Nachhaltigkeit unter Beobachtung
Nachhaltigkeit unter Beobachtung – Ein innovatives Monitoringkonzept für Kommunen
Projektleitung: Prof. Dr. Georg Müller-Christ
Mitarbeiter: Dr. Kai-Olaf Bastenhorst, Dipl. Kffr. Adele Berry
Laufzeit: November 2001 bis Juni 2004
Förderung: Bremer Senator für Bau, Umwelt und Verkehr: Ökologiefonds im Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm; Teilfonds Förderung der angewandten Umweltforschung.
Es wird sehr viel über die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren geschrieben. Indikatoren sollen einen nachhaltigen Zustand anzeigen, dessen Inhalt sich aber paradoxerweise erst in langen gesellschaftlichen Diskussionsprozessen herauskristallisieren wird. So lässt sich das Dilemma zusammenfassen, in dem die Akteure der Indikatorenforschung sich befinden. So ist es auch verständlich, dass weder die vorhandenen nationalen noch die kommunalen Nachhaltigkeitsindikatorensysteme eine nennenswerte politische Steuerungsfähigkeit entfalten.
Mit dieser Erkenntnis als Ausgangslage lassen sich zwei Wege beschreiten: Zum einen kann die Indikatorendiskussion vertieft werden, also Indikatoren hinsichtlich ihrer Erhebungsfähigkeit und ihrer Anschlussfähigkeit an das politische Entscheidungsverhalten verbessert werden. Hierbei wird nicht der Ansatz verändert, den Entscheidungsträgern ein Zielsystem an die Hand zu geben, anhand dessen sie den Stand der Nachhaltigkeit der Kommune ablesen können.
Zum anderen jedoch kann das Anliegen, Nachhaltigkeit zu einer politischen Entscheidungsgröße zu machen, auch ganz neu gedacht werden. Dieses Forschungsprojekt beinhaltet vier Innovationen, die entstanden sind, als das Wesen von Nachhaltigkeit reflektiert wurde: Ist Nachhaltigkeit nicht eine schon lange bekannte ökonomische Rationalität, die besagt, dass dauerhaft nur der wirtschaften kann, der seine Ressourcenbasis erhält? Die Bedeutung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Ressourcen für ein wirtschaftendes System steht daher im Vordergrund der Analyse.
Die Frage „Wovon lebt ein wirtschaftendes System wie eine Kommune?“ lässt sich ressourcenperspektivisch in die Fragestellung „Welche Ressourcen benötigt eine Kommune und wo kommen sie her?“ übersetzen. Aus dieser Perspektive ergibt sich als Anforderung einer nachhaltigen Entwicklung, dass eine Kommune langfristig und dauerhaft die Ressourcen zu seiner eigenen Entwicklung erhält. Ressourcenaxiomatisch bedeutet dies, dass neben dem aktuellen Ressourcenfluss der Blick auf die Fähigkeit der Ressourcenquellen, die jeweiligen Ressourcen auch langfristig zu liefern, erweitert werden muss. Dazu gilt es, die Rahmenbedingungen, welche die Funktionsfähigkeit der Ressourcenquellen maßgeblich beeinflussen, zu identifizieren.
Hier setzt die Idee des Nachhaltigkeitsmonitorings für eine Kommune an. Bisherige Indikatorensysteme für nachhaltige Entwicklung suchen eine Antwort auf die Frage: „Wo stehen wir in Bezug zur Nachhaltigkeit oder wie weit sind wir davon entfernt?“ Weil die Antwort auf diese Frage von der Wahl der Indikatoren und vom Eintreten der langfristigen Wirkungen abhängt, kann sie heute keine große Steuerungswirkung entfalten. In diesem Forschungsprojekt wird daher nicht die erzielte Wirkung für Nachhaltigkeit beobachtet, sondern das Engagement für Nachhaltigkeit.
Damit steht nicht so sehr die Leitfrage bzw. Streitfrage im Vordergrund, inwieweit eine Region sich schon oder noch nicht nachhaltig verhält, sondern welches Engagement eine Region und ihre Akteure als Entscheidungsträger und Resourceholder zeigen, um sich in Richtung nachhaltige Entwicklung zu bewegen. Das Projekt „Nachhaltigkeitsmonitoring für das Bundesland Bremen“ hat in diesem Sinne ein Indikatorensystem unter folgender Leitfrage erarbeitet: „Was tun die relevanten Akteure und Resourceholder in Bremen, um die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit der maßgeblichen Ressourcenquellen der Region zu erhalten und zu fördern?“
Im Vordergrund steht die logische und nicht partizipative Identifikation der für eine Kommune relevanten ökonomischen, ökologischen und sozialen Ressourcenströme. Diese werden nach zwei grundsätzlichen Kategorien klassifiziert, welche die theoretische Basis für die Benennung der Monitoringfelder bilden:
Erstens werden Ressourcen nach ihrer Bedeutung für die Systemstabilität beschrieben. Hier wird noch einmal in pathogenetische und salutogenetische Felder unterschieden.
- Pathogenetische Felder beschreiben Entwicklungen, welche eine unerwünschte Störung der Funktionsfähigkeit der Ressourcenquellen eines Systems darstellen.
- Salutogenetische Felder beschreiben Entwicklungen, welche die Gesundheit der Ressourcenquellen fördern.
Zweitens werden Felder identifiziert, welche eine herausragende Rolle für die zukünftige Entwicklung und den Ressourcennachschub der jeweiligen drei Ressourcensysteme einer Kommune spielen und spielen werden.
Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes sind erschienen unter: Müller-Christ, G./Bastenhorst, K.O./Berry, A. (2005) Nachhaltigkeit unter Beobachtung. Ein innovatives Monitoringkonzept für Kommunen. München.