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Universität an bedeutendem Klimaprogramm beteiligt

Bessere Vorhersagen für Luftqualität, Wetter und Klima: Die Universität Bremen ist eine von elf Einrichtungen, die den deutschen Beitrag zur EU-Forschungsinfrastruktur ACTRIS bilden. Damit wird der Wissenschaftsstandort Bremen in der deutschen Atmosphären- und Klimaforschung erheblich gestärkt.

In ACTRIS-D arbeiten viele bedeutende Akteure der deutschen Atmosphärenforschung zusammen – darunter Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Behörden. Koordiniert wird der deutsche Teil der europäischen Forschungsinfrastruktur durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig. Die Universität Bremen ist an der zentralen ACTRIS Serviceeinrichtung CREGARS beteiligt und wird drei Forschungsstationen betreiben. Sie beteiligt sich mit zwei Typen von Messungen am ACTRIS-Programm: Einerseits mit ihren Messstationen in Bremen, Paramaribo/Surinam und Ny Alesund/Spitzbergen, wo mit Hilfe der solaren Absorptionsspektroskopie die Spurengaskonzentrationen einer Vielzahl von Substanzen in der gesamten Atmosphäre vom Erdboden bis zum Oberrand der Atmosphäre erfasst. Andererseits kommt eine mobile Spurengaseinheit der Bremer Klimaforscher zum Einsatz, um beispielsweise auf Schiffen die Breitengradabhängigkeit oder an ausgewählten Orten für längere Zeiträume die Spurengasvariationen zu erfassen.

Ziel sind bessere Daten über kurzlebige Atmosphären-Bestandteile

Ziel der neuen Forschungsinfrastruktur ACTRIS – das Kürzel steht für Aerosol, Clouds and Trace Gases Research Infrastructure, also eine Forschungsinfrastruktur für Aerosole (Feinstaubpartikel), Wolken und Spurengase – ist die Lieferung von Daten zu den kurzlebigen atmosphärischen Bestandteilen der Atmosphäre vom Boden bis in die Stratosphäre. Dies soll dazu beitragen, die Unsicherheiten in der Vorhersage des zukünftigen Klimas zu reduzieren, das Wissen über Klima-Rückkopplungsmechanismen zu verbessern sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität und deren Auswirkungen auf Gesundheit und Ökosysteme zu bewerten.

ACTRIS ist die grundlegende europäische Forschungsinfrastruktur für kurzlebige Atmosphärenbestandteile, die die Erdsystembeobachtung und -forschung ausbaut und der Gesellschaft das Wissen zur Entwicklung nachhaltiger Lösungen bereitstellt. Diese Bestandteile der Atmosphäre haben großen Einfluss auf die Luftqualität und das Klima. Die kurzlebigen Klimatreiber sind in der Regel nur wenige Stunden bis Wochen in der Atmosphäre unterwegs – im Gegensatz zu den langlebigen Treibhausgasen wie Kohlendioxid, die viele Jahre bis Jahrzehnte in der Atmosphäre verbleiben. Deshalb ist über die Wirkung der langlebigen Treibhausgase deutlich mehr bekannt als über die kurzlebigen Bestandteile, obwohl auch diese das Klima deutlich beeinflussen.

Kurzlebige Klimatreiber wirken sehr unterschiedlich

So reflektieren winzige Schwebeteilchen beispielsweise Sonnenlicht und Wärmestrahlung oder dienen als Keime für die Bildung von Wolkentropfen und Eiskristallen, was die Niederschlagsbildung beeinflusst. Der Mensch nimmt durch Landnutzung, Verkehr und Energieerzeugung Einfluss auf die kurzlebigen Klimatreiber, die sehr unterschiedlich wirken können: zum Beispiel tragen Rußpartikel zur Erwärmung bei, Sulfat- und Nitratpartikel wirken dagegen abkühlend. Klar ist, dass sich alle diese Faktoren auf das Klima auswirken und in den Vorhersagen berücksichtigt werden müssen. Wie groß die zum Teil sehr unterschiedlichen Effekte aber letztlich jeweils sind, ist noch nicht gut genug bekannt.

Neben den Wirkungen auf das Klima haben kurzlebige Bestandteile der Atmosphäre auch einen starken Einfluss auf die Luftqualität und damit auf die menschliche Gesundheit. Schwebeteilchen, umgangssprachlich Feinstaub genannt, und kurzlebige Spurengase wie Stickoxide führen zu Erkrankungen der Atemwege und reduzieren die Lebenserwartung aufgrund von Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen.

Die Auswirkungen der menschlichen Aktivitäten auf die Atmosphäre vom einzelnen Auto bis hin zu riesigen Waldbränden können jedoch nur dann abgeschätzt werden, wenn Messungen kontinuierlich und großflächig an vielen Punkten erfolgen, denn die Atmosphäre kennt keine nationalen Grenzen. Deshalb wurde 2016 die paneuropäische Initiative ACTRIS auf die europäische Roadmap für Forschungsinfrastrukturen aufgenommen. Ab 2022 soll ACTRIS in der Rechtsform eines ERIC (European Research Infrastructure Consortium) seine langfristige Arbeit starten.

Über 75 Millionen Euro Fördermittel für ACTRIS-D

Mit der Aufnahme des deutschen Beitrags ACTRIS-D auf die Nationale Roadmap für Forschungsinfrastrukturen hatte sich Deutschland 2019 zur Mitarbeit an der europäischen Forschungsinfrastruktur bekannt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert diese Initiative im Rahmen der Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA). Es hat nun die Förderung des Aufbaus von ACTRIS-D mit zunächst insgesamt rund 75 Millionen Euro begonnen. Mit diesen Mitteln werden in den nächsten fünf Jahren zahlreiche feste und mobile Messstationen sowie Labore und Simulationskammern ausgebaut oder neu errichtet. Eine zweite Förderphase zum vollständigen Aufbau von ACTRIS-D mit einer Förderung von etwa 11 Millionen Euro ist für den Zeitraum 2026 bis 2029 geplant. Zusätzlich wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) einen wichtigen Beitrag leisten, indem es langfristig den Betrieb von Serviceeinrichtungen wie den ACTRIS-Kalibierzentren finanziert.

Mehr als 100 Forschungseinrichtungen beteiligt

An ACTRIS beteiligen sich europaweit weit über 100 Forschungseinrichtungen aus 22 Ländern. Sie haben über Europa ein Netz aus mehr als 70 Observatorien gespannt, das durch Stationen in den Polarregionen, den Tropen und in Asien ergänzt wird. Dazu kommen 18 Simulationskammern und Labore in Europa, in denen Prozesse in der Atmosphäre im Experiment nachgestellt werden, sowie 17 mobile Messplattformen, die an unterschiedlichen Standorten eingesetzt werden können. ACTRIS soll einer breiten Nutzergemeinschaft effektiven Zugang zu seinen Daten, Ressourcen und Diensten bieten, um eine qualitativ hochwertige Erdsystemforschung zu ermöglichen. Vom freien und offenen Zugang werden nicht nur der Technologie- und Wissenschaftsstandort Europa, sondern auch Umweltbehörden und Entscheidungsträger und damit letztlich Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa profitieren.

Die an ACTRIS beteiligten Forschungseinrichtungen sind:

  • Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig, federführend
  • Alfred-Wegener-Institut (AWI) – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
  • Bergische Universität Wuppertal (BUW)
  • Deutscher Wetterdienst (DWD), Offenbach
  • Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ)
  • Goethe-Universität Frankfurt am Main
  •  Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
  • Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
  • Umweltbundesamt (UBA), Dessau
  • Universität Bremen
  • Universität zu Köln


Weitere Informationen:

ACTRIS - the European Research Infrastructure for the observation of Aerosol, Clouds, and Trace gases: https://www.actris.eu/

Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA): https://www.fona.de/de  

Nationale Roadmap für Forschungsinfrastrukturen: https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/das-wissenschaftssystem/roadmap-fuer-forschungsinfrastrukturen/roadmap-fuer-forschungsinfrastrukturen.html

 

Hinweis für die Medien:

Fotos in hoher Auflösung finden Sie zur kostenlosen Nutzung für die Medien bei Angabe der Quelle unter:
https://owncloud.gwdg.de/index.php/s/xT01mtLoVyuoLF5 (Foto: Tilo Arnhold, TROPOS bzw. Dietrich Althausen, TROPOS)
 

Fragen beantworten:

Prof. Dr. Justus Notholt
Institut für Umweltphysik
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218-62190
E-Mail: jnotholtprotect me ?!iup.physik.uni-bremenprotect me ?!.de

 

Dr. Ulla Wandinger
Koordinatorin des deutschen Beitrags zu ACTRIS und Kontaktperson für die europäischen Partner am TROPOS
Dr. Markus Hermann
Koordinator für den Aufbau der deutschen Kalibrierzentren
Telefon: +49-341-2717-7082, -7071
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/ulla-wandinger/
https://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/markus-hermann

Gerät vor Sonnenuntergang
Eines der Geräte, mit denen die Klimaforscher der Universität Bremen in der Station in Surinam arbeiten, ist der Sonnenfolger. Das Gerät folgt mit zwei Spiegeln der Sonne und lenkt das Licht nach unten in den Container, in dem das Spektrometer steht.
Aktualisiert von: Redaktion