Andreas Fischer, Leiter des Bremer Instituts für Messtechnik, Automatisierung und Qualitätswissenschaft (BIMAQ) an der Universität Bremen, betritt mit seinem Vorhaben „Smile - Laboratory for sensitive machining of biological materials” Neuland. Foto: BIMAQ / Universität Bremen
Der Leiter des Bremer Instituts für Messtechnik, Automatisierung und Qualitätswissenschaft (BIMAQ) an der Universität Bremen betritt mit seinem Vorhaben „Smile - Laboratory for sensitive machining of biological materials” Neuland. Er wird an der Universität Bremen ein Labor aufbauen, mit dessen Hilfe die Erfolgsquote von Operationen bei Knochenbrüchen oder auch bei Zahnarztbehandlungen verbessert werden soll. „Eingriffe sollen zuverlässiger gelingen und Chirurg:innen entlastet werden, indem die Technik die ideale Lösung findet“, beschreibt Fischer das Ziel.
Als Messtechniker in der Fertigungstechnik hat es Andreas Fischer häufig mit Materialien zu tun, deren Eigenschaften gut bekannt sind. Bei biologischem Gewebe wie Knochen oder Zähnen ist das anders, denn sie sind inhomogen aufgebaut. Härtegrad und Dichte variieren, sowohl im jeweiligen Gewebe als auch von Mensch zu Mensch. Operateur:innen wissen vor einem Eingriff wenig über den Zustand der Knochen. Der Erfolg einer Operation, bei der etwa gebrochene Knochen per Schrauben zusammengefügt werden, hängt im Wesentlichen von der Erfahrung der Chirurg:innen ab.
Feinfühliges Messsystem für Mediziner:innen
Das will Fischer ändern. „Die Messtechnik kann hier als Assistenzsystem einen wichtigen Beitrag leisten,“, sagt er. „Unser Labor wird kein Operationssaal sein, wir werden die verschiedenen technischen Möglichkeiten adressieren.“ Dazu zählt die Entwicklung eines multisensorischen Messsystems, bestehend aus elektrischen, mechanischen, akustischen, optischen und thermografischen Sensoren sowie einer intelligenten, gemeinsamen Auswertung der Sensorsignale. Das Messsystem soll Mediziner:innen während einer Operation mit Informationen über Härte, Schichtdicken oder Tiefe des Bohrkanals versorgen und über den Behandlungsfortschritt unmittelbar Auskunft geben. „Sie sollen so ein direktes Feedback bekommen“, sagt Fischer.
Doch damit nicht genug: Das System soll feinfühlig sein. „Es soll spüren können, was passiert. Das ist der Schlüssel“, betont Fischer. Bei Entfernung von Karies zum Beispiel sollen die Sensoren nicht nur das geschädigte Material erkennen. Sondern auch dafür sorgen, dass nur so viel wie nötig von dem Zahn abgetragen wird. Andreas Fischer verfolgt dabei einen Ansatz, der neben der Sensordatenfusion auch Methoden des maschinellen Lernens umfasst.
Knochen-Operationen sind nur ein Anwendungsbeispiel für dieses neue Forschungsfeld, das Andreas Fischer mit dem Aufbau des Labors an der Universität Bremen etablieren will. Er will noch einen Schritt weitergehen: „Auch die Materialien der Zukunft sind inhomogen“, sagt der Wissenschaftler. Dabei geht es um komplexe Verbundmaterialien, mit unterschiedlichsten Härten und Schichten. „Das Labor sollen einen Beitrag dazu leisten, wie wir bei der Fertigung mit diesen Materialien umgehen können.“
Auch Studierende profitieren
Die Momentum-Initiative der Volkswagenstiftung schließt eine Förderlücke. Sie ermutigt Wissenschaftler:innen in der frühen Phase ihrer ersten Lebenszeitprofessur neue Forschungsgebiete zu erschließen und schafft kreative Freiräume. „Dass dies möglich ist, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Fischer. Das Vergabeverfahren ist hoch kompetitiv, eine Anschlussförderung über zwei Jahre ist möglich.
Studierende werden vom Labor ebenfalls profitieren. So sollen etwa die Teilnehmenden des jüngst eingerichteten Studiengangs „Maschinenbau und Verfahrenstechnik“ Hand anlegen können. „Wir verbinden Grundlagenforschung mit konkreten Anwendungen für unsere Gesellschaft, das ist für viele Studierende sehr attraktiv“, sagt der 43-Jährige, der 2021 einen mit zwei Millionen Euro dotierten ERC-Grant erhielt, eine der höchstdotierten Auszeichnungen des Europäischen Forschungsrates.
„Smile - Laboratory for sensitive machining of biological materials” hat Fischer mit einem Augenzwinkern sein Vorhaben benannt. „Smile“ deshalb, weil er hofft, etwa mit einer besseren Zahnversorgung ein Lächeln auf den Lippen künftiger Patient:innen erzeugen zu können. Ihm ist der Anwendungsbezug seiner Forschung wichtig, die Messtechnik um den medizinischen Bezug erweitern zu können. Und er möchte seine Begeisterung für technische Lösungen weitertragen, nicht nur an seine Studierenden. „Man kann mit Technik etwas bewegen und unsere Gesellschaft voranbringen. Das zeigen wir hier.“
Text: Rainer Busch
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