Hintergrund

Handy fotografiert Obstschale

Das UNICON-Projekt beschäftigt sich mit der Frage, wie soziale Ungleichheiten das Ernährungsverhalten beeinflussen und welche Umwelt- und psychosozialen Faktoren dabei eine Rolle spielen. Wissenschaftliche Studien zeigen immer wieder, dass Menschen mit unterschiedlichem Einkommen, Bildungsniveau oder Wohnort auch unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten haben. Personen aus einkommensstarken und gut gebildeten Haushalten ernähren sich tendenziell gesünder als Menschen mit geringem Einkommen oder niedrigem Bildungsabschluss. Während einige regelmäßig frisches Obst und Gemüse konsumieren, greifen andere häufiger zu verarbeiteten Lebensmitteln oder Fast Food. Doch Ernährung ist keine rein individuelle Entscheidung, sondern wird durch eine Vielzahl äußerer Einflüsse mitbestimmt.

Beispielsweise spielen finanzielle Möglichkeiten eine entscheidende Rolle, da frisch zubereitete und gesunde Mahlzeiten oft teurer sind als hochverarbeitete Fertigprodukte. Gleichzeitig beeinflusst die Verfügbarkeit von Lebensmitteln die Ernährungsweise: in wohlhabenderen Stadtteilen gibt es meist eine größere Auswahl an Supermärkten mit frischen und gesunden Lebensmitteln, während in sozial benachteiligten Gegenden oft Fast-Food-Ketten und kleine Kioske mit begrenzter Produktauswahl dominieren. Neben diesen Umweltfaktoren spielen auch soziale Einflüsse eine große Rolle. Der Ernährungsstil von Familie und Freunde, sowie gesellschaftliche Normen beeinflussen, welche Lebensmittel bevorzugt werden. Zudem können Zeitmangel und Stress dazu führen, dass häufiger auf schnelle, weniger gesunde Mahlzeiten zurückgegriffen wird.

Das UNICON-Projekt setzt genau hier an und untersucht, welche dieser Faktoren im Alltag Einfluss auf das Ernährungsverhalten haben und wie sie mit sozialer Ungleichheit zusammenhängen. Dabei wird nicht nur analysiert, wer was isst, sondern auch wann, wo und unter welchen Umständen Ernährungsentscheidungen getroffen werden. Besonders wichtig ist dabei der situative Kontext: Wie verändert sich das Essverhalten, wenn Menschen unter Stress stehen oder schlecht gelaunt sind? Welche Rolle spielt das direkte Umfeld, zum Beispiel die Verfügbarkeit gesunder oder ungesunder Lebensmittel? Gibt es systematische Unterschiede im Ernährungsverhalten von Personen, wenn man sie nach ihrem Geschlecht, Alter oder Einkommen in Gruppen teilt?

Um diese Fragen zu beantworten, nutzt die Studie unter anderem die Methode des „Ecological Momentary Assessment (EMA)“, bei der Teilnehmende über eine App regelmäßig eintragen, was sie gegessen haben und in welchem Umfeld sie sich dabei befanden. Diese Echtzeit-Datenerhebung im Alltag der Teilnehmenden ermöglicht eine genauere Analyse als herkömmliche Befragungen, da sie direkt im Alltag der Menschen ansetzt und das Ernährungsverhalten nicht erst im Nachhinein rekonstruiert werden muss. Besonders wichtig ist die Verbindung dieser individuellen Verhaltensdaten mit Umweltinformationen, wie zum Beispiel der Nähe zu Supermärkten oder Fast-Food-Restaurants.

Die Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie sich soziale Ungleichheiten im Alltag auf die Ernährung auswirken. Das langfristige Ziel ist es, Barrieren für eine gesunde Ernährung besser zu verstehen und auf dieser Basis gezielte Maßnahmen zu entwickeln, die gesunde Ernährung für alle Menschen zugänglicher machen – unabhängig von Einkommen, Bildungsstand oder Wohnort. Die gewonnenen Erkenntnisse können nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für politische Entscheidungsträger von Bedeutung sein, um soziale Unterschiede in der Ernährung effektiv und gezielt zu reduzieren.