet sind, ihre Hochschullehre barrierefrei zu gestalten. 


Quellen

Leitmedien: Begriffe über Behinderung von A bis Z, URL: Begriffe über Behinderung von A bis Z - Leidmedien.de

Fisseler, Björn (2020): Barrierefreiheit und inklusive Digitalisierung, URL:

https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/barrierefreiheit-und-inklusive-digitalisierung

Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (Hrsg.) (2018): Die UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Amtliche deutsche Übersetzung, Stand 2018.

Köbsell, Swantje (2016): „Doing Dis_ability: Wie Menschen mit Beeinträchtigungen zu „Behinderten“ werden“, In: Fereidooni, Karim / Zeoli, Antonietta P. (Hrsg.): Managing Diversity. Die diversitätsbewusste Ausrichtung des Bildungs- und Kulturwesens, der Wirtschaft und Verwaltung. Springer VS, Wiesbaden. 89-104.

Aktualisiert von: Ballon Team