Verantwortungsbewusste Forschung

Statement der Universität Bremen

Flaggen der Universität Bremen

Die Universität Bremen ist ein Ort der Freiheit von Wissenschaft und Forschung, der Meinungs- und Redefreiheit, der Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Menschen und der Achtung der Menschenrechte, unabhängig von Herkunft, Religion/Weltanschauung, sozialem Status, Geschlecht, Alter, Behinderungen und sexueller Orientierung.

Die Vielfalt unserer Studierenden, Forschenden, Beschäftigten und Kooperationspartner ist unsere Stärke, ganz gleich, aus welchem Teil der Erde sie zu uns kommen.

An der Universität Bremen forschen, lehren und lernen wir in Verantwortung für die Gesellschaft und eine friedliche und nachhaltige globale Entwicklung. Dabei ist die wissenschaftliche Transparenz der erzielten Forschungsergebnisse und Praktiken ein wichtiges Merkmal der Aktivitäten an der Universität Bremen. Wir teilen unser Wissen und pflegen den offenen Diskurs.

Die Universität Bremen steht für eine offene, zugängliche Institution, die an Kooperationen und Austauschen weltweit interessiert ist. Wir sind uns den Herausforderungen, die insbesondere internationale Kooperationen mit sich bringen können, bewusst.

Wissenschaftskooperationen unter komplexen Rahmenbedingungen

Leitfaden zu verantwortungsvollen Kooperationen generell und im Speziellen für Kooperationen mit Partnern aus der Volksrepublik China

Für die Universität Bremen ist es von großer Bedeutung, den Dialog und die Kooperation mit internationalen Partnerinstitutionen zu erhalten und auszubauen. Dies soll auf Basis eines klaren Bekenntnisses zur Freiheit von Forschung und unter Berücksichtigung von guter wissenschaftlicher Praxis geschehen. Die Wissenschaftskooperation mit der Volksrepublik China beispielsweise ist als positiv zu bewerten, bedarf aber eines differenzierten Ansatzes, was Inhalte, Ziele und konkrete Rahmenbedingungen in Kooperationen anbelangt [1].

Wir empfehlen bei Kooperationen mit Partnern aus Ländern mit einem niedrigen Academic Freedom Index [2] wie bspw. der VRC die Leitfragen zur Hochschulkooperation mit der Volksrepublik China der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu beachten [1]. Diese Leitfragen können aber generell angewendet werden, da sie  „Vor dem Hintergrund tiefgreifender Veränderungen im globalen Umfeld [...] Leitlinien und Standards in der internationalen Hochschulkooperationen [...]“ bieten [3].

Wenn eine der folgenden Fragen Unsicherheiten aufwirft, sollte eine Beratung in Betracht gezogen werden. Kontakte hierzu finden Sie unter (siehe Beratungsmöglichkeiten).

Zusammenfassung der Leitfragen der Hochschulrektorenkonferenz

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) schlägt folgende Leitfragen [1, 3] vor, um Kooperationen mit Partnern aus Ländern mit einem niedrigen Academic Freedom Index [2] wie bspw. der VRC konkret bewerten zu können. Diese sind hier ohne die Unterfragen [1, 3], die helfen das jeweilige Thema kleinteiliger zu analysieren, aufgeführt:

Strategie und Governance:

  1. Wie ist Nachhaltigkeit im Engagement und gleichberechtigte Partnerschaft gesichert?
  2. Wie fundiert sind Kooperationsbasis und gegenseitiger Respekt?
  3. Wie stabil ist die Governance und wie professionell das Management?
  4. Wie transparent und ausgewogen ist die Finanzierung über den Projektzeitraum?
  5. Wie wird transparente Kommunikation sichergestellt?
  6. Wie werden institutionelle Grundrechte (geistiges Eigentum, freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands, etc.) gesichert?

Gemeinsam Lehren, Lernen und Forschen:

  1. Wie wird Freiheit von Forschung und Lehre gesichert?
  2. Welchen Mehrwert hat gemeinsames Lehren, Lernen und Forschen in der konkreten Kooperation?
  3. Wie wird die Qualität der Kooperation in Lehre und Lernen gesichert?
  4. Wie wird die Qualität der Kooperation bei Forschung und Innovation gesichert?
  5. Wie werden wissenschaftliche, ethische und rechtliche Standards geachtet und gesichert?
  6. Wie wird Mobilität von Studierenden, Lehrenden und Forschenden gefördert und begleitet?

Hochschulen als transnationale Räume:

  1. Wie werden Interkultureller Dialog und sachorientierter und toleranter Austausch innerhalb der für alle Hochschulangehörigen gleichermaßen geltenden Regelungen gewährleistet, kulturelle und sprachliche Barrieren abgebaut und Kommunikationskanäle eröffnet (transnationaler Campus)?
  2. Wie wird eine gelebte Willkommenskultur realisiert?
  3. Wie werden Sprachkompetenz und Mehrsprachigkeit in der konkreten Kooperation gefördert?

Je weniger dieser Themengebiete positiv oder vollständig beantwortet werden können, desto mehr sollte von einer Kooperation abgesehen werden.


Analysetool zur Bewertung Internationaler Zusammenarbeit

Ein pragmatisches, schnelles Analysetool und damit auch eine erste Alternative zu den von der HRK definierten Leitfragen bietet eine Analyse der Werte, Interessen, Benefits/Verantwortung und der Risiken (Bild 1). In Anlehnung einer SWOT-Analyse kann durch diese Herangehensweise die Komplexität reduziert und Ambivalenzen schneller sichtbar werden. So können Zielkonflikte offengelegt und Polarisationen vermieden werden.

Diese Art der Analyse unterstützt die Formalisierung von Entscheidungen  und vermeidet schlichtes Schwarz-weiß-denken (gute vs. schlechte Kooperation). In diesem Sinne ist es möglich, dass in Kooperationen Interessen deutlich schwerer wiegen als Werte oder Risiken und diese somit positiver bewertet werden, was wiederum zur Entscheidung für eine  Kooperation führen kann.

Es ist hierbei jedoch zu beachten, dass die Analyse mit der Matrix in Bild 1 nicht vollständig sein kann, da Komplexität reduziert wird. Die qualitative Analyse unter zur Hilfenahme der Matrix determiniert keine Entscheidung und gibt keine Maßnahmen vor. Sie hilft jedoch eine Kooperation einzuordnen und eine politische Entscheidung zu treffen.  

VIBR Analyse zur Evaluation internationaler Zusammenarbeit unter komplexen Rahmenbedingungen

Values:

  • Wissenschaftsfreiheit
  • Transparenz & Überprüfbarkeit
  • diskriminierungsfreier Zugang und Teilhabe
  • Hochschulautonomie
  • gesellschaftliche Verantwortung

 

Interests:

  • Erkenntnisgewinn
  • Reputation
  • Drittmittel
  • Zugang zu Ressourcen/Infrastruktur
  • persönlicher Austausch
  • Rekrutierung von Talent
  • politischer Wille

Benefits/Responsibility:

  • Sustainable Development Goals
  • Völkerverständigung
  • Capacity Building
  • globale Herausforderungen
  • Science Diplomacy

Risks:

  • Sicherheitslage vor Ort
  • Dual Use
  • Reputationsverlust, Skandale
  • Instrumentalisierung für Ideologie/politische Zwecke
  • Gefährdung der eigenen Rechte und Sicherheit (IP, Spionage)

VIBR-Analyse (Values, Interests, Benefits/Responsibility, Risk). Dieses Analysetool bietet eine schnelle pragmatische Möglichkeit, um internationale Kooperationen zu analysieren und zu bewerten. Die hier gezeigte Matrix adaptiert die von den AAA/IOs der baden-württembergischen Universitäten (21.07.2022) entwickelten Version, welche uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.


Beispiele risikobehafteter Kooperationspartner:

China Academy of Engineering Physics (CAEP):

Die CAEP [4] ist „China’s nuclear and advanced weapons R&D complex“ und dient damit vollständig militärischen Zwecken. CAEP ist eine zentrale Einrichtung Chinas zur Erforschung, Entwicklung und Produktion von nuklearen Sprengköpfen. Sie ist laut ASPI auch in Wirtschaftsspionage involviert. Die CAEP untersteht direkt der CMC – Central Military Commission, der höchsten Verteidigungsorganisation in der Volksrepublik China und der Kommunistischen Partei. CAEP ist so klassifiziert, dass sie aus jeglicher Forschung Nutzen für Nuklearwaffenentwicklung zieht: Aus dem CRSI-Bericht von Jeff Stoff (S. 22): „Given that CAEP reports to China’s CMC with a mission to research, develop, and produce nuclear and other advanced weapons and supporting components, collaborating institutions must assume CAEP will seek weapons applications from any research it conducts or funds, even in areas considered theoretical or fundamental in nature. Any partnership or collaboration with CAEP represents critical risks to national security.“

„Seven Sons of National Defense“:

Die Universitäten der „Seven Sons of National Defense“ Universities [5] sind nicht Mitglied der CAEP. Diese Universitäten sind mit dem Ministerium für Informationstechnologie affiliiert und werden von diesem finanziert. Mitglieder dieser Gruppe sind die Northwestern Polytechnical University, Harbin Engineering University, Harbin Institute of Technology, Beihang University, Beijing Institute of Technology, Nanjing University of Science and Technology, Nanjing University of Aeronautics and Astronautics.

Highest Risk Institutionen der VRC und China Defence University Tracker

Als „Highest Risk“ Institutionen werden derzeit zivile Einrichtungen klassifiziert, die jedoch als militärische Einrichtungen oder als Teil von Ministerien gegründet wurden. Ein Beispiel hier ist die National University of Defense Technology.

Die Links zwischen militärischen und wissenschaftlichen Einrichtungen werden recht gut durch die Website des „Australian Strategic Policy Institute“ [6]  dargestellt. Auf der Seite wird zum einen das Problem analysiert und zum anderen ein Tracker zur Verfügung gestellt, um potentiell kritische Einrichtungen zu identifizieren https://unitracker.aspi.org.au/ .

Beratungsmöglichkeiten und Referenzen

Die Universität Bremen bietet eine Reihe von Beratungsmöglichkeiten:

Links und Referenzen:

  1. Leitfragen zur Hochschulkooperation mit der Volksrepublik China, Beschluss des HRK-Präsidiums vom 9.9.2020, https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/leitfragen-zur-hochschulkooperation-mit-der-volksrepublik-china/
  2. https://academic-freedom-index.net/, Zugriff 05.04.2023
  3. Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Leitlinien und Standards in der internationalen Hochschulkooperation. Beschluss des HRK-Präsidiums vom 6.4.2020; www.hrk.de/themen/internationales/strategische-internationalisierung/leitlinien-und-standards/, Zugriff am 15.03.2023
  4. https://en.wikipedia.org/wiki/China_Academy_of_Engineering_Physics, Zugriff 20.01.2023
  5. https://en.wikipedia.org/wiki/Seven_Sons_of_National_Defence, Zugriff 21.02.2023
  6. https://www.aspi.org.au/report/china-defence-universities-tracker, Zugriff 21.02.2023
  7. DAAD Perspektiven - Die akademische Zusammenarbeit mit China realistisch gestalten Januar 2024