Wissenschaftsschwerpunkte

Spitzenforschung in fünf Wissenschaftsschwerpunkten

Die Wissenschaftler:innen der Universität Bremen suchen Antworten auf die großen Zukunftsfragen heutiger Gesellschaften. Sie tun dies in fünf wissenschaftlichen Schwerpunkten, die das Forschungsprofil der Universität prägen – und zugleich zentrale Innovationsfelder des Landes Bremen widerspiegeln.

In diesen Schwerpunkten, die interdisziplinär ausgerichtet sind, kooperieren die Forschenden eng mit außeruniversitären Instituten der Spitzenforschung, gemeinsam finanziert von Bund und Land. Die Wissenschaftsschwerpunkte werden regelmäßig evaluiert. Über neue Schwerpunkte entscheidet der Akademische Senat der Universität auf der Grundlage transparenter Kriterien.

Eine menschliche Hand nimmt ein gefertigtes Teil aus einem Roboterarm.

Materialwissenschaften und ihre Technologien

Ressourcenschonend, maßgeschneidert, beständig – diese Kriterien stehen im Mittelpunkt der Forschung am MAPEX Center for Materials and Processes. Die Wissenschaftler:innen verfolgen sie entlang der gesamten Prozesskette, von der Entwicklung bis zur Anwendung von Materialien aller Art.

Ein Fokus liegt auf der Erforschung der schwer vorhersehbaren physiko-chemischen Veränderungen von Materialien, die während ihrer Synthese, Fertigung und Nutzung auftreten. Ihre Erkenntnisse nutzen die Forschenden, um ressourcenschonende Materialien und Prozesse zu entwickeln. Mit diesen können alltägliche Hightech-Produkte wie Autos, Flugzeuge oder Handys leistungsfähiger, zuverlässiger und nachhaltiger werden.

Eine immer größere Rolle spielen dabei der Einsatz und die Produktion von Materialien unter extremen Bedingungen. In der vom MAPEX ins Leben gerufenen Humans on Mars Initiative steht genau das im Mittelpunkt. Die beteiligten Wissenschaftler:innen erforschen, wie lebensnotwendige Güter und Ersatzteile mit knappen Ressourcen und ohne Einsatz von fossilen Energieträgern produziert werden können. Die ‚Marsperspektive‘ ermöglicht dem interdisziplinären Team von Forschenden, Ressourcenknappheit als Chance und Grundlage für ein Paradigma der Nachhaltigkeit zu begreifen – auch auf der Erde.

Die Wissenschaftler:innen am MAPEX vereinen alle Disziplinen der Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Mathematik. Ihr Ziel ist ein vertieftes Verständnis der Beziehungen zwischen Prozessen, Eigenschaften und Leistung von Materialien. Sie setzen dazu modernste Methoden im Bereich der Materialsynthese und -charakterisierung sowie der computergestützten Modellierung von Materialen und Prozessen ein.

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Expedition M128: Probennahme mit dem Tauchroboter MARUM-QUEST in 620 Metern Wassertiefe im Atlantik, aufgenommen mit dem Tauchroboter MARUM-QUEST

Meeres-, Polar- und Klimaforschung

Exzellente Umweltforschung als Grundlage für umweltbezogene Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren ein zentrales Element der Profilierung der Universität Bremen. Im fachübergreifenden Wissenschaftsschwerpunkt „Meeres-, Polar und Klimaforschung“ bündeln wir unserer Themen und entwickeln diese mit der langfristigen, forschungspolitischen Strategie des Landes weiter.

Ein laufendes Exzellenzcluster und zwei Transregio-Sonderforschungsbereiche belegen die sehr hohe fachliche Qualität und herausragende Position der Universität Bremen in diesem Forschungsfeld, welche sich auch seit vielen Jahren im ersten Platz des Förderrankings der DFG widerspiegelt.

Mit dem MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften besitzt die Universität Bremen ein international anerkanntes Zentrum für Meeresforschung. Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Ozeanbodens im gesamten Erdsystem. Mit einem von nur drei weltweiten Kernlagern des internationalen Programms zur Entdeckung der Ozeane (IODP) besitzt das MARUM ein europäisches Alleinstellungsmerkmal. Bei der Erfassung und Auswertung von Klima- und Umweltdaten (Schwerpunkte Atmosphäre, Polarregionen und Ozeane) nimmt die Universität Bremen mit dem Institut für Umweltphysik (IUP) national und international eine weitere führende Rolle ein. Auf der Seite der Datenerhebung spielt die enge Kooperation mit Industriepartnern im Bereich der satellitengestützten Fernerkundung (z.B. CO2 Bilanzierung, Meereis-Bestimmung) eine zentrale Rolle. Datenmanagement ist im Weltdatenzentrum PANGAEA - Data Publisher for Earth & Environmental Science gebündelt, das gemeinsam vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) und dem MARUM betrieben wird.

Die Forschungslandschaft im Land Bremen ist durch eine große Zahl außeruniversitärer Forschungseinrichtungen (Alfred-Wegner-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie) gekennzeichnet, die im Rahmen der „U Bremen Research Alliance“ (UBRA) eng mit der Universität Bremen kooperieren und zum Wissenschaftsschwerpunkt beitragen. Neben fachspezifischen Studienangeboten in der Meeres-, Polar- und Klimaforschung (inkl. internationaler Bachelor und Master Programme) spielt die disziplinenübergreifende Graduiertenausbildung eine zentrale Rolle, bei der natur- und gesellschaftswissenschaftliche Aspekte vermittelt werden.

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KI-Forschung mit Roboter PR2 bei MMM im Jahr 2023

Minds, Media, Machines

Ein verbessertes Verständnis von Intelligenz zum Wohle der Gesellschaft – an diesem Forschungsziel arbeiten Wissenschaftler:innen aus der Informatik, den Natur-, Ingenieurs- und Geistes­wissenschaften im Wissenschaftsschwerpunkt Minds, Media, Machines (MMM).

Dafür entwickeln MMM-Wissenschaftler:innen zum Beispiel im Sonderforschungsbereich EASE (SFB 1320) eine neue Generation von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) für Roboter mit kognitiven Fähigkeiten, die Menschen gemäß ihren Bedürfnissen im Haushalt unterstützen. Zentral für die Entwicklung derartiger KI ist die Frage, wie Mensch und Maschine gemeinsam lernen. Um dies zu erforschen, ist die Ko-Konstruktion – das gemeinsame Generieren von Wissen und Fähigkeiten von Menschen und Robotern – ein entscheidendes neues Konzept, das MMM im in einem Exzellenzclusterantrag mit Wissenschaftler:innen der Universitäten Bielefeld und Paderborn vorantreibt. Das Forschungsfeld der kooperativen und kognitiven KI stärkt MMM weiterhin durch die Kooperation mit dem Joint Research Center on Cooperative and Cognition-enabled AI (CoAI JRC).

Für große Leuchtturmprojekte wie diese bauen die Wissenschaftler:innen in MMM auf eine starke Basis aus drei Säulen: Der Forschungsbereich Minds widmet sich der Frage, wie wir natürliche kognitive Systeme wie den Menschen zum Beispiel durch Computermodelle besser verstehen können. Im Bereich Media wird untersucht, wie Menschen mit digitalen Medien interagieren und wie wir die Digitalisierung zum Wohle der Gesellschaft nutzen können. Im Bereich Machines entwickeln Wissenschaftler:innen intelligente technische Systeme – sowohl kleinste Hardwarebausteinen als auch kognitionsbasierte Roboter – und erforschen dabei, welche Methoden der kognitiven KI, dem Maschinellen Lernen und Data Science dafür am besten geeignet sind.

Die MMM-Wissenschaftler:innen arbeiten interdisziplinär und verbinden mit ihrer Forschung die drei Säulen. Auf diese Weise prägen sie Forschungsfelder, die sich drängenden gesellschaftlichen Fragen widmen. Künstliche Intelligenz wird dabei menschzentriert konzipiert, sodass sie auf menschliche Bedürfnisse eingehen kann und Menschen über die Nutzung ihrer Daten und damit ihre Privatheit selbst entscheiden können.

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Seminar an der BIGSSS in den Sozialwissenschaften im Jahr 2023

Sozialer Wandel, Sozialpolitik und Staat

Ungleichheit, Sozialpolitik, Sozialstaatlichkeit – mit diesem Fokus widmen sich Wissenschaftler:innen am SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik und am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Entwicklung von Gesellschaft und Wohlfahrtsstaat im Spannungsfeld von Globalisierung und Liberalisierung einerseits und geopolitischer Konkurrenz und ökonomischer Abkoppelung andererseits.

Zwei kollaborative Projekte sind für diese Forschung zentral: In einem Sonderforschungsbereich (SFB 1342) untersuchen die Wissenschaftler:innen, wie sich die Sozialpolitik seit ihren Anfängen vor 150 Jahren weltweit verbreitet hat und welche länderspezifischen Varianten seither entstanden sind. Die analytische Perspektive wird dabei vom Nationalstaat auf Interdependenzen zwischen Gesellschaften und vom globalen Norden auf den globalen Süden erweitert. Im bundesweiten Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) befassen sie sich mit sozialen, kulturellen und politischen Ungleichheiten und Konflikten als Gefährdungsquellen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Hier liegt das Augenmerk auf den Beziehungen zwischen unterschiedlichen sozialen Milieus und der Frage, ob diese immer weiter auseinanderdriften und wie sich Verständigung über Milieugrenzen hinweg ermöglichen lässt.

Die jüngste Forschungsinitiative zu Globaler Solidarität (GlobaLab) integriert diese laufenden Forschungsstränge in ein neues Format der transnationalen Zusammenarbeit, das verschiedene inhaltliche, analytische und methodische Ansätze aus der ganzen Welt verbindet. Leitfrage ist, ob und unter welchen Bedingungen globale Solidarität in einer fragmentierten Welt möglich ist.

Ihrer traditionellen Stärke folgend arbeiten die Wissenschaftler:innen in diesem Wissenschafts­schwerpunkt empirisch, theorieorientiert und international vergleichend. Dazu gehört die im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS), an der Doktorand:innen aus aller Welt soziale und politische Integration erforschen und erleben.

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Reagenzgläser mit Flüssigkeit in einem Forschungslabor der Bremer Gesundheitswissenschaften

Gesundheitswissenschaften

Prävention, Gesundheitsversorgung, Pflege – diese drei Bereiche stehen im Mittelpunkt der gesundheitswissenschaftlichen und epidemiologischen Forschung. Gemeinsame Querschnittsthemen sind dabei Gerechtigkeit und zunehmend auch Digitalisierung.

Die Wissenschaftler:innen in den Gesundheitswissenschaften untersuchen, wie Lebensstil und Umwelt zur Entstehung oder Vermeidung chronischer Erkrankungen beitragen, welche gesundheitsfördernden Maßnahmen wirksam und effizient sind. Dabei setzen sie an einem breiten Gesundheitsverständnis an, das körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden gleichermaßen umfasst. Im anwendungsorientierten Projekt FORESIGHT und im Forschungscluster „Gesunde Stadt“ arbeiten die Forschenden beispielsweise zu Fragen von Prävention und Gesundheitsförderung. Zudem laufen aktuell gemeinsame Anstrengungen, eine Modellregion Krebsprävention in Bremen aufzubauen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Frage, wie eine bedarfsgerechte gesundheitliche und pflegerische Versorgung sichergestellt werden kann. Im Projekt TCALL wird zum Beispiel an der Etablierung eines Transferclusters Akademischer Lehrpflegeeinrichtungen in der Langzeitpflege gearbeitet, in dem Erkenntnisse und Impulse zwischen Forschung und Pflegepraxis konstant ausgetauscht werden. So wird langfristig eine Transferbrücke aus der Forschung über die Ausbildung in die Versorgung gebaut.

Bei all diesen Themen liegt ein besonderes Augenmerk auf Fragen der Gerechtigkeit in der Gesundheit und gesundheitlichen Versorgung, etwa mit Blick auf soziale Gerechtigkeit, Umwelt-, Geschlechter-, Zugangs-, oder Finanzierungsgerechtigkeit. Daneben bildet Digitalisierung ein weiteres Querschnittsthema, das im neuetablierten Forschungsfeld „Digital Public Health“ im Fokus steht. Den Kern dieses neuen Forschungsfeldes bildet der gleichnamige Leibniz ScienceCampus „Digital Public Health“, in dem die Potenziale, Grenzen und Risiken der Digitalisierung ausgelotet werden. Die Wissenschaftler:innen forschen unter anderem dazu, wie ein enger Austausch zwischen Nutzer:innen, Public Health Expert:innen und Technologieentwickler:innen gestaltet werden kann, sodass die zahlreichen, schnell voranschreitenden technologischen Entwicklung bestmöglich an den Wünschen und Bedarfen der Nutzer:innen ausgerichtet werden können.

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Aktualisiert von: SPE