Psychische Weiterwirkungen der nationalsozialistischen Judenvernichtung in mehreren Generationen nicht-jüdischer Deutscher nach 1945
Laufzeit: 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006
In diesem Forschungsprojekt und Dissertationsvorhaben werden die psychischen - und dabei vor allem die vorbewussten und unbewussten - Weiterwirkungen der nationalsozialistischen Judenvernichtung (der Shoah) in mehreren Generationen nicht-jüdischer Deutscher nach 1945 untersucht.
Dazu werden mit den Methoden einer psychoanalytisch orientierten Sozialforschung Einzelinterviews und themenzentrierte Gruppendiskussionen in drei Generationen erhoben und psychoanalytisch orientiert ausgewertet.
Quantitative und qualitative Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch 60 Jahre nach dem Nationalsozialismus und der Judenvernichtung diese Vergangenheit sowohl auf Seiten der überlebenden Opfer und ihrer Kinder als auch in den Familien der Täter, Mitläufer und jener, die sich durch Unterlassungen schuldig an der Vernichtung der europäischen Juden in den Jahren 1933-1945 machten, weiterwirkt.
Gleichwohl geht es hinsichtlich der psychischen Erbschaften der Shoah auf beiden Seiten um grundsätzlich Verschiedenes: Auf Seiten der überlebenden Opfer geht es um die erlittenen Extremtraumatisierungen und ihre Weitergabe an die Nachkommen, auf Seiten der Nachkommen der Täter, Mitläufer und Zuschauer dagegen zumeist um die (unbewusste) Weitergabe von Schuld und Scham sowie ihrer Abwehr.
Der fortbestehende Antisemitismus in Deutschland und seine spezifische Verknüpfung mit der NS-Vergangenheit sind ebenfalls relevant für eine weiterführende Forschung zu den Folgen der nationalsozialistischen Judenvernichtung. Antisemitismus ist ein weltweites Phänomen; doch gilt es, eben die Zusammenhänge zwischen aktuellem Antisemitismus und der nationalsozialistischen Judenvernichtung, die spezifische Bedeutung, die Antisemitismus in Deutschland besitzt, herauszuarbeiten.