In einer Studie soll untersucht werden, wie Fettleibigkeit bei Menschen in Schichtarbeit verhindert werden kann. Die Studie ist Teil des Projekts SHIFT2HEALTH. Das von der Europäischen Union finanzierte Projekt will neue Erkenntnisse über die verhaltensbedingten und physiologischen Ursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit bei Schichtarbeitenden liefern. Das Projekt wird mit insgesamt 10 Millionen Euro gefördert, rund 1,5 Millionen Euro davon gehen an Institutionen im Land Bremen, darunter an die Abteilung Versorgungsforschung am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Uni Bremen.
In Deutschland liegt der Anteil der Erwerbstätigen, die im Schichtdienst arbeiten, bei etwa 15 Prozent und damit etwas niedriger als der europäische Durchschnitt von 17,7 Prozent. Untersuchungen haben gezeigt, dass Schichtarbeit ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit ist. Übergewicht ist verbunden mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems oder Diabetes mellitus Typ 2.
SHIFT2HEALTH ist im Juni 2023 gestartet und hat das Ziel, Strategien zu entwickeln, die Übergewicht bei Schichtarbeitenden reduzieren und im Idealfall verhindern. Die Universität Wien koordiniert das Projekt, an dem insgesamt 15 Partner aus 7 europäischen Ländern beteiligt sind. SHIFT2HEALTH konzentriert sich dabei auf zwei wichtige Sektoren, in denen Schichtarbeit üblich ist: Das Gesundheitswesen, in dem überwiegend Frauen tätig sind, sowie Industrieunternehmen, in denen überwiegend Männer arbeiten.
„Schichtarbeit stellt eine enorme Herausforderung an den Körper dar, unabhängig von der eigentlichen Tätigkeit, die während der Arbeit ausgeübt wird“, so Prof. Ansgar Gerhardus vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen. „Der Eingriff in den Tag-Nacht-Rhythmus bzw. Schlaf-Wach-Rhythmus führt insbesondere zu Schwankungen im Hormonhaushalt.“
Ungesunde Ernährungsgewohnheiten wie zum Beispiel das Naschen von ungesunden Snacks, hoher Zuckerkonsum, Vorliebe für würzige und süß-fettige Speisen sind die Folgen, die wahrscheinlich die Hauptgründe für das Auftreten von Übergewicht und Fettleibigkeit sind. „Aber warum das starke Bedürfnis nach Süßem, Fettigem und Snacks so hoch ist, ist noch nicht umfassend geklärt. Dafür wollen wir zusammen mit unseren Partnern aus Österreich, den Niederlanden, Polen und Dänemark eine große Querschnittsuntersuchung mit 1000 Schichtarbeitenden durchführen“, so Dr. Hannah Jilani vom Institut für Public Health und Pflegeforschung.
Aufbauend auf der Querschnittsuntersuchung werden dann Strategien entwickelt, die in einer Interventionsphase in den beiden teilnehmenden Betrieben in Bremen und Bremerhaven getestet werden. „Es freut uns sehr, dass wir gleich zwei Kooperationspartner aus der Praxis gefunden haben“, sagt Imke Matullat vom Technologie-Transfer-Zentrum (ttz) Bremerhaven, das ebenfalls an der Studie beteiligt ist. „Wir wollen die Mitarbeitenden durch Befragungen und Fokus-Gruppen aktiv in die Forschung einbinden und so ihre Wünsche und Bedürfnisse an die neuen Ernährungsstrategie berücksichtigen. Dies soll die Akzeptanz der Strategien erhöhen und so können die Mitarbeitenden direkt von den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren“.
Im Zentrum der Untersuchungen steht das Mikrobiom. Dies ist die Gesamtheit der Bakterien im Darm und entscheidend für die Gesundheit des Menschen. Die Projektpartner aus Belgien und Österreich werden das Mikrobiom der Schichtarbeitenden genauer unter die Lupe nehmen und nach Faktoren suchen, die frühzeitig ein sich entwickelndes Übergewicht und Begleiterkrankungen anzeigen können.
Das Konsortium von SHIFT2HEALTH hat sich zum Ziel gesetzt nach einer Projektlaufzeit von fünf Jahren, neue Wege und Möglichkeiten für Schichtarbeitende - sowie für andere Personen mit gestörtem Biorhythmus - aus dem Teufelskreis von ungesundem Ernährungsverhalten und Lebensstil zu entwickeln, um ein gesundes Leben zu führen.
Weitere Informationen:
https://www.ipp.uni-bremen.de/abteilungen/versorgungsforschung/