Bildung eines globalen Kanons

Philosophische Lehre in westlichen Universitäten wird oft zurecht dafür kritisiert, sich fast ausschließlich mit westlichen AutorInnen zu befassen. Dies hat mehrere Nachteile: zum Einen kann es dazu beitragen, Stereotype über PhilosophInnen als Menschen mit westlichem Erscheinungsbild weiterzugeben und bei Studierenden mit anderen Hintergründen ein Gefühl der nicht-Zugehörigkeit zu erzeugen. Zum anderen ist die Nichtbeachtung anderer Traditionen aber auch ein inhaltlicher Verlust, eine verpasste Chance fruchtbare Perspektiven einzubringen. Mit anderen Worten, dieser Ausschluss ist sowohl ein politisches als auch ein epistemologisches Defizit: Einerseits ist es ungerecht, Menschen aus dem Kanon auszuschließen, deren Arbeit für die Geschichte der Philosophie wichtig war, und andererseits führt dies zu einer Unwissenheit über andere Kulturen und Perspektiven (siehe auch: Projekt zu Nichtwissenszuschreibungen).

Im Rahmen dieses Projektes sollen Konzepte (weiter)entwickelt werden, wie Lehrveranstaltungen mehr Texte und Perspektiven aus nicht-westlichen Traditionen behandeln können. Dabei wird Wert darauf gelegt, diese Perspektiven nicht als gesonderte Form der Philosophie „anzuhängen“, sondern historische Verbindungen und gemeinsame Erkenntnisinteressen verschiedener Traditionen herauszustellen.

Die Bildung eines globalen philosophischen Kanons wirft aber auch metaphilosophische Fragen auf, die uns auch unseren traditionellen Kanon kritisch hinterfragen lassen: Was kann überhaupt Philosophie genannt werden? Und wie definieren bzw. grenzen wir eine ganze philosophische Tradition ab? Gibt es zum Beispiel so etwas wie eine afrikanische Philosophie? (siehe auch: Projekt zu Afrikanischer Philosophie)

 

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: Prof. Dr. Dr. Norman Sieroka
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