Donnerstag, 10-12 Uhr, Raum GW2 B3009
„In den Diskurs, den ich heute zu halten habe, hätte ich mich gerne verstohlen eingeschlichen“ – mit diesem Satz leitete der französische Philosoph Michel Foucault seine Tätigkeit am Lehrstuhl für die Geschichte der Denksysteme am 2. Dezember 1970 in Paris ein. Die Frage „Wer spricht?“ stellte er nicht ausgehend vom Subjekt (das spricht), sondern von dem Geflecht, dem Dispositiv kombinierbarer Diskurs- und Machtstrukturen, die subjektkonstituierend wirken. Aufgefasst wird das Dispositiv also als Netz, bestehend aus Institutionen, Personen, Praktiken und Diskursen. Die Sitzung stellt die für die kunst- und medienwissenschaftliche Forschung grundlegende Begrifflichkeit aus historischer und gegenwärtiger Perspektive vor.
Mit dem Dispositivbegriff werden heute verschiedene Diskurse und Praktiken des Ästhetischen erfasst. Dabei wird auf das Wechselspiel zwischen apparativen Gefügen und den damit einhergehenden Rezeptions- und Wahrnehmungsmodi einerseits sowie die Relationen von Bildern, Materialitäten und Räumen andererseits gezielt – etwa im kinematographischen Dispositiv in der Installationskunst. Eine weitere wichtige Anwendung kommt im Kontext der jeweils zugrunde liegenden Gesellschaftsordnung zu, etwa dem sogenannten Geschlechterdispositiv in der feministischen Theoriebildung.
Als Möglichkeit der Anwendung soll zudem erläutert werden, wie mit Gilles Deleuze der Fokus auf die Auflösungen und Abweichungen von scheinbar starren Strukturen verschoben werden kann. Denn die von Deleuze so benannten „Fluchtlinien“ ermöglichen es, aus bestehenden Ordnungen des Wissens und der Macht (wie etwa hierarchischen Gesellschaftsordnungen) herauszuführen. Dieses subversive Potenzial der Diskurs- und Dispositivanalyse soll beispielhaft anschaulich gemacht werden.
Die Veranstaltungsreihe "Diskurse – Dispositive - Dislpays. Einführung in die Forschungspraxis" findet im Rahmen des ForstAintegriert-Projekts (Forschendstudieren von Anfang an) im BA Kunst-Medien-Ästhetische Bildung statt. Studierende und Lehrende sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen.