Homo debilis
Ein Schwerpunkt in Forschung und Lehre: Dis/ability History
Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Cordula Nolte ist seit mehreren Jahren im Feld der interdisziplinären Dis/ability History aktiv. Sie hat, eingebunden in ein internationales Forschungsnetz, diesen neuen Ansatz für das Mittelalter und die Vormoderne maßgeblich weiterentwickelt (www.homo-debilis.de). Der Name Homo debilis stand von 2009 bis 2012 für ein DFG-Projekt und von 2013 bis 2016 für eine aus Exzellenzmitteln des Bundes geförderte sogenannte Creative Unit. Er bezeichnet heute die weiterhin laufenden Forschungen des Kreises um Cordula Nolte.
Dis/ability History geht von dem methodischen Grundsatz aus, historische Gesellschaften und Kulturen als Ganzes anhand der Analysekategorie dis/ability zu untersuchen. Wie die Schreibweise dis/ability andeutet, geht es dabei sowohl um „Behinderung“ als auch um „Nichtbehinderung“. Somit eröffnen sich grundsätzliche Fragen: Was verstanden Individuen und Gruppen in ihren jeweiligen Umwelten unter (Nicht)Beeinträchtigung, (Nicht)Behinderung und (Nicht)Befähigung, unter Normalität und Andersheit? Inwieweit waren Gesellschaftsstrukturen auf Inklusion und Teilhabe ausgelegt? Wer konnte welche persönlichen und kollektiven Handlungsspielräume nutzen? Welche Bedeutung kam körperlichen und geistig-seelischen Merkmalen und Befindlichkeiten bei der Identitätsbildung und Gruppenkonstitution zu? Angesichts solcher und zahlreicher weiterer Fragen ist die vormodern ausgerichtete Dis/ability History auf die Zusammenarbeit von Geschichtswissenschaft, Archäologie, Anthropologie, Literatur- und Kunstgeschichte sowie weiterer Disziplinen angewiesen.
Aus dem Arbeitsfeld der vormodern ausgerichteten Dis/ability History werden regelmäßig Lehrveranstaltungen im Bachelor- und Masterstudiengang angeboten. Da es hier um ein komplexes, sich weiterhin ausdifferenzierendes und nicht abgeschlossenes Forschungsprogramm geht, haben Studierende besonders gute Chancen, sich aktiv forschend zu engagieren.