Archiv 2015/16: "Wer spricht im Wissenschaftssystem? - Zu Fragen der Objektivität und Repräsentation an Hochschulen"

Diversity @ Uni Bremen: exzellent und chancengerecht?!

Die Farbe des Wissens. Rassistische Exklusion und Weißsein in universitären Strukturen

20.01.2016

Die Frage, inwieweit das deutsche Hochschulsystem durch institutionelle Diskriminierungen und strukturelle Exklusion geprägt ist, taucht bisher nur sehr marginal in gesellschaftlichen wie wissenschaftspolitischen Diskussionen auf. Dies ist umso merkwürdiger, als dass seit dem PISA-Schock Fragen der Chancengleichheit in der bundesrepublikanischen Bildungspolitik im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen. Universitäten sind nicht nur bedeutsam, weil sie über die Vergabe öffentlich finanzierter Arbeits- und (Aus-)Bildungsplätze den Zugang zu hochqualifizierten Arbeitsmärkten in der Wissensgesellschaft regeln, sondern auch gesellschaftlich anerkanntes Wissen produzieren. Über ihre bloße Funktion als wissenschaftliche Arbeits- und Lernorte hinaus, stellen sie daher eminent politische Räume dar, in denen gesellschaftlich relevantes Wissen hergestellt, verhandelt und legitimiert wird.

Zur Person:

Kien Nghi Ha, promovierter Kultur- und Politikwissenschaftler, ist Fellow des Instituts für postkoloniale und transkulturelle Studien der Universität Bremen. Er hat an der New York University sowie an den Universitäten in Heidelberg, Tübingen und Bayreuth zu postkolonialer Kritik, Migration und Asian Diasporic Studies geforscht und gelehrt. Gesellschaftlich engagiert er sich u.a. als Vorstandmitglied von korientation – Netzwerk für deutsch-asiatische Perspektiven und Ko-Sprecher des Verbands für interkulturelle Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity.

Rassismuskritische Bildung in der Migrationsgesellschaft

04.02.2016

Weil Migration nicht nur eine Tatsache ist, sondern zugleich diskursiv besetzt und eingesetzt wird, steht der  Begriff der Migrationsgesellschaft zumindest im deutschsprachigen Raum noch nicht für etwas Allgemeines, das alle angeht und mit dem alle gemeint sind. Mit dem Signalwort „Migration“ bietet die Bezeichnung “Migrationsgesellschaft“ immer noch die Gelegenheit, nicht über sich selbst, sondern über andere zu sprechen.
Durch Migrationen werden die nationalen Ordnungen der Zugehörigkeit in Bewegung gebracht. Die Abwehr dagegen ist gesellschaftlich ausgeprägt, der Wunsch an einem abstammungsorientierten homogenen Konzept von gemeinschaftsbildender Nationalstaatlichkeit festzuhalten, hat sich zumindest in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern nicht erledigt.
Bis heute fällt es besonders schwer anzuerkennen, dass es Rassismus in der deutschen Gesellschaft alltäglich gibt, wenn auch nicht als programmatischen Staatsrassismus, sondern in Form normalisierter institutioneller Routinen, die gesellschaftliche Zugehörigkeiten nach Abstammungskriterien, Aussehen, Sprache und kultureller Zuschreibung ordnen.  Das Konzept einer rassismuskritischen Bildung zielt auf eine selbstkritische Reflexivität. Dabei wird der Rassismusbegriff als ein analytischer Begriff für die Untersuchung abstammungs- und herkunftsthematisierender Ungleichwertigkeitsvorstellungen in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten verstanden. Es handelt sich hier nicht um individuelle Vorurteile, sondern um eine Denkweise und Praxis, die systematisch Zugehörigkeitsordnungen strukturiert und die Art und Weise steuert, wie Nichtzugehörigkeiten in der Migrationsgesellschaft wahrgenommen und angeordnet werden.
Der Vortrag stellt Perspektiven der Rassismuskritik vor und diskutiert deren Bedeutung und Wirkung für Forschung und Bildungspraxis.

Zur Person:

Astrid Messerschmidt, Dr. phil. habil. ist Erziehungswissenschaftlerin und Erwachsenenbildnerin, und arbeitet derzeit als Gastprofessorin für Gender und Diversity an der Technischen Universität Darmstadt. Sie hat eine Professur für Interkulturelle Pädagogik/Lebenslange Bildung an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe inne. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind: Migrationsgesellschaftliche Bildung, Diversität und Diskriminierung, Geschlechtertheorien; Antisemitismus und Rassismus in den Nachwirkungen des Nationalsozialismus.  

Das Video zum Vortrag finden Sie hier.

Equity as an approach to anti-racism

25.05.2016

Diversity and equity is not an ideological exercise; it is an economic and social imperative. Demographic shifts, immigration, religious and gender diversity, multiple generations in the workplace and other diversity dimensions require institutions of higher learning to respond in proactive ways that ensure equity, access, and safe learning environments. Diversity and equity efforts on college campuses are critical, just as an educated populace is critical to ensuring national economic prosperity.  However, the premise of educating all to be contributing members of society requires higher education to eliminate educational disparities among racial and ethnic groups. The implementation of equity programs as well as dedicated resources to remove racism in higher education systems are necessary steps in achieving this goal. Effective organizations should design and implement comprehensive diversity and equity strategies to ensure student success and improve campus climate.
This session explores the importance of effective approaches toward diversity in higher education and related aspects, as well as strategies for success. Topics to be covered include organizational readiness, leadership commitment, effective communication, training and development of campus members, recruitment of talent in all sectors of the organization, and the redirection of potential conflict toward positive organizational outcomes. The United States higher education model for achieving diversity, equity and dealing with racism in education will be explored in this discussion.

Zur Person:

Elizabeth F. Ortiz is Vice President of Institutional Diversity and Equity at DePaul University of Chicago. Prior to her work at DePaul she was the Director of Affirmative Action, Diversity and Employee Relations at Northern Illinois University. She has worked on diversity initiatives in several areas including recruitment, retention, training, programming, and climate issues for diverse students, faculty, and staff. Dr. Ortiz also has worked extensively in issues of higher education and in particular in raising awareness for Latino students, educators, community representatives and others who are committed to Latino representation and advancement in all aspects of higher education. She is a sought out consultant, lecturer, and workshop presenter on diversity issues and best practices.

Ein Video des Vortrags finden Sie hier.

Am Ende der Weiß-heit? Grundlagen der Kritischen Weißseinsforschung

22.06.2016

Leben Sie in einem vorwiegend weißen Viertel? Hatten Sie je eine intime Beziehung mit einer Weißen Person?
Weiße Menschen stellen sich meist diese Fragen nicht, denn aus ihrer Sicht ist Weißsein normal, gewöhnlich. Wenn Weiße Menschen von einer*einem Nachbar*in sprechen, wissen wir, dass diese*r Weiß ist – weil es unerwähnt bleibt. Weißsein hat keinen spezifischen Inhalt, es markiert eine Leerstelle und kann – wenn überhaupt – nur negativ über das definiert werden, was es nicht ist.
Der Vortrag führt in die Forschungsrichtung ein, die sich mit der Norm Weißsein befasst, erläutert ihre Bedeutung als Bestandteil antirassistischer Kritik. Ferner wird beschrieben, warum diese Forschung innerhalb der postkolonialen Kritik anzusiedeln ist.

Zur Person:

Dr. Eske Wollrad ist evangelische Theologin und Geschäftsführerin des Bundesverbands Evangelische Frauen in Deutschland e.V. Sie promovierte zu afrikanisch amerikanischer feministischer Theologie und arbeitet seit 24 Jahren gegen Rassismus. Zu ihren Schwerpunkten gehören die Critical Whiteness Studies, Weißsein und Postkolonialismus. 2005 erschien ihr Buch „Weißsein im Widerspruch. Feministische Perspektiven auf Rassismus, Kultur und Religion." Sie forscht derzeit zu Rassismus und Konstruktionen von Weißsein in Kinderbüchern.

Das Video zum Vortrag finden Sie hier.