Ende oder Rückkehr der Geschichte? Weltpolitik vor neuen Herausforderungen
2015 wurde die Vortragsreihe von Prof. Klaus Dieter Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, im historischen Veranstaltungsraum „Stadtwaage“ eröffnet. Sein Vortrag widmete sich dem Thema „Ende oder Rückkehr der Geschichte? Weltpolitik vor neuen Herausforderungen“.
Prof. Klaus-Dieter Wolf skizzierte die Gegenwart als von Unordnung und Unübersichtlichkeit gekennzeichnete Epoche, für deren Verständnis weder die Überlegungen von Fukuyama noch jene von Huntington besonders hilfreich seien. Staatliche Strukturen brächen zusammen, während gesellschaftliche Spaltungstendenzen und lokale Gewalt zunähmen. Aus Wolfs Perspektive betreffe die diagnostizierte Unordnung also primär die Staatenwelt. Das Machtvakuum, das die sich auf dem Rückzug befindenden USA hinterlassen hätten, sei noch nicht wieder gefüllt und habe die (Welt-)Ordnungspolitik aus dem Gleichgewicht gebracht. Flankiert worden sei dieser Umbruch sowohl von einer Krise des (Wohlfahrts- und Friedens-)Projekts Europa als auch von einer Krise der Idee und Wirklichkeit des Staates. Insbesondere der Aufstieg privater Gewaltakteure habe den Eindruck globaler Unordnung verfestigt. Das Sicherheitsdilemma, so Wolf weiter, sei heute nicht mehr zentral, vielmehr gehe es um Verteilungsfragen. Wolle man aktuelle Probleme verstehen, müsse man die Ungleichverteilung von Lebenschancen zwischen und innerhalb von Gesellschaften untersuchen. Weder die Ausgrenzung Russlands noch die Bombardierung des Islamischen Staats könne als Versuch bestehen, Verteilungsfragen als den Kern dieser Probleme zu bewältigen. Eine Möglichkeit, letztere zu lösen, sieht Wolf – im Anschluss an Nancy Frasers Bestimmung von Teilhabe, Teilnahme und Anerkennung als die drei Dimensionen von Gerechtigkeit – in der Inklusion, der Einbindung aller in die Strukturen einer „Global Governance“.
Bei der Zusammenfassung des Vortrages handelt es sich um einen Auszug aus: Ulrich Franke, Roy Karadag, Sebastian Möller, Marcus Wolf: „‘Rechtsstaatlichkeit muss wehtun‘ oder: 20 Jahre ‚InIIS‘“, in: Soziopolis-Gesellschaft beobachten. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Soziopolis.