Mit eingebauten Sensoren Schäden automatisch unter Einsatz von Ultraschallwellen und Künstlicher Intelligenz zu charakterisieren – das ist das Ziel der neuen DFG-Forschungsgruppe FOR3022 unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Werkstofforientierte Technologien – IWT und der Universität Bremen.
In der Luft- und Raumfahrtindustrie werden zunehmend hybride Werkstoffe eingesetzt. Denn die Verbundwerkstoffe bieten besondere Funktionseigenschaften, die die steigenden technischen und wirtschaftlichen Anforderungen dieser Industriezweige abdecken. Verbundmaterialien aus faserverstärkten Kunststoffen mit Metallfolien – sogenannte Faser-Metall-Laminate – weisen aufgrund ihrer hybriden Struktur signifikante Vorteile gegenüber Aluminium auf, welches nach wie vor den Standardwerkstoff in der Luftfahrtbranche darstellt. Aus diesem Grund werden Faser-Metall-Laminate zunehmend an Flugzeugteilen verbaut, die besonders anfällig für Einschläge wie beispielsweise Vogelschlag sind. Dabei können Schäden wie das Ablösen von Verklebungen, sogenannte Delaminationen, sowie von außen nicht sichtbare Risse entstehen.
Lange Vorbereitungszeit für das neue Projekt
Um entstehende Schäden in solchen hybriden Werkstoffen besser verstehen und sicher diagnostizieren zu können, widmet sich seit Kurzem eine neu eingerichtete DFG-Forschungsgruppe FOR3022 „Ultrasonic Monitoring of Fibre Metal Laminates Using Integrated Sensors“ der Untersuchung, Charakterisierung und Diagnostik von Schäden in Faser-Metall-Laminaten. Dem nun realisierten Forschungsvorhaben geht eine lange Vorbereitungsphase voraus. Die initialen Ideen für das Großprojekt entstanden im Rahmen der ehemaligen zentralen wissenschaftlichen Einrichtung „Integrated Solutions in Sensorial Structure Engineering - ISIS“ der Universität Bremen.
Der Forschungsverbund widmet sich in einer ersten Phase drei Jahre lang diesem Vorhaben. Gefördert wird die Forschungsgruppe von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einem Fördervolumen von 2,7 Millionen Euro. An dem Forschungsvorhaben sind in Bremen neben dem Leibniz-IWT die Universität Bremen mit dem Fachbereich Informatik (PD Dr. Stefan Bosse) und Elektrotechnik (Professor Walter Lang) sowie das Faserinstitut (Professor Axel Herrmann), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Helmut-Schmidt-Universität Hamburg (HSU) beteiligt. Professor Michael Sinapius vom Institut für Adaptronik und Funktionsintegration an der TU Braunschweig koordiniert das Vorhaben.
Jeder Schaden hinterlässt seinen Fingerabdruck
„Mit der neuen Forschungsgruppe wollen wir neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen von Impact-Schäden und Ultraschallwellen in Faser-Metall-Laminaten gewinnen“, so Axel von Hehl, Leiter der Abteilung Leichtbauwerkstoffe am Leibniz-IWT und Mitglied des MAPEX Center for Materials and Processes der Universität Bremen. „Ziel der ersten Phase ist insbesondere die Schadenscharakterisierung. Das heißt: Wir wollen den Fingerabdruck eines spezifischen Schadens erfassen und identifizieren.“ Solche Schäden verändern die Ausbreitung von Ultraschallwellen, die zur Schadensdetektion genutzt werden sollen. Dabei kommen – anders als in der Medizin- oder Diagnosetechnik – sogenannte geführte Ultraschallwellen zum Einsatz. Diese breiten sich in dünnwandigen Bauteilen, wie Flugzeugrumpfhäuten aus. Um zu wissen, um welche Schadensklassen es sich in jedem Einzelfall genau handelt, setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das am MAPEX Center verfügbare hochauflösende Röntgen-Mikroskop ein. Anhand einer Zuordnung der Schadensklassen zu den gemessenen Ultraschallsignalen wird das Ultraschallprüfverfahren so lange trainiert, bis mit ihm eine zuverlässige Schadensidentifikation möglich wird.
Ein Diagnosesystem für Impact-Schäden
Um später eine Schadensüberwachung im Betrieb zu ermöglichen, beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem mit der Integration von Sensoren in den Werkstoff. Diese sollen im Betrieb sogenannte Impact-Schäden erkennen und charakterisieren und somit Informationen über das Ausmaß eines Schadens geben. „Die Informationen müssen dabei aus einer großen Menge an Rohdaten gewonnen und abgeleitet werden, was nur noch durch automatisierte Verfahren und durch den Einsatz der Methoden der Künstlichen Intelligenz realisiert werden kann“, wie Privatdozent Stefan Bosse aus der Informatik erklärt.
In einer möglichen zweiten dreijährigen Förderphase der Forschungsgruppe sollen die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse der Schadenscharakterisierung in Untersuchungen der Schadensentwicklung einfließen. Dadurch ließen sich genauere Aussagen über das Ausmaß eines Schadens und den daraus resultierenden Handlungsbedarf treffen. Auf dieser Grundlage sollen die eingebauten Sensoren langfristig als sicheres Diagnosesystem für Impact-Schäden am Flugzeug eingesetzt werden.
Fragen beantwortet:
Carolin Haller M.A.
Leiterin Wissenschaftskommunikation
Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien - IWT
Telefon (+49) 421 218-51374
E-Mail: hallerprotect me ?!iwt-bremenprotect me ?!.de
Carolin Haller