Projektdetails

Ansätze zur gerechten Gesundheitsversorgung hochgewichtiger Menschen: Ein Modell für die Integration von Ethik, Empirie und Health Policy

Laufzeit: Seit 01.10.2023
Forschungsteam:

Imogen Sophia Weidinger, M.Sc. (Projektleitung);

 
Projekttyp: Promotionsprojekt

Beschreibung

Diese Dissertation zielt darauf ab, ein Modell zur Integration von Ethik, Empirie und Health Policy für eine gerechtere Gesundheitsversorgung hochgewichtiger Menschen in Deutschland zu entwickeln. Bisherige Modelle integrieren Ethik zu wenig und fokussieren sich auf eine Kombination aus Ernährungs-, Sport- und Verhaltenstherapie. Adipositas wird dabei weitläufig immer noch als lebensstilbedingte Erkrankung betrachtet, für deren Prävention Individuen verantwortlich sind. Aus ethischer Sicht werfen jedoch die multifaktoriellen Ursachen (wie etwa Ernährungskultur, Bildung, sozioökonomische Stellung oder Wohnort) des hohen Körpergewichts die Fragen auf, ob es gerechtfertigt sein kann, ausschließlich Individuen verantwortlich zu machen und, ob vorherrschende Maßnahmen Ungerechtigkeiten, Stigmatisierung und Diskriminierung eher verschärfen, anstatt gesundheitliche Chancengleichheit zu schaffen.

Gerade diese Bandbreite der Ursachen des hohen Körpergewichts weist auf ein komplexes System hin, indem diese Einflussfaktoren sich gegenseitig bedingen. Einzelne Interventionen können diesen Problemkontext nicht alleine lösen. Vielmehr benötigt es eine Entwicklung von Instrumenten, die ein weites Methodenspektrum abdecken und komplexe Systemansätze miteinbeziehen, um so wirksame politische Reaktionen zu unterstützen, die schlussendlich zu einer gerechteren Gesundheitsversorgung führen können.

Das Thema des hohen Körpergewichts eignet sich für die Entwicklung eines integrativen Modells durch die Komplexität der Entstehungsgründe sowie seine hohe soziale und gesundheitliche Relevanz. Denn hohes Körpergewicht hat Berührungspunkte mit nahezu allen medizinischen Fachgebieten sowie Versorgungs- und Präventionsstrukturen und kann damit als ein Public Health-Paradigma gelten.

Für die Entwicklung eines Modells wird erstens in einem Systematic Review analysiert, welche ethischen Ansätze im Hinblick auf die gesundheitliche Chancengleichheit für Menschen mit Adipositas aktuell diskutiert werden. Dadurch soll untersucht werden, welche Rolle das ethische Konzept Gesundheitsgerechtigkeit im Kontext der Gesundheitsversorgung hochgewichtiger Menschen bereits spielt. Interviews mit Expertinnen sollen zweitens Erkenntnisse liefern, welche Theorien der Gesundheitsgerechtigkeit in der Praxis bekannt sind bzw. welche Hürden sich im Theorie-Praxis-Transfer stellen. Die Rekrutierung der Expertinnen soll möglichst gleichmäßig aus verschiedenen medizinischen und gesundheitsversorgenden Bereichen stattfinden. Die Ergebnisse werden in einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz untersucht und aufbereitet. Hieran schließt sich eine systematische Analyse internationaler Policies zur Vermeidung und Reduzierung hohen Körpergewichtes. Sie soll helfen zu verstehen, welche Rolle Theorien der Gesundheitsgerechtigkeit in diesem Kontext bereits spielen. Darüber hinaus sollen bestehende Policies ethisch verglichen und bewertet werden.

Durch den Zusammenschluss dieser Untersuchungen und Methoden soll am Beispiel des hohen Körpergewichts ein normativ-fundiertes Modell erarbeitet werden, das die Komplexität des Themas integriert und zukünftig genutzt werden kann, um Policies zu entwickeln und zu bewerten.




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