(Post-)koloniales Recht
Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, LL.M. (EUI Florenz)
(Post-)Koloniales Recht
Vorbesprechung am 15. Oktober 2019 um 16 Uhr c.t., Raum C 2320 (Zerp-Raum)
Postkolonialer Rechtswissenschaft geht es darum, eurozentrische Blickverengungen zu überwinden, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass sich kolonial geprägte Machtstrukturen ins moderne Recht eingeschrieben haben und dass diese Strukturen teilweise bis heute fortwirken. Gerade auch Jurist*innen müssen, so das Anliegen postkolonialer Rechtswissenschaft, ein Gespür dafür bekommen, dass sich die Kolonialisierung nicht nur verheerend auf die Menschen und Gesellschaften in den Kolonien auswirkte, sondern eben auch die gesellschaftlichen Lebensformen, funktionale Sphären und auch die Rechtssysteme der Metropolen veränderte, indem deren Institutionen sich in umfassender Weise den Erfordernissen eines kolonialisierenden Staates anpassten. Das Seminar möchte einigen Grundmustern bis heute kolonial geprägten Rechts nachgehen und im Lichte postkolonialer Grundlagentexte diskutieren.
Termine:
- Dienstag, 15.10., 16 Uhr c.t.: Vorbesprechung und Einführung
Lektüre:Maxim Bönnemann/Maximilian Pichl, Postkoloniale Theorien, in: Buckel u.a. (Hg.), Neue Theorien des Rechts, 3. Aufl., Tübingen 2020, i.E.
Vertiefungslektüre: Udo Wolter, Postkolonialismus. Ein neues Paradigma kritischer Gesellschaftstheorie?, in: jour fix-initiative Berlin (Hg.), Theorie des Faschismus – Kritik der Gesellschaft, Münster 2000, S. 92 ff.
- Dienstag, 29.10., 16 Uhr c.t.: Koloniales (Des-)Integrationsrecht
Lektüre:Kien Nghi Ha, Deutsche Integrationspolitik als koloniale Praxis, Gabriele Dietze, Claudia Brunner, Edith Wenzel (Hg.), Kritik des Okzidentalismus. Transdisziplinäre Beiträge zu (Neo-)Orientalismus und Geschlecht, Bielefeld 2009, S. 137 ff.
Vertiefungslektüre:Andreas Fischer-Lescano, Deutschengrundrechte: Ein Anachronismus, in: Jochen von Bernstorff, Isabel Feichtner und Philipp Dann (Hg.), (Post-)Koloniale Rechtswissenschaft, 2020, i.E.
- Mittwoch, 6.11., 18 Uhr c.t.: Gastvortrag „Legal Activism around IP and biotech seeds“ von Prof. Dr. Shalini Randeria, Wien
Vertiefungslektüre: Helge Dedek/Klaus Günther/Alexandra Kemmerer/Shalini Randeria, »Recht, Kultur und Gesellschaft im Prozeß der Globalisierung« revisited. Ein Gespräch über die Internationalisierung der Rechtswissenschaft. Mit einer Einleitung von Thomas Duve, in: Duve/Ruppert (Hg.), Rechtswissenschaft in der Berliner Republik, Berlin 2018, S. 726 ff. - Dienstag, 12.11., 16 Uhr c.t.: Koloniales Privatrecht
Lektüre: Jakob Zollmann, Bausteine einer kolonialen Geschichte des deutschen Privatrechts, in: Rechtskultur 5 (2016), S. 14 ff.
Vertiefungslektüre: Brenna Bhandar, Colonial Lives of Property. Law, Land, and Racial Regimes of Ownership, Durham 2018 (Auszug).
- Dienstag, 19.11., 16 Uhr c.t.: Koloniales Völkerrecht
Lektüre: Matthias Goldmann, „Ich bin Ihr Freund und Kapitain“. Die Entschädigungsfrage im Spiegel unterschiedlicher Völkerrechtskonzepte im kolonialen Namibia und Deutschland, in: Jochen von Bernstorff, Isabel Feichtner und Philipp Dann (Hg.), (Post-)Koloniale Rechtswissenschaft, 2020, i.E.
Vertiefungslektüre: Antony Anghie, Imperialism, Sovereignty and the Making of International Law, Cambridge 2012, S. 196-244.
- Dienstag, 10.12., 16 Uhr c.t.: Koloniales Umweltrecht
Lektüre: Sigrid Boysen, (Post-)Koloniales Umweltrecht, in: Jochen von Bernstorff, Isabel Feichtner und Philipp Dann (Hg.), (Post-)Koloniale Rechtswissenschaft, 2020, i.E.
Vertiefungslektüre: William Adams, Nature and the Colonial Mind, in: ders. u.a. (Hg.), Decolonizing Nature. Strategies for Conservation in a Post-colonial Era, London 2003, S. 16 ff.
- Dienstag, 7.1., 16 Uhr c.t.: Kolonialer Rechtspluralismus
Lektüre: Ulrike Schaper, Koloniale Verhandlungen. Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Herrschaft in Kamerun 1884-1916, Frankfurt am Main 2012, S. 303-360.
Vertiefungslektüre: Boaventura de Sousa Santos, The Heterogeneous State and Legal Pluralism in Mozambique, in: Law & Society Review 40 (2006), S. 39 ff.
- Montag, 13.1., (Blocktag: 10.15 Uhr bis 17 Uhr): Dimensionen kolonialen Rechts
- Sozialwissenschaften und Kolonialismus (Lektüre: Hannah Franzki, Joshua Kwesi Aikins, Postkoloniale Studien und kritische Sozialwissenschaft, Prokla 2010, S. 9 ff.).
- Gender und Kolonialismus (Lektüre: Lann Hornscheidt, Postkoloniale Gender-Forschung: Ansätze feministischer postkolonialer Studien, in: Julia Reuter u.a. (Hg.) Schlüsselwerke der Postcolonial Studies, Heidelberg 2012, S. 215 ff.).
- Rassismus und Kolonialismus (Lektüre: Cengiz Barskanmaz, Das Kopftuch als das Andere. Eine notwendige postkoloniale Kritik des deutschen Rechtsdiskurses, in: Berghahn u.a. (Hg.), Der Stoff, aus dem Konflikte sind, Bielefeld 2009, S. 361 ff.
- Imperiale Lebensweise und Kolonialismus (Lektüre: Miriam Saage-Maaß/Carolijn Terwindt, Imperiale Lebensweise, in: Buckel u.a. (Hg.), Neue Theorien des Rechts, Tübingen 2020, i.E.).
- Dienstag, 21.1., 16 Uhr c.t.: Koloniales Weltwirtschaftsrecht
Lektüre: Sundhya Pahuja, Corporations, Universalism and the Domestication of Race in International Law, in: Duncan Bell (Hg.), Empire, Race and Global Justice, Cambridge University Press 2019, S. 74 ff.
Vertiefungslektüre: Quinn Slobodian, Globalisten: Das Ende der Imperien und die Geburt des Neoliberalismus, Berlin 2019 i.E. (Auszug).
Organisation: Einen Grundlagen- oder einen Seminarschein kann erwerben, wer nach Absprache neben einem kurzen Einführungsreferat (nicht länger als 10 Minuten) eine schriftliche Arbeit zu einem der Texte oder einer übergreifenden, seminarbezogenen Fragestellung anfertigt. Die Arbeit sollte ca. 15-20 Seiten haben und mit einem wissenschaftlichen Fußnotenapparat sowie einer Bibliographie versehen sein. Im Seminar können neben dem Grundlagen- und Seminarschein auch andere Leistungsnachweise erworben werden, § 31 II Nr. 1 bis 5 PO.
Vorbesprechung: Eine Teilnahme an der Vorbesprechung (15.10., 16:00 Uhr (c.t.), in Raum GW1 C2320 - ZERP-Raum) ist für die Teilnahme am Seminar unabdingbar.