(Online-) Gruppen moderieren

(Online-) Gruppenprozesse lassen sich durch eine gekonnte (E-) Moderation sinnvoll steuern. Dabei sind neben der Vorbereitung der Inhalte auch die Organisation der Arbeitsabläufe und die Motivation der Studierenden wichtige Aspekte.

Moderation in der Präsenzveranstaltung

Gruppenarbeit ist ein wichtiger Bestandteil des studentischen Lernens. Damit diese zum gewünschten Lernergebnis führt, muss diese moderiert werden, d.h. Gruppenprozesse müssen gesteuert und strukturiert werden (Seifert 2012).

In den Vordergrund rückt die Interaktion zwischen Ihnen und den Studierenden, bei der Sie die Rolle als neutrale*r Moderator*in übernehmen. Es entstehen gegenseitige Beeinflussungen und eine Gruppendynamik. Um das gewünschte Lernergebnis zu erzielen, ist es wichtig, dass Sie auf Gruppenprozesse mit entsprechenden Methoden (z.B. bestimmte Fragetechniken (siehe PDF-Dokument Fragen und Fragearten)) reagieren können. Beachten Sie dabei, dass Sie als Leiter*in der Gruppenarbeiten auch Teil dieser Gruppendynamiken sind (Seifert 2012).

Als Moderator*in sollten Sie sich mit Ihrer eignene Meinung möglichst zurückhalten, um den Gruppenmitgliedern einen möglichst großen Freiraum bei der Ausarbeitung oder der Diskussion zu lassen. Häufig lässt es sich aber nicht vermeiden, dass Lehrende eine Doppelrolle einnehmen, in der er/sie sowohl Moderator*in als auch Teilnehmer*in einer Diskussion ist. Hierbei ist wichtig, die Rollen transparent zu machen und zu kommunizieren, in welcher Rolle man sich gerade befindet (Seifert 2012).

Infobox:

Ein Gruppenprozess ist eine soziale Arbeitsform. Studierenden setzen sich nicht nur mit den Lehrinhalten auseinander, sondern auch miteinander. Die Verwendung von geeigneten Methoden kann bezwecken, dass sich alle Teilnehmenden am Gruppenprozess beteiligen und kooperatives Lernen gefördert wird.

Ablauf einer Gruppenarbeit

Der Ablauf einer Gruppenarbeit kann in drei Phasen dargestellt werden: Orientierungsphase, Leistungsphase und Abschlussphase. Im Folgenden können Sie sehen, welche Anforderungen die jeweilige Phase an Sie als Lehrenden stellt. Zudem erhalten Sie Informationen darüber, wie Sie sich Ihren Studierenden gegenüber in der Rolle als Moderator*in in der jeweiligen Phase angemessen verhalten können (Beziehungsgestaltung).

Wegweiser

Orientierungsphase

Anforderungen für Lehrende

  • In das Thema einführen
  • Arbeitsauftrag klar und deutlich erläutern
  • Bearbeitungszeit bekannt geben
  • Lernziele formulieren

Beziehungsgestaltung

  • Vertrauen aufbauen
  • Regeln und Rollen festlegen
  • Neutrale Position einnehmen
  • Gruppenprozess aktiv steuern und lenken
Leuchtende Glühbirne

Leistungsphase

Anforderungen für Lehrende

  • Thema konzentriert und zügig erarbeiten
  • Lernziele berücksichtigen
  • Lernergebnisse überprüfen
  • Für (Nach-) Fragen zur Verfügung stehen

Beziehungsgestaltung

  • Teilnehmende unterstützen und wertschätzen
  • Konflikte und Störungen angemessen steuern

 

 

Fernglas

Abschlussphase

Anforderungen für Lehrende

  • Arbeitsergebnisse zusammenfassen und bewerten
  • Vorsätze für zukünftige Gruppenarbeiten erarbeiten

Beziehungsgestaltung

  • Zusammen mit Gruppe reflektieren
  • Alle Teilnehmenden angemessene verabschieden

 

Eine Übersicht von Tipps für die Moderation und Steuerung von Gruppenarbeiten/-prozessen finden Sie in den Praxistipps.

Spezialfall: Online-Moderation

Eine besondere Rolle nimmt mittlerweile die Online-Moderation (oder E-Moderation) ein. Hier geht es darum, die multimedialen Kommunikations- und Interaktionsprozesse in virtuellen Lehr-Lern-Räumen zu lenken, zu strukturieren und zu unterstützen (Bett und Gaiser 2010). Dies ist ein wichtiger Aspekt, da E-Learning-Maßnahmen häufig nur durch eine begleitende Betreuung -  durch Sie als Lehrperson - erfolgreich sind.

Im Folgenden werden die Besonderheiten der Kommunikation und der Anforderungen an Lehrende bei der Moderation von Online-Szenarien aufgeführt. Der Fokus in diesem Abschnitt liegt auf textbasierten Online-Formaten und dem Lernen und Arbeiten in Gruppen.

Kommunikation in Online-Szenarien

Die Kommunikation findet bei Online-Szenarien i.d.R. nicht face-to-face statt, wodurch wichtige nonverbale und paraverbale Hinweisreize fehlen. Abhängig vom didaktischen Ziel können verschiedene Kommunikationsformen gewählt werden, wobei zwischen synchroner und asynchroner Kommunikation unterschieden werden kann (Bett und Gaiser 2010):

Synchrone Kommunikation

Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Nutzern in Echtzeit, egal ob am gleichen Ort oder räumlich verteit.

  • Beispiel: Chatprogramme

  • Eignen sich für die Vermittlung informeller Inhalte.
  • Fördern die Gruppenzusammengehörigkeit.
  • Bei einer formellen Vermittlung von Inhalten bedarf es der E-Moderation.

Asynchrone Kommunikation

Zeitlich versetzt stattfindende Kommunikation zwischen zwei oder mehreren i.d.R. räumlich verteilt.

  • Beispiele: Foren, Blogs, Wiki, Stud.IPad

  • Beiträge können in Ruhe gelesen, beantwortet und diskutiert werden.

  • Gefahr: Threads (parallel stattfindende Diskussionsstränge)

  • Aufgabe des Moderierenden: Strukturieren und Filtern

Worauf Sie bei der Kommunikation in Ihrer Online-Moderation noch achten können, erfahren Sie in den Praxistipps.

Rollen der Lehrenden bei der Online-Moderation

Wichtiger noch als bei Präsenzveranstaltungen ist bei Online-Formaten der Wandel der Lernprozesse hin zum selbstorganisierten Lernen. Die Rollen der Lehrenden und Lernenden werden neu definiert. Die Lehrenden werden zu Lernbegleitern (siehe Eigene Rolle reflektieren), während für die Lernenden das selbstgesteuerte Lernen von zunehmender Bedeutung ist. Die Förderung des selbstorganisierten Lernens ist daher eine wichtige Kompetenz bei der Online-Moderation (siehe Selbstlernphasen unterstützen).

Im Folgenden finden Sie vier verschiedene Rollen, die Sie im Rahmen der Online-Moderation annehmen sollten (Bett und Gaiser 2010):

Organisatorisch-administrative Rolle

Sie gestalten die Arbeitsabläufe und legen die Ziele und den Zeitplan fest. Gruppenarbeiten werden von Ihnen strukuriert und organisiert. Bei technischen Problemen unterstützen Sie die Teilnehmenden. Ziel ist es, eine kognitive Überlastung der Teilnehmenden zu verhindern.

Motivational-emotionale Rolle

Sie schaffen eine freundliche und konstruktive Atmosphäre, indem Sie z.B. auf ein positives Diskussionsklima achten. Als Lehrperson können Sie somit eine gemeinsame Gruppenidentität fördern und zu einer aktiven Teilnahme motivieren.

Inhaltlich-strukturierende Rolle

Sie denken an eine sinnvolle Themenauswahl, strukturieren und fassen die Inhalte zusammen, formulieren Lernaufgaben, geben Feedback und nehmen Prüfungen ab. Bei Diskussionen ist zu beachten, dass Sie konsistent und von allen Teilnehmenden nachvollziehbar bleiben.

Didaktisch-vermittelnde Rolle

Diese Rolle umfasst die Gestaltung von netzbasierten Lehr-Lern-Szenarien: Sie passen die Kursmaterialien und -inhalte an die spezifischen Bedingungen des Online-Lernens an (z.B. Strukturierung durch Zusammenfassungen und Reflexionsfragen, Vertiefung durch Lernaufgaben, etc.).

Je nach Zielsetzung der Online-Veranstaltung können diese Rollen unterschiedlich gewichtet werden. Sollen die Studierenden die Inhalte beispielsweise selbstständig bearbeiten, liegt der Schwerpunkt Ihrer Rolle eher auf der organisatorisch-administrativen und motivational-emotionalen Ebene. Es ist nicht entscheidend, dass Sie jede Rolle gleichermaßen beherrschen. Jedoch ist es sinnvoll, wenn Sie sich die Funktionen der einzelnen Rollen bewusst machen.

Strukturierung und Planung einer Online-Moderation

Damit Online-Lernen und Online-Gruppenprozesse erfolgreich sind und zum Lernen animieren, ist es wichtig, Studierenden durch einen strukturierten Ablauf zu unterstützen.

Anhand eines fünfstufigen Modells (Salmon, o.J.) kann die Online-Moderation geplant werden. Kernelement des Modells ist es, ein Gerüst für die Veranstaltung zu bauen. Es empfiehlt sich, auf jeder Ebene zumindest einen Aspekt zu berücksichtigen und keinen der Schritte komplett auszulassen (ebd.).

Folgt man diesen Schritten, werden das Lernen, die Motivation, der Zugang zu Wissen und die Zusammenarbeit der Studierenden in Online-Szenarien gefördert.

Stufenmodell nach Gilly Salmon

Prozessverlauf der E-Moderation

Die Lernenden sollen einen leichten Zugang zur Lernplattform erfahren und motiviert werden, den Kurs zu besuchen und aktiv daran teilzunehmen.

Tipps:

  • Geben Sie Ihren Studierenden eine Einführung in das System der Lernplattform.
  • Benennen Sie eine Person als Ansprechpartner für technische Probleme.
  • Lassen Sie Ihrer Studierende wichitge Funktionen der Lernplattform selbst ausprobieren.
  • Gestatten Sie Ihren Studierenden beim Ausprobieren Fehler machen zu dürfen.
  • Machen das Ziel der Veranstaltung und die geplanten Inhalte transparent.

Die Studierenden sollen sich online kennen lernen und es soll die Basis für eine gute Zusammenarbeit geschaffen werden.

Tipps:

  • Initiieren Sie Kennenlernrunden mit einfachen Aufgaben, an denen jede*r teilnehmen kann.
  • Stellen Sie die Aufgabe, gegenseitig Beiträge zu kommentieren.
  • Entwickeln Sie zusammen mit Ihren Studierenden Regel für den gemeinsamen Umgang.

Die Lernenden sollen sich mit kursrelevanten Inhalten auseinandersetzen, sowie zusammen mit den anderen ein gemeinsames Verständnis für das Thema entwickeln.

Tipps:

  • Stellen Sie geeignete Lernmaterialien zur Verfügung.
  • Nutzen Sie die verschiedenen Werkzeuge der Lernplattform.
  • Wenden Sie verschiedene Aufgabentypen an, um das gemeinsame Online-Lernen zu fördern.
  • Helfen Sie Ihren Studierenden dabei, geeignete Strategien für den Umgang mit den zahlreichen Informationen zu entwickeln.
  • Schaffen Sie Ihren Studierenden mit klaren Arbeitsaufträgen und Abgabefriten eine Orientierung.

 

Die Studierenden sind soweit, dass sie intensiv miteinader diskutieren können.

Tipps:

  • Stellen Sie Aufgaben, die es ermöglichen, verschiedene Perspektiven auf einen Inhalt sichtbar zu machen, unterschiedlihe Standpunkt zu dikutieren und gemeinsam Ideen zu entwickeln.
  • Halten Sie sich auf dieser Stufe zurück, moderieren Sie aber weiterhin die fachliche Diskussion moderieren, strukturieren und begleiten Sie.
  • Nützliche Werkzeuge sind Concept- oder Mind-Mapping Tools zur Unterstützung des kooperierenden und kollaborativen Arbeitens oder das Stud.IPad für kollaboratives Schreiben.
  • Kurze Zusammenfassungen der Diskussionen können für die Strukturierung und die Orientierung hilfreich sein.

Die Studierenden übernehmen die Verantwortung für ihr eigenes Lernen und das der anderen Teilnehmenden in der Online-Gruppe. Zudem sind sie in der Lage, die fachliche Diskussion durch eigene Impulse weiter zu führen.

Tipps:

  • Geben Sie Ihren Studierenden Hinweise auf interessante Informationsquellen, die ihnen eine Weiterentwicklung ermöglichen.
  • Unterstützen Sie die Studierenden dabei, sich ihren eigenen Lernstil bewusst zu machen, diesen zu reflektieren und Strategien für die Zukunft daraus abzuleiten.

Praxistipps

Tipps für die Moderation und Steuerung von Gruppenarbeiten/-prozessen

Die Gruppenarbeit soll eröffnet und den Teilnehmenden eine Orientierung gegeben werden.

  • Treffen Sie klare Entscheidungen in Bezug auf Thema, Bearbeitungszeitraum, Lernziele, Regeln etc. und setzen Sie diese auch durch.
  • Formulieren Sie die Lernziele deutlich und sinnvoll. Legen Sie den Schwerpunkt auf die Gruppenarbeit.

Das Thema soll konzentriert und zügig bearbeitet werden. Problemlösungsstrategien sollen entworfen werden:

  • Arbeitsaufträge sollten klar und deutlich formuliert und im besten Fall visualisiert werden, sodass sie für alle Teilnehmenden klar sind.
  • Beziehen Sie alle Teilnehmenden mit ein. Verteilen Sie die Rollen und Funktionen innerhalb der Gruppe oder leiten Sie Ihre Studierenden dazu an dies selbst zu tun.
  • Aussagen/Meinungen/Ergebnisse sollten zunächst nicht bewertet werden.
  • Nehmen Sie eine neutrale Mittlerposition ein.
  • Lassen Sie Konflikte zu und versuchen Sie diese angemessen zu steuern.
  • Schätzen Sie alle Teilnehmenden für Ihre Stärken.
  • Stehen Sie den Teilnehmenden während Kleingruppenarbeiten beratend zur Seite und prüfen Sie zwischendurch den Arbeitsstand der Gruppe.

Die inhaltliche Arbeit ist abgeschlossen. Nun soll der Gruppenprozess reflektiert und besprochen-, und die Teilnehmenden angemessen verabschiedet werden:

  • Fassen Sie im Plenum alle Arbeitsergebnisse zusammen. Besprechen und bewerten Sie diese.
  • Reflektieren Sie den Prozess der Gruppenarbeit im Plenum.
  • Erarbeiten Sie Vorsätze für zukünftige Gruppenarbeiten.
  • Achten Sie auf eine angemessene Verabschiedung aller Teilnehmenden.

Diese Liste finden Sie hier auch als PDF-Download.

Tipps für die Kommunikation in Ihrer Online-Kommuikation

Durch die geringe soziale Präsenz fehlen wichtige non- und paraverbale Hinweise, die die Kommunikation unterstützen. Dadurch können Situationen entstehen, die das Lernen behindern, z.B. wenn Arbeitsaufträge trotz Aufforderung nicht bearbeitet werden. Für die Kommunikation in Online-Szenarien werden im Folgenden einige Regeln aufgelistet, die dabei helfen sollen, die Verständigung zu erleichtern (angelehnt an Bett und Gaiser 2010):

 

  • Emoticons verwenden: Diese dienen dazu, den Mangel an sozialer Präsenz auszugleichen und Kontextinformationen zu liefern (Mimik, Gestik, Tonfall).
  • „Ruhe bitte"-Signal festlegen: Solche Zeichen können eingesetzt werden, wenn Diskussionen unübersichtlich verlaufen. Dafür können beispielsweise drei Ausrufezeichen verwendet werden.
  • Klarnamen (keine Fantasienamen) nutzen und bei diesen bleiben: Dies gewährleistet eine klare Zuordnung der Teilnehmenden und erleichtert die Gruppenkoordination. Die Wahrnehmung und das gegenseitige Verständnis der Teilnehmenden werden so gefördert.
  • Multi-Threading vermeiden: Parallele Diskussionen zu mehreren Themen können die inhaltliche Kohärenz stören. Abhilfe kann die Zusammenfassung und Strukturierung von Nachrichten (durch die Lehrperson) schaffen.
  • Vorbereitung von Einträgen: Einträge können von den Studierenden im Vorfeld vorbereitet und dann kopiert werden. Dies bietet sich vor allem bei synchronen Kommunikationsformen an (z.B. bei Chats).
  • Referenzierungen verwenden: Um einen inhaltlichen Zusammenhang herzustellen, ist es hilfreich, Personen mit Namen anzusprechen oder sich auf einen bestimmten Eintrag zu beziehen, indem dieser kopiert bzw. zitiert wird.

Diese Liste finden Sie hier auch als PDF-Download.

Quellen, Downloads und Autorinnen

Quellen

Bett, K. & Gaiser, B. (2010). „E-Moderation“. e-teaching.org. Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/vorlesung/diskussion/e-moderation.pdf 

Lermen, M. (2006). „Moderation in Online-Veranstaltungen: Grundlagen und Handlungshinweise“. In eLearning-Didaktik, herausgegeben von Rolf Arnold und Markus Lermen, 149–72. Grundlagen der Berufs- und Erwachsenenbildung 48. Baltmannsweiler: Schneider.

Salmon, Gilly. (o. J). „Five Stage Model“. Abgerufen am 29. Juli 2020 von https://www.gillysalmon.com/five-stage-model.html

Seifert, J. W. (2012). Visualisieren Präsentieren Moderieren. Der Klassiker. Offenbach: GABAL Verlag GmbH.