Lernergebnisse formulieren
Lernergebnisse geben Lehrenden und Studierenden Orientierung und schaffen Transparenz über das Ziel der Veranstaltung. Sie beschreiben immer das Ergebnis eines Lernprozesses.
Lernergebnisse
Lernergebnisse (engl. Learning Outcomes) sind das, was Lernende wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, nachdem der Lernprozess erfolgreich abgeschlossen ist.
Sie werden stets zweidimensional formuliert (HRK - Nexus, 2013):
- Dimension: Die Definition des erworbenen Wissens.
- Dimension: Beschreibung der Tätigkeit, die den Umgang mit dem Wissen kennzeichnet.
Beispiel: Formulierung eines Lernergebnisses
Die Studierenden kennen die wesentlichen Theorien der xy-Wissenschaft (1. Dimension) und können diese differenziert beschreiben (2. Dimension).
Lernergebnisse beziehen sich immer auf die erworbenen Kompetenzen der Lernenden am Ende eines Lernprozesses und sind aktiv formuliert.
In diesem Video können Sie Anregungen zum Formulieren Ihrer Lernergebnisse finden:
Taxonomien von Lernergebnissen
Zur Unterstützung bei der Formulierung von Lernergebnissen wird häufig auf sogenannte Taxonomien zurückgegriffen, aus denen sich Lernergebnis-Kategorien mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden (Niveaus) ableiten lassen. Diese beinhalten zumeist auch Verbtabellen (bestehend aus aktiven Verben), die ebenfalls zur Formulierung von Lernergebnissen herangezogen werden können. Für die Formulierung von Lernergebnisse in der Hochschule wird meist die Taxonomie der kognitiven Domäne verwendet. Es können insgesamt drei Domänen unterschiedlicher Kompetenzgebiete definiert werden. Jede der drei Kompetenz-Domänen verfügt über unterschiedliche Verbtabellen, die für die Formulierung von Lernergebnisse genutzt werden können (HRK - Nexus, 2013; Kennedy, Hyland & Ryan, 2006):
Kognitive Domäne: Diese Taxonomie nach Bloom (1956) wird am häufigsten im Zusammenhang mit der Beschreibung von Lernergebnissen auf Hochschulniveau genannt. Hier finden Sie eine Tabelle, die Ihnen bei der Formulierung von kognitiven Lernergebnissen helfen kann.
Affektive Domäne: In dieser Domäne geht es um Gefühle, Einstellungen und Werte (Bloom, 1956; HRK- Nexus, 2013; Krathwohl, 2002). Hier finden Sie eine Tabelle, die Ihnen beim Formulieren von affektiven Lernergebnissen helfen kann.
Psychomotorische Domäne: Diese Domäne dient vorrangig zur Beschreibung von Lernergebnissen in medizinischen, künstlerischen und musikalischen Studienfächern, aber auch in den Ingenieurswissenschaften (z.B. für Labortätigkeiten), Sportwissenschaften und im Schauspiel (Bergstermann et al., 2013; Dave, 1970; Kennedy et al., 2006). Hier finden Sie eine Tabelle, die Ihnen beim Formulieren von psychomotorischen Lernergebnissen helfen kann.
Lernziele und Lernergebnisse
Häufig wird der Begriff Lernergebnis synonym mit dem Begriff Lernziel verwendet, sie beschreiben jedoch unterschiedliche Ebenen des Lehr-Lernprozesses. Lernziele sind die möglichst exakte Beschreibung der angestrebten Lernergebnisse und sind aus der Perspektive der Lehrabsicht formuliert. Lernergebnisse sind aus Perspektive der Studierenden formuliert und beschreiben, was diese nach Abschluss einer Lerneinheit (z.B. einem Modul) wissen, verstehen und zu tun in der Lage sind (Baldauf-Bergmann, Mischun & Müller, 2013; Gundermann, 2016). Die folgende Tabelle verdeutlicht den Unterschied:
Gegenüberstellung von Lernergebnissen und Lernzielen
Lernergebnis | Lernziel |
Die Studierenden kennen die wesentlichen Theorien der xy-Wissenschaft und können diese differenziert beschreiben. | Die Studierenden sollen die wesentlichen Theorien der xy-Wissenschaftkennen und lernendiese differenziert zu beschreiben. |
Die Lernenden können aus einem bekannten Fundus an Methoden beschreibender Statistik die bessere auswählen, um ein vorliegendes Problem zu lösen. | Die Lernenden sollen über einen Fundus bekannter Methoden beschreibender Statistik verfügen und lernen auf dessen Grundlage die für eine Problemlösung richtige auszuwählen. |
Die Lernergebnisse einer Veranstaltung stehen im engen Zusammenhang mit den Zielen, den Inhalten und dem Lehr-Lern-Format und sollen am Ende mit einer geeigneten Prüfungsmethode überprüft werden (Bergstermann et al., 2013; Kennedy et al., 2006, siehe dazu auch Constructive Alignment).
Das Lernergebnis kann nur dann sinnvoll überprüft werden, wenn die Inhalte und das Lehr-Lern-Format das Erreichen des Ergebnisses ermöglichen. Umgekehrt müssen die Lernergebnisse so formuliert sein, dass sie auch überprüf- und messbar (siehe Lehr-Lern-Formate auswählen und Prüfungsformen bestimmen) und in der vorgegebenen Zeit zu erreichen sind (ebd.).
Praxistipps
Von Lehr-/Lernzielen zu Lernergebnissen
Viele Lehrende haben eine genaue Vorstellung davon, was sie vermitteln wollen, welche Inhalte auf jeden Fall behandelt werden- und was die Studierenden am Ende einer Lehrveranstaltung/eines Moduls wissen sollen. Die Beschreibung der Lehr- und Lernziele orientiert sich - wie schon erwähnt - meist an der Lehrendenperspektive.
Bei der Formulierung von Lernergebnissen soll dagegen die Studierendenperspektive eingenommen werden. Neben den inhaltlichen Aspekten, den Fakten und dem Fachwissen, soll auch ein „Grund“ bzw. eine Tätigkeit geliefert werden, wozu dieses Wissen notwendig ist.
Vom Grobziel über die Feinziele zu den Lernergebnissen
Eine geeignete Herangehensweise ist zunächst die Hierarchisierung der Ziele, die Sie mit Ihrer Veranstaltung/Ihrem Modul verfolgen. Was ist das Grob- oder Oberziel? Im Anschluss daran bietet es sich an, dieses Grobziel in kleinere, detaillierte und messbare Feinziele zu unterteilen. Das Erreichen dieser Feinziele stellt dann das Wissen, das Verständnis und die Kompetenz, kurz, das Lernergebnis, für die Studierenden dar (Ulrich, 2016).
Beispiel für die Entwicklung von Lernergebnissen
Für die strukturierte Erarbeitung der Lernergebnisse können Sie die Tabelle Entwicklung von Lernergebnissen nutzen. Beim Ausfüllen können Sie sich an diesem Beispiel orientieren. Die Tabelle steht Ihnen hier als Vorlage zum Download bereit.
Grobziel | Feinziel | Lernergebnisse |
Vermittlung von Grundlagen in der Statistik | Die Studierenden sind in der Lage Grundbegriffe der Statistik aufzuzählen und zu definieren. | Die Studierenden sind in der Lage Grundbegriffe der Statistik aufzuzählen und zu definieren. |
Die unterschiedlichen Darstellungsarten hinsichtlich statistischer Auswertungen sind bekannt. | Die Studierenden können unterschiedliche Darstellungsarten statistischer Auswertungen unterscheiden und beschreiben. |
Formulierung von Lernergebnissen
Überprüfen Sie die Formulierung der Lernergebnisse!
Die von Ihnen erarbeiteten Feinziele und Lernergebnisse sollten immer spezifisch formuliert werden und messbar bzw. überprüfbar sein. Zur Überprüfung der Lernergebnisse empfiehlt es sich, eine bekannte Methode aus dem Projektmanagement anzuwenden, die SMART-Methode. Die einzelnen Buchstaben stehen für Spezifisch, Messbar, Angemessen, Relevant und Terminiert (Ulrich, 2016).
SMART
Spezifisch | Sind Inhalt, Thema und Umgang damit klares und eingegrenzt? |
Messbar | Ist das Ergebnis konkret, erfahrbar und überprüfbar? |
Angemessen | Entspricht der Schwierigkeitsgrad dem Charakter der Veranstaltung (B.A./M.A.)? Entspricht das Niveau der Zielgruppe/den Fähigkeiten der Studierenden? |
Relevant | Ist das Ergebnis für das Studienfach, das Modul, die Lehrveranstaltung, die Praxis relevant? |
Terminiert | Ist das Lernergebnis in der vorgegebenen Zeit bis zur Prüfung erreichbar? |
Formulierung von Lernergebnissen - ganz konkret
Die folgende Liste fasst noch einmal hilfreiche Tipps zur Formulierung von Lernergebnissen zusammen (HRK - Nexus, 2013):
- Verwenden Sie ein Verb pro Lernergebnis.
- Formulieren Sie pro Lernergebnis einen präzisen Satz.
- Benutzen Sie in Ihren Formulierungen keine vagen Begriffe (z.B. „angemessen“ oder „hinreichend“). Aus der Beschreibung sollte deutlich werden, was genau Lernende nach erfolgreichem Abschluss des Lernprozesses können.
- Bedenken Sie, dass jedes Lernergebnis in einem vorgegebenen Zeitrahmen erreichbar sein muss (z.B. im Rahmen eines Moduls/einer Lehrveranstaltung).
- Um zu überprüfen, ob und mit welcher Qualität Lernende die angestrebten Lernergebnisse erreicht haben, müssen diese beurteilbar, d.h. prüfbar sein. Entsprechend sollte neben den Inhalten, die Wahl der Prüfungsformate auf die angestrebten Lernergebnisse abgestimmt sein. Zudem kann sich das ausgewählte Lehr-Lern-Format je nach anstrebten Lernergebnissen positiv auf deren Erreichbarkeit wirken. (siehe hierzu Lehr-Lern-Formate auswählen und Prüfungsformen bestimmen)
- Lernergebnisse sollten möglichst auf verschiedenen Niveau-Stufen der Lernergebnis-Kategorien angesiedelt sein.
- Es sollten nicht zu viele Lernergebnisse pro Modulangestrebt und formuliert werden. Pro Modul/Lehrveranstaltung werden vier bis sechs Lernergebnisse empfohlen.
Sie können Sich diese Liste auch hier zusammen mit der SMART-Methode als PDF-Dokument herunterladen.
Quellen, Downloads und Autorinnen
Quellen
Anderson, L. W. & Krathwohl, D. R. (Hrsg.). (2001). A taxonomy for learning, teaching, and assessing: a revision of Bloom’s taxonomy of educational objectives (Complete ed). New York: Longman.
Baldauf-Bergmann, K., Mischun, K. & Müller, M. (2013). Leitfaden zur Formulierung und Nutzung von Lernergebnissen. Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.faszination-lehre.de/file/data/Handreichungen/Leitfaeden/130410_leitfaden__lernergebnisse_final.pdf
Bloom, B. S. (Hrsg.). (1956). Taxonomy of educational objectives: The classification of educational goals. Handbook I: Cognitive domain (5. Aufl., (17.-21. Tsd.)). New York, Toronto: Longmans Green.
Common Sense Education. (2015). Blooms (Digital) Taxonomy. Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.youtube.com/watch?v=0LZhid-STbo
Dave, R. H. (1970). Developing and Writing Behavioral Objectives. (R. J. Armstrong, Hrsg.). Tucson, Arizona: Educational Innovators Press.
Gundermann, A. (2016). Lernziele und Lernergebnisse. Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.die-bonn.de/wb/2016-lernziel-01.pdf
HRK - Nexus (Hrsg.). (2013). Nexus - Impulse für die Praxis Nr.2/2013 - Lernergebnisse praktisch formulieren. Abgerufen am 29. Juli 2020 von http://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/nexus-Impuls-2-Lernergebnisse.pdf
Kennedy, D., Hyland, A., & Ryan, N. (2006). Writing and using learning outcomes: a practical guide. University College Cork.
Krathwohl, D. R. (2002). A Revision of Bloom’s Taxonomy: An Overview. Theory Into Practice, 41(4), 212–218.
Ulrich, I. (2016). Gute Lehre in der Hochschule: Praxistipps zur Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Wiesbaden: Springer.