Promotionsprojekt Musik

Bedeutungszuweisungen im Instrumentalklassenunterricht

Doktorandin: Ute Konrad - Betreuer: Prof.  Dr. Andreas Lehmann-Wermser

Instrumentalklassen erfreuen sich in den Eingangsklassen der weiterführenden Schulen eines regen Zuspruchs. In ihnen verbinden sich Ensemblespiel und individuelles Lernen eines meist selbst gewählten Instrumentes, seien es Streicher-, Bläser-, Keyboard oder Rockklassen; Kooperationsmodelle z. B. mit lokalen Musikschulen spielen dabei eine große Rolle.  Im Unterricht dieser Klassen spielen "technische“ Fragen eine große Rolle: Wie sind musikalische Passagen technisch auszuführen? Wie können Phrasen rhythmisch korrekt und in der Intonation sicher ausgeführt werden? Daneben aber werden auch "ästhetische“ Fragen gestellt, die für dieses Teilprojekt von besonderem Interesse sind. Sie sind im aktuellen Verständnis von Kultur und kultureller Teilhabe als Bedeutungszuschreibungen durch die Akteure im Unterricht zu beschreiben.

Die Kooperationsklasse wird während der gesamten Projektlaufzeit die Rockmusikklasse einer Bremer Oberschule sein, die zum Schuljahr 2014/15 in der 5. Jahrgangsstufe begonnen hat.

Problemlage

Bislang sind die komplexen  Prozesse im Musikunterricht in Instrumentalklassen noch kaum beschrieben worden. Außer einigen wenigen Studien zur Inszenierung ästhetischer Prozesse (z. B. Gebauer, Studie) existieren keine Arbeiten, die an den entsprechenden Studien etwa zum mathematischen oder fremdsprachlichen Unterricht anschlussfähig wären. Zugleich liegen auch wenig Vorarbeiten im Sinne des Prozess-Produkt-Paradigmas vor. Entsprechend rudimentär sind die  Erkenntnisse über die spezifischen Lehr-Lern-Prozesse im Musikunterricht, sofern sie über basale kognitive Prozesse (etwa beim Notenlernen) oder Prozesse des Erlernens von Musik (etwa im Zusammenhang von Ensembles) hinausgehen.

Ein entsprechendes Verständnis wäre aber notwendig, wenn Musikunterricht unter den heutigen schulischen Bedingungen erfolgreich verlaufen soll. Die für FaBiT zentrale Annahme von Heterogenität gilt für den Musikunterricht in mehrerlei Hinsicht. Zum einen besteht eine kulturelle Heterogenität, die sich aus der für alle Schulformen zu beobachtenden Zunahme von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ergibt. Zum anderen aber ist eine Zunahme der pluralen kulturellen Orientierungen zu konstatieren, die ihrerseits Ergebnis sozialer Mobilität und postmoderner Entwicklungen sind. Bedeutungszuschreibungen in heterogenen Kontexten können aber nicht uniform verlaufen, sondern sind von bestehenden kulturellen Mustern abhängig (Lehmann-Wermser & Krupp-Schleußner 2014); das gilt besonders für Musikunterricht in Instrumentalklassen.

Forschungsfragen

Für das Teilprojekt Musik ergibt sich daraus eine doppelte Forschungsfrage. Zum einen sind zunächst die Prozesse der Inszenierung ästhetischer Vermittlungsprozesse und intendierter Bedeutungszuschreibungen zu beschreiben. Mit dieser Fragestellung wird in der Unterrichtsforschung in Musik methodisch und inhaltlich Neuland beschritten. Zum anderen wird  danach gefragt, wie diese Prozesse  im Sinne des Design-Based Research erfolgreich weiterentwickelt können.

Ziele

Das Ziel des Projektes besteht daher darin, evidenzbasiert Unterrichtsarrangements zu entwickeln, die im Instrumentalklassenunterricht Prozesse kultureller Bedeutungszuweisung fördern. Dafür werden zunächst exemplarische Unterrichtsstunden videographiert. Ausschnitte dieser Stunden werden in video-stimulated-recall-Interviews mit der Lehrkraft und den Lernenden eingesetzt. Zur Befragung der Schülerinnen und Schüler unter Einsatz des Softwaretools KompoTalk® (Gottschalk 2014). Die Daten aus der Analyse der Unterrichtsvideos sowie der Interviews bilden die Grundlage für die systematische Beschreibung der Arrangements und damit für die Entwicklung des Designs.

Interdisziplinäre Vergleiche

Inhaltliche Anknüpfungspunkte für den zwischenfachlichen Vergleich finden sich vorranging zu den Teilprojekten Englisch und Kunst, weil in diesen Projekten der spezifische Charakter kultureller Praktiken und der Bedeutungszuweisung zentral ist.

Literatur

Gebauer, Heike: Inszenierungsmuster im Musikunterricht. Studie: Lit.http://www.feldpartitur.de/kategorie-verhaltensbeobachtung-klassenmusikunterricht/, 10.01.2019.

Gottschalk, Thomas (2014, unveröffentlicht): Handreichung zum Software-tool KompoTalk

Lehmann-Wermser, Andreas & Krupp-Schleußner, Valerie (2014): Musikalisches Involviertsein als Modell kultureller Teilhabe. In: Bernd Clausen (Hrsg.): Teilhabe und Gerechtigkeit. Münster: Waxmann, S. 21-40

Aktualisiert von: Marion Wulf