Von den Worpsweder Mooren in Paula Modersohn-Beckers Landschaftsmalerei zu Grünanlagen in der heutigen Bremer Innenstadt: Auf den ersten Blick scheint der Bogen weit, der im dritten Stock des Museums in der Böttcherstraße am 16.05.24 gespannt wurde. Unter dem Titel „Doppelperspektive Natur: Kunst und Gesundheit im Austausch“ lud der Integrierte Gesundheitscampus Bremen erstmals zu einem neuen, außergewöhnlichen Veranstaltungsformat ein.
Aus der Perspektive der Kunst hob Dr. Frank Schmidt, Direktor des Paula Modersohn-Becker Museums, die Bedeutung der Natur in der Malerei der Künstlerin hervor. Die gesundheitswissenschaftliche Perspektive auf die Rolle der Natur für die menschliche Gesundheit zeigten Prof. Gabriele Bolte, geschäftsführende Direktorin des IPP und Leiterin der Abteilung Sozialepidemiologie, und Dr. Stefanie Dreger, Lektorin und Mitglied des IPP, im Dialog auf: Insbesondere im städtischen Raum sind die gesundheitsfördernden Effekte von Grünanlagen nicht zu unterschätzen. So hat allein der Anblick von Grün- und Blauflächen, also Gewässern, bereits positive Effekte auf die psychische Gesundheit und kann zur Stressreduktion beitragen. Parks, Seen, Flüsse und Stadtwälder laden außerdem zu Spaziergängen, Radfahren, Paddeltouren oder anderen sportlichen Aktivitäten ein und können damit neben der psychischen auch die physische Gesundheit fördern: Körperliche Aktivität stärkt unter anderem die kardiovaskuläre Gesundheit und senkt das Risiko an Diabetes Typ II zu erkranken. Und nicht zuletzt bieten öffentlich zugängliche Grünflächen Raum für Begegnungen und soziale Kontakte.
Doch Flora und Fauna können auch Risiken für die Gesundheit bereithalten. Giftige Pflanzen, Allergene oder Zecken, die Krankheiten wie Borreliose übertragen, sind nur ein paar Beispiele für gesundheitliche Gefahren, die uns in der Natur begegnen können. Die Expertinnen betonten auch neue Risiken, die insbesondere der Klimawandel für die Gesundheit birgt. So gefährden zunehmende Hitzewellen vor allem vulnerable Teile der Bevölkerung wie ältere und/oder vorerkrankte Menschen sowie Babys und Kleinkinder. Doch auch hier kann die Natur Abhilfe schaffen: Grünflächen bilden Luftschneisen und können helfen die Stadt herunter zu kühlen, Bäume werden zu wichtigen Schattenspendern.
Der Einfluss, den die Umwelt auf die Gesundheit hat, stellt eine der Kernexpertisen der beiden Wissenschaftlerinnen aus der Abteilung Sozialepidemiologie des IPP dar, deren Schwerpunkte unter anderem auf den Bereichen Urban Health (Gesundheit im städtischen Raum) und Umweltgerechtigkeit im Kontext von Gesundheit liegt. Die Abteilung ist seit 2019 auch „WHO Collaborating Centre for Environmental Health Inequalities“ und berät in dieser Funktion die Weltgesundheitsorganisation zu Themen, die die soziale Ungleichheit im Kontext von Umwelt und Gesundheit betreffen.
Auf die Vorträge folgte im Paula-Modersohn-Becker Museum eine Anschlussdiskussion, in der die Doppelperspektiven aus Kunst und Wissenschaft um die der Zuhörenden erweitert wurde, die über ihre eigenen Bezüge zur Natur – ob in der Kunst oder in Hinblick auf ihre Gesundheit – diskutierten. Insgesamt erwies sich das experimentelle Format als gewinnbringend: „Der Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft war für uns ein neues Veranstaltungsformat und eine gute weitere Gelegenheit unsere Forschungsthemen aus der Universität heraus in die Stadt zu tragen,“ sagte Prof. Bolte im Anschluss an die Veranstaltung.
Text: Maren Emde, Universität Bremen
Koordinatorin
Forschungs- und Transferschwerpunkt Gesundheitswissenschaften
Wissenschaftsschwerpunkt Gesundheitswissenschaften
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Prof. Dr. Gabriele Bolte