Wintersemester 2006/7: Paul McCartney's Liverpool Oratorio
Paul McCartney’s Liverpool Oratorio komponiert von Paul McCartney und Carl Davis 1991
Paul McCartney’s Werk ist ein klassisches Musikwerk, das einer der berühmtesten Popmusiker der Welt – zusammen mit dem Filmmusik-Komponisten Carl Davis – komponiert hat. Man könnte erwarten, dass das Liverpool Oratorio wie klassisch verpackte Beatles-Musik klingt. Doch das tut es nicht. Vielleicht sind manche Melodien etwas sangbarer und lockerer als in zeitgenössischer sogenannter klassischer Musik heute üblich. Aber wenn auf der Partitur nicht der Name Paul McCartney’s stehen würde, würde niemand glauben, dass er dieses Werk maßgeblich mitkomponiert hat.
Doch etwas anderes fällt beim Hören auf: Das Liverpool Oratorio ist sehr britisch. Von hemmungsloser Sentimentalität, wenn es um Gefühle geht, und gleichzeitig treffsicher und voll trockenen Humors in der realistischen Beschreibung des Alltags. Musikalisch springt das Werk frei von Berührungsängsten von einem musikalischen Genre zum anderen, klingt erst wie moderne Kunstmusik, dann wie neobarocke Kirchenmusik oder wie ein Musical oder wie Filmmusik für einen großen Hollywoood-Film oder wie Musik von Strawinsky. Wir Deutschen tun uns erfahrungsgemäß schwer mit allem, was von der reinen Lehre abweicht. Die in Großbritannien sehr populären Londoner Promenadenkonzerte, die „Proms“, führen uns exemplarisch vor Augen, dass es auch anders geht, dass es auch möglich ist, musikalische Stilgrenzen unbefangen in alle Richtungen zu überschreiten.
In dieser Aufführung des Liverpool Oratorio’s durch die Bremer Universitätsmusik ist deshalb – gleichzeitig ernsthaft und mit einer Verbeugung vor dem britischem Humor – zum Einzug des Chors der patriotische Schlager der britischen Proms, Elgar's "Pomp And Circumstances"-March Nr. 1, gespielt und als Zugabe das Halleluja aus Händel's "Messiah" gesungen worden.
Paul McCartney hätte als Junge gerne im Chor der Liverpool Cathedral gesungen und ist nur wegen fehlender Notenkenntnisse nicht aufgenommen worden. Seine persönliche musikalische Prägung ist, was klassische Musik betrifft, typisch britsch und irgendwo zwischen englischer Kirchenmusik und der Filmmusik der BBC-Serien angesiedelt. Und an dieser Stelle kommt Carl Davis ins Spiel: Carl Davis, vielfach ausgezeichnet für seine Filmmusiken, besonders auch für seine Musik zu Filmen und Serien der BBC. Nur dass beim Liverpool Oratorio kein Film auf der Leinwand oder dem Bildschirm erscheint. Der Film zur ausführlichen Handlung entsteht wie beim Lesen eines Buches lediglich im Kopf.
Seminar, didaktisches Material, Einführungsvortrag und Rundfunksendung
Das Projekt wurde begleitet von einem musik- und kulturwissenschaftlichen Seminar „Paul McCartney’s Liverpool Oratorio: Analyse und Präsentation fürs Konzertpublikum“, veranstaltet an der Universität Bremen im Wintersemester 2006/07 von UMD Dr. Susanne Gläß. Das Seminar hat in der ersten Arbeitsphase das Liverpool Oratorio analysiert und anschließend Mappen mit didaktischem Material für die Vorbereitung des Konzertbesuchs für bremische Schulklassen erstellt, ein Programmheft geschrieben, am Sonnabend, den 3. Februar 2007 um 11 Uhr einen Einführungsvortrag im Haus der Wissenschaft/Sandstrasse gestaltet und in einer zweistündigen Rundfunksendung zum Liverpool Oratorio mitgewirkt, die Hans-Peter Raiß (Radio Bremen) erstellt hat und die am Donnerstag, den 8. Februar 2007 um 20.05 Uhr auf Nordwestradio gesendet worden ist. Das vom Seminar erstellte Schulmaterial wurde von zehn Lehrkräften in Bremen und umzu im Musikunterricht angewendet, sieben Klassen haben mit ihren Lehrkräften das Konzert besucht.
Programm, Ausführende und Konzert
Edward Elgar, Pomp and Circumstance March No. 1
komponiert 1901, uraufgeführt 1901 in Liverpool, Philharmonic Hall, unter Leitung von Edward Elgar
Paul McCartney’s Liverpool Oratorio
komponiert von Paul McCartney und Carl Davis 1991
uraufgeführt 1991 in Liverpool Cathedral unter Leitung von Carl Davis
in acht Sätzen: War – School – Crypt – Father – Wedding – Work – Crises – Peace
Georg Friedrich Händel, Halleluja aus „Messiah“
Zugabe unter Beteiligung von Schulklassen und dem Publikum
Ausführende
Orchester & Chor der Universität Bremen
Knabenchor Unser Lieben Frauen Bremen
(Einstudierung Ansgar Müller-Nanninga)
Jennifer Bird/Sopran
Maria Kowollik/Alt
Clemens Löschmann/Tenor
Genadijus Bergorulko/Bass
Gesamtleitung: Susanne Gläß
Sologeige: Bernd Merkel
Solocello: Martin Kayser
Solotrompete: Matthias Wulff
Solohorn: David Schubert
Solo-Englischhorn: Stefanie Adler
Harfe: Eckhard Meier
Coaching Streichinstrumente:
Reinhold Heise (Bremer Philharmoniker)
Coaching Holzblasinstrumente:
Peter Müntel (Bremer Philharmoniker)
Coaching Blechblasinstrumente:
Anatoli Jagodin (Bremer Philharmoniker)
Konzert
Bremen, Glocke/großer Saal, 9. Februar 2007, 20 Uhr
Orchester & Chor der Universität Bremen haben Paul McCartney's Liverpool Oratorio im Januar 2015 noch ein zweites Mal aufgeführt.