Forschungsfelder
Sprachliche Normen
Das Projekt Sprachliche Normen im Wandel: Praktiken – Diskurse – Ideologien (gemeinsam mit Prof. Karina Frick, Leuphana Universität Lüneburg) untersucht den Status und Wandel sprachlicher Normen – von Rechtschreibung und Grammatik bis hin zu pragmatischen Umgangsformen – und beleuchtet deren gesellschaftliche und bildungspolitische Implikationen. Dabei stehen insbesondere aktuelle Diskurse wie der um gendersensible Sprache im Mittelpunkt, die zeigen, wie stark Normen emotional diskutiert und von verschiedenen Gruppen unterschiedlich bewertet werden. Eine weitere Frage ist, welche Rolle traditionelle sprachliche Kompetenzen, etwa in der Rechtschreibung, angesichts der zunehmenden Relevanz von künstlicher Intelligenz und digitaler Kommunikation künftig noch spielen und ob und wie sich Anforderungen an sprachliche Standards verändern.
Ein weiteres Projekt der AG Angewandte Linguistik bezieht diese Fragen auf den Schulkontext und untersucht, wie der bildungspolitische Diskurs die Rolle von Sprachnormen im Zeitalter der KI-gestützten Automatisierung verhandelt und dabei sowohl gestaltend als auch reagierend auf neue Anforderungen an sprachliche Kompetenzen eingeht.
Digitale Kommunikation, Schreiben und KI
Wie prägen Digitalität und Künstliche Intelligenz unser Schreiben und verändern damit nicht nur Schreibprozesse und -praktiken, sondern auch unser Verständnis von Schreibkompetenz? Wie gestalten sich Kommunikationsprozesse mit Agenten, Bots und Copiloten – gemäß Doris Weßels’ „neuem ABC des Schreibens“? Welche Konsequenzen ergeben sich für die Verantwortung für Geschriebenes und für die wissenschaftliche Integrität? Seit jeher war das Schreiben eng mit technischen Entwicklungen verbunden. Der aktuelle Fortschritt eröffnet der Angewandten Linguistik und insbesondere der Textproduktionsforschung ein dynamisches und facettenreiches Tätigkeitsfeld.
Folgender Beitrag diskutiert bspw. die verschiedenen Verantwortungsbereiche, die sich aus den Entwicklungen im Feld Künstlicher Intelligenz für Hochschulleitungen, Forschende, Lehrende, Studierende und Schreibwissenschaftler:innen ergeben. Die AG Angewandte Linguistik ist aktiv im Virtuellen Kompetenzzentrum KI und wissenschaftliches Arbeiten (VK:KIWA) und leitet dort den Thinktank ‚KI beim wissenschaftlichen Schreiben‘.
Auch das Promotionsprojekt von Rosalie Schneegaß, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der AG Angewandte Linguistik, ist in diesem Themenfeld verortet: Sie untersucht und vergleicht Schreibprozesse mit und ohne KI.
Schnittstelle Fachwissenschaft – Fachdidaktik – Schulpraxis
Das Forschungsprojekt WiDiSCH (Wissenschaft – Didaktik – Schule): Fach Deutsch (gemeinsam mit Prof. Dr. Swantje Weinhold, FB 12) hat zum Ziel, der beobachtbaren Diskrepanz zwischen aktueller fachdidaktischer Forschung und tatsächlicher Unterrichtspraxis im Fach Deutsch entgegenzuwirken und anhand einer groß angelegten Fragebogenerhebung Erkenntnisse zu gewinnen, mittels derer sich fachdidaktische Angebote besser auf den schulischen Unterrichtsalltag und die Bedürfnisse der Lehrpersonen abstimmen lassen. Bisher publizierte Projektergebnisse lassen sich hier und hier nachlesen.
Schreiben und Schreibformate im Hochschulkontext
Das Verbundprojekt SPRint – Schreiben, Publizieren, Reflektieren integriert in die Fachlehre durch Booksprints, gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre im Rahmen der Ausschreibung „Freiraum 2022“, hatte zum Ziel, das Format Booksprint an den beteiligten Standorten SRH Berlin, Universität Wuppertal und Universität Bremen durchzuführen und kontextsensibel Gelingensbedingungen für den Einsatz des Formats herauszuarbeiten und basierend darauf eine didaktische Handreichung zu erarbeiten. Die Publikation ist 2024 open access bei wbv in der Reihe Theorie und Praxis der Schreibwissenschaft erscheinen. Das Projekt Die Zukunft schreiben – Die Förderung von Future Skills im Hochschulkontext, gefördert durch und beheimatet an der SHR Berlin, erforscht am Beispiel des Formats Booksprints explorativ, wie sich Future Skills, etwa literale Kommunikationskompetenzen und Teamkompetenzen, curriculumsintegriert fördern und evaluieren lassen.
Das Forschungsprojekt Sprachliche Muster in wissenschaftlichen Texten an der Schnittstelle von Schreibforschung, Schreibdidaktik, Sprachnormenforschung, Textlinguistik und Stilistik folgte (im Gegensatz zu den bis dato vorliegenden empirischen Arbeiten zum wissenschaftlichen Schreiben) einem induktiven Anspruch und hat zahlreiche auch unvermutete wissenschaftssprachliche Muster offengelegt. Die Arbeit ist open access bei de Gruyter in der Reihe Empirische Linguistik erschienen und beinhaltet neben einer detaillierten morphosyntaktischen auch eine funktionale Beschreibung der Muster. Um den Mehrwert und die Anwendbarkeit solch einer induktiven korpuslinguistischen Analyse deutlich zu machen, werden die Ergebnisse in weiteren Arbeiten mit Blick auf die Qualität und Angemessenheit von Texten sowie schreibdidaktische Implikationen diskutiert.
Sprach- und Schreibförderung in Schule und Hochschule
Im fachbereichsübergreifenden Innovationlab Durchgängige Sprachbildung goes Uni (gefördert von SKILL) widmen sich Prof. Sarah Brommer, Prof. Andrea Daase (FB 10) sowie Prof. Swantje Weinhold (FB 12) der Bedarfsanalyse, Diagnose und Förderung (schrift)sprachlicher Kompetenzen. In diesem Rahmen wurde ein digitales Self-Assessment entwickelt, das die Studierenden zum Beginn ihres Deutschstudiums absolvieren und das die Grundlage eines weiterführenden Austauschs zwischen Studierenden und Dozierenden bilden soll. Aus diesem Kontext heraus wurde auch gemeinsam mit Dr. Sarah Olthoff (FB 10) das Sprachkrafttraining erarbeitet, eine digitale Selbstlernplattform zur Förderung der sprachlichen Kompetenzen eingeworben. Ein erster Testlauf samt Evaluierung hat bereits stattgefunden, im Wintersemester 24/25 geht es sowohl mit dem Self-Assessment (Pflichtteilnahme) als auch mit dem Sprachkrafttraining (fakultative Teilnahme) in die Breite, betreffend alle Studierenden im Lehramt Deutsch.
2020 begann die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Volker Frederking (Universität Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr. Jörn Brüggemann (Universität Oldenburg) und Prof. em. Dr. Wolfgang Steinig (Universität Siegen) zur Entwicklung einer digitalen Lernumgebung für das Fach Deutsch. Die einzelnen Lernmodule mit verschiedenen Niveaustufen werden direkt auf die Bildungsstandards und Kompetenzbereiche im Fach Deutsch abgestimmt, wodurch sich das Angebot im Vergleich zu anderen digitalen Lernangeboten durch eine bessere Passgenauigkeit für und Anschlussfähigkeit an den Deutschunterricht auszeichnet. Die ersten Aufgaben-Prototypen wurden bereits entwickelt und programmiert. Aktuell wird sondiert, wie sich das Vorhaben an die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge der Entwicklung textgenerierender Künstlicher Intelligenz anpassen lässt.