Lernen aktivieren
Lernen ist ein aktiver Prozess, den Sie durch aktivierende Methoden unterstützen können.
Aktivierende Lehre
Spätestens seit dem Bologna Prozess soll die Lehre an Hochschulen über die reine Wissensvermittlung hinausgehen. Studierende sollen vielmehr aktiv in den Lernprozess einbezogen werden und Anregungen zum intensiven Mitdenken und Mitmachen erhalten. Lehrende nehmen dabei die Rolle als Lerncoach oder Lernbegleiter ein (vgl. Aichner et al., o.J.). Ziel dieses „shift from teaching to learning“ (ebd.) ist es, die Lehre studierendenzentriert zu gestalten und das selbstregulierte Lernen von Studierenden zu fördern.
Aktivierende Lehre verfolgt das Ziel, die bestehenden Wissensstrukturen der Studierenden zu erweitern, indem diesen Anregungspotential zum vertieften Nachdenken und zur aktiven mentalen Auseinandersetzung mit dem Lehr- und Lerngegenstand z.B. durch herausfordernde Aufgabenstellungen geboten werden. Studentische Aktivierung bezieht sich dabei stets auf die kognitive und nicht körperliche Aktivierung.
Merkmale des aktiven Lernens (nicht erschöpfend):
Anregung zum höherwertigen Denken
Fokussierung auf Entwicklung eigener Fähig- und Fertigkeiten
Beteiligung über das reine Zuhören hinaus
Ermutigung zur Erkundung eigner Konzepte, Einstellungen und Werte
Aktivierung durch Lesen, Schreiben, Diskutieren
(angelehnt an Winteler, 2011)
Die Aktivierung von Studierenden führt zwar nicht zwangsläufig zum Lernerfolg, aber in der Regel wird dieser dadurch begünstigt. Wie Sie Ihre Lehre aktivierend gestalten können, erfahren Sie in den Praxistipps.
Praxistipps
Aktivierende Methoden sollten immer zum Lehr-Lern-Format, zur Zielgruppe, zur Gruppengröße und zu den Lernzielen passen. Dabei sollten sie das Denken anregen, den Austausch und die Kreativität fördern und Abwechslung schaffen. Man muss jedoch nicht zwangsweise aktivierende Methoden einsetzen. Ein gutes didaktisches Konzept kann schon ausreichen, um das Lernen zu fördern.
Wie Sie aktivierende Methoden für die Gestaltung Ihrer Veranstaltung heranziehen können, wird im Informationsportal Hochschullehre in Methoden erschließen beschrieben.
Tipp: Setzen Sie doch auch einmal ausgewählte Funktionen von Stud.IP ein, um Studierende beim aktiven Lernen zu fördern. Lassen Sie Ihre Studierenden durch Tools wie das Forum oder Blubber während eines Referats oder Vortrags dort Notizen machen oder Fragen notieren. Dies begünstigt das aktive Zuhören und kann einer nachstehenden Diskussion von Nutzen sein. In großen Veranstaltungen kann der Einsatz von Audience Response Systemen (PINGO, ARSnova, Cliqr) das Mitdenken der Studierenden fördern.
Ulrich (2016) sieht als eine der einfachsten aktivierenden Methoden in Veranstaltungen das Stellen einer Frage. Folgende Hinweise können Ihnen beim Fragenstellen hilfreich sein:
Arten von Fragen
Insbesondere offene oder denkanregende Fragen sind dazu geeignet, um Denkprozesse bei Zuhörenden zu fördern. Offene (oder „öffnende“) Fragen beginnen oft mit W-Wörtern (wann, welche, wie…,z.B. „Wie lautet die Theorie von…?“) und es werden keine Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Sie eignen sich insbesondere zur Einführung in ein Thema oder zur Reflexion des Gelernten. Die Fragen können auf unterschiedlichen Niveaustufen gestellt werden und erfordern komplexe Antworten.
Weiterhin eignen sich für Lehrveranstaltungen Fragen, mit denen Faktenwissen überprüft wird. Hierfür können geschlossene Fragen gestellt werden, bei denen bestimmte Antwortmöglichkeiten vorgegeben werden. „Welche These stimmt? – A, B, oder C?“. Diese Fragen eignen sich für schnelle Abfrage, z.B. in Form eines Quiz, während der Veranstaltung (z.B. über Audience Response Systeme).
In dieser Tabelle finden Sie eine Liste an Fragen und Fragearten, die in Lehrveranstaltungen Verwendung finden können.
Fragen stellen leicht gemacht
Allgemein gilt, Fragen so klar, eindeutig, kurz und einfach wie möglich zu formulieren. Fragen sollten dem Lernniveau der Lernenden entsprechen und an deren Vorwissen anknüpfen. Außerdem sollte es Raum geben, damit Studierende selber Fragen stellen können.
Lassen Sie den Studierenden genügend Zeit zum Antworten
Auch wenn es Ihnen sehr lang vorkommen mag: Lassen Sie den Studierenden 5-10 Sekunden Zeit, um zu antworten. Es kann hilfreich sein, dabei auf die Uhr zu schauen, um nicht selber vorzugreifen.
Mündlich fragen – schriftlich antworten
Um auch stillere Studierende aktiv einzubeziehen, können Sie darum bitten, ihre Antworten stichwortartig aufzuschreiben oder die Frage mit ihrem Sitznachbarn zu diskutieren (Murmelgruppe). Dafür sollten Sie eine Minute einplanen. Anschließend können die Antworten im Plenum diskutiert werden.
Einige Lehr-Lern-Formate fördern inhärent das aktive und selbstgesteuerte Lernen. Dazu gehören fragend-entdeckende Lehr-Lern-Formate, wie z.B. das forschende Lernen und das problembasierte Lernen. Dabei arbeiten die Studierenden selbstständig an bestimmten Aufgabenstellungen und werden dabei von dem Dozenten oder der Dozentin intensiv unterstützt.
Aktives Lernen gestalten
Aktives Lernen kann durch aktivierende Methoden oder durch spezielle Lehr-Lern-Formate gefördert werden. Beim Übergang vom passiven zum aktiven Lernen gibt es einige Punkte zu beachten:
- Die Art der Aktivität sollte mit den Lernzielen übereinstimmen und gut überlegt und durchführbar sein.
- Kommunizieren Sie Ihre Erwartungen und Ziele klar und deutlich und erklären Sie den Studierenden, was Sie sich bei der Aufgabenstellung gedacht haben.
- Beziehen Sie die Studierenden am besten direkt in der ersten Sitzung aktiv mit ein, da diese anfangs auch ablehnend reagieren können und sich an das veränderte Lehrkonzept gewöhnen müssen.
- Geben Sie Ihren Studierenden konstruktives Feedback, denn ohne Rückmeldung nimmt die Bereitschaft am aktiven Lernen häufig schnell ab.
- Bauen Sie Variationen ein und verwenden Sie nicht immer dieselben Methoden.
- Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Ihre Bemühungen nicht sofort fruchten (siehe Studierende motivieren).
Infobox: Problem Soziales Faulenzen
Aktives Lernen zu realisieren ist nicht immer einfach und aktivierende Methoden sind nicht immer erfolgreich. Es kommt immer wieder vor, dass sich nur wenige Studierende aktiv an einer Diskussion beteiligen, während die anderen kaum etwas sagen. Oder ein Teil der Gruppe macht den Hauptteil der Arbeit, während die anderen passiv daneben sitzen (auch „soziales Faulenzen“ genannt). Gerade das soziale Faulenzen kann zur Folge haben, dass auch die aktiven Studierenden frustriert sind (vgl. Ulrich. 2016).
Sie können aber auf ein paar Punkte achten, um Inaktivität und sozialem Faulenzen entgegenzuwirken (ebd.):
- Achten Sie darauf, dass möglichst alle Studierenden aktiv werden (z.B. durch personell zugeordnete Teilaufgaben bei Gruppenarbeiten).
- Machen Sie deutlich, dass prinzipiell alle Studierenden drankommen könnten (z.B. bei Diskussionen auch Studierende drannehmen, die sich nicht melden).
- Unterstützen Sie ein kooperatives Lernen der Studierenden (nicht gegeneinander, nicht jeder für sich).
Quellen, Downloads und Autorinnen
Quellen
Aichner, R., Fleischmann, A., Gluth, C., Popp, D., & Strasser, A. (o. J.). Grundprinzipien und Erfolgsfaktoren guter Lehre. (ProLehre, Hrsg.). Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.prolehre.tum.de/fileadmin/w00btq/www/Angebote_Broschueren_Handreichungen/prolehre_erfolgsfaktoren.pdf
Aktivieren und Motivieren. (o. J.). Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://dbs-lin.ruhr-uni-bochum.de/lehreladen/lehrformate-methoden/aktivieren-und-motivieren/
Ulrich, I. (2016). Gute Lehre in der Hochschule: Praxistipps zur Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Wiesbaden: Springer.
Winteler, A. (2011). Professionell lehren und lernen: Ein Praxisbuch. Darmstadt: WBG.
Downloads
Autorinnen
Maren Praß, Annette Weber