Im Einzelnen

Publizieren im Wandel: Open Access als Modell der Zukunft

Community over Commercialisation – unter diesem Motto stand die Open Access Week der Bremer Staats- und Universitätsbibliothek im vergangenen Oktober. Auch Anja Becker, Professorin für Germanistische Mediävistik, beteiligte sich an einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Diamond Open Access.

In einem Interview spricht sie über ihre Erfahrungen als Herausgeberin und die Potenziale dieses Publikationsmodells.

Wissenschaftliche Publikationen sind das Herzstück der akademischen Forschung, doch der Zugang zu ihnen ist nicht immer selbstverständlich. Bibliotheken müssen Fachjournale teuer lizenzieren, und Forschende ohne institutionelle Anbindung stehen oft vor Bezahlschranken. Open-Access-Modelle setzen hier an und ermöglichen einen freien Zugang zu Wissen. Doch wie funktioniert dieses Prinzip in der Praxis? Und welche Herausforderungen sind mit ihm verbunden?

Anja Becker ist Mitherausgeberin der Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung (BmE), einer Online-Zeitschrift, die seit 2017 im Diamond-Open-Access-Format erscheint. Dieses Modell verzichtet sowohl auf Abonnementgebühren als auch auf Publikationskosten für Autor:innen. Wenn niemand nichts bezahlt, ist die Finanzierung jedoch heikel. Da es kaum Fördermittel für Open-Access-Zeitschriften gibt, müssen akademische Institutionen einspringen, die jedoch notorisch unterfinanziert sind. Wie kann sich somit ein solches Modell, das einen offenen Zugang zu Wissen verspricht, langfristig bewähren?

Auf die Community kommt es an

Ein zentrales Element des Open-Access-Modells der BmE ist der kollaborative Charakter. Wissenschaftler:innen gewährleisten die Qualitätssicherung und übernehmen redaktionelle Arbeiten für Themenhefte, die sie als Gast-Herausgebende betreuen; die BmE-Redaktion erstellt das Layout und organisiert den Publikationsprozess. Alle Arbeitsschritte sind so von den Wissenschaftler:innen verantwortet – ein bewusster Gegensatz zu kommerziellen Verlagen. Anja Becker betont, dass dieses Modell nicht nur finanzielle Barrieren abbaut, sondern auch die Kontrolle über den wissenschaftlichen Diskurs in den Händen der Forschenden selbst belässt, denn „das Copyright und die Verwertungsrechte bleiben immer bei den Autor:innen“, zugleich sind die Aufsätze unkompliziert nachnutzbar. Dieser Ansatz bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Die gesamte redaktionelle und organisatorische Arbeit erfordert erheblichen Zeitaufwand und ein starkes Engagement der Beteiligten.

Seit ihrer Gründung hat sich die BmE als feste Größe in der mediävistischen Forschung etabliert. Die Zeitschrift entstand aus einer Großsektion des Germanistentags 2016 und entwickelte sich unter der Herausgeberschaft von Prof. Dr. Albrecht Hausmann (Universität Oldenburg) und Prof. Dr. Anja Becker rasch zu einer anerkannten Plattform. Ein besonderes Merkmal ist die Mehrsprachigkeit: Beiträge erscheinen auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch, um eine breite, internationale Leserschaft anzusprechen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern.

Trotz der vielen Vorteile bleibt Open Access in den Geisteswissenschaften eine Herausforderung. Neben der langfristigen Finanzierung stellt sich die Frage der digitalen Archivierung, um die wissenschaftliche Zitierfähigkeit sicherzustellen. Die Zusammenarbeit mit Universitätsbibliotheken ist hier unabdingbar, da sie über die notwendigen technischen Infrastrukturen verfügen.

Insgesamt ist Open Access mehr als eine Publikationsform – es ist eine Bewegung, die Wissenschaft demokratischer und zugänglicher machen soll. Anja Becker sieht in diesem Modell die Zukunft, betont aber, dass es eines kontinuierlichen Engagements der akademischen Community bedarf, um Open Access langfristig erfolgreich zu etablieren.

Formate wie die Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung verdeutlichen, dass Open Access nicht nur eine Alternative zum traditionellen Verlagssystem ist, sondern vor allem neue Wege für den wissenschaftlichen Austausch eröffnet. Letztlich liegt es an allen Beteiligten, diese Entwicklungen aktiv so mitzugestalten, dass Open Access langfristig als Publikationsformat umgesetzt und anerkannt wird.

Weitere Informationen sowie die inzwischen 27 Jahres-, Themen und Sonderhefte der Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung sind hier zu finden:

ojs.uni-oldenburg.de/ojs/index.php/bme

Eine Auswahl von Zeitschriftenausgaben der BmE
Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung