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Fachtag „Wohnen im Alter“ gibt Anregungen auch für Kommunen

Anke und Lothar Dziomba sind ins GW2 mit einer Frage gekommen. „Wir sind interessierte Bürger“, sagt Herr Dzioma, „und wir suchen praktische Tipps, wie wir am besten leben sollten.“ Das ältere Ehepaar aus Bremen gehörte damit eher zu den untypischen Besuchern des Fachtags „Wohnen im Alter – Pflege,…

Professorin Karin Wolf-Ostermann vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (ipp) der Universität Bremen hatte die wissenschaftliche Konferenz gemeinsam mit Professor Sascha Köpke von der Universität zu Lübeck vorbereitet und einberufen. In fünf Vorträgen und vier Workshops ging es den ganzen Tag über um innovative und alternative Wohnformen, ambulant betreute Wohngemeinschaften und vernetzte Versorgungsstrukturen für alte und demenzkranke Menschen.

Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben

„2060 wird die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer bei 85 Jahren liegen, die Frauen werden im Durchschnitt fast 90 Jahre alt“, skizzierte Pflegeprofessorin Karin Wolf-Ostermann in ihrem Grußwort das Zukunftsbild und unterstrich: „Die Gesellschaft wird älter, wir werden weniger, bunter und leider auch dementer.“ Der Wunsch der Menschen sei ein selbstbestimmtes Leben. Immerhin würden inzwischen 70 Prozent der betroffenen alten Menschen ambulant und nicht stationär gepflegt.

Alte Menschen können „Zivilgesellschaft in Schwung bringen“

Erwartungsgemäß gewann Bremens Altbürgermeister Henning Scherf mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die Chancen des Alterns die Herzen seiner Zuhörer. In einem 45-minütigen Vortrag zum Auftakt des Fachtags mahnte er: „Der demographische Wandel ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft.“ Man dürfe das Älterwerden nicht zum Geschäftsmodell für Spekulanten verkommen lassen. „Kommunen sollen endlich kapieren, dass alte Menschen eine Chance für Nachbarschaften sind und dass sie mit ihren Aktivitäten die Zivilgesellschaft in Schwung bringen können.“ Seit er nicht mehr im Rathaus sei, habe er ein halbes Dutzend Bücher über das Altwerden geschrieben, sagte Scherf. Mit 77 Jahren stecke er selbst mitten drin in diesem Prozess. Seine Entdeckung: „Alte Menschen entwickeln Resilienz, das heißt, sie beherrschen die Kunst, mit Mängeln umzugehen und körperliche Verluste zu kompensieren. Sein Rat: „Nicht allein und einsam bleiben, ein Netz schaffen, das mich hält.“ Dafür habe ein Experte das Wort „helfenbedürftig“ anstelle von „hilfebedürftig“ geprägt. „Ich helfe anderen, weil es mir dann gutgeht.“

Regionalen Arbeitsmarkt für Pflegekräfte entwickeln

Professor Hermann Brandenburg von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar bei Koblenz forderte in seinem Vortrag eine „regionale, quartierbezogene Altenhilfe“. Arbeitskräfte- und Personalentwicklung sollten unbedingt auf dem regionalen Arbeitsmarkt vorangetrieben werden. Heime sollten sich öffnen, zum Beispiel für Bürgerversammlungen. Auch sei es an der Zeit, Bürgerinnen und Bürger durch Eigentumserwerb an Einrichtungen der Altenhilfe zu beteiligen und das nicht nur den Trägern zu überlassen. Insgesamt gab der Fachtag an der Uni Bremen den Beteiligten Gelegenheit, solche und ähnliche Visionen  für das Wohnen im Alter zu diskutieren.

Zwei Männer und eine Frau vor einer Videowand
Die Veranstalter Professor Sascha Köpke, Universität zu Lüneburg (von links), Karin Wolf-Ostermann, ipp Uni Bremen und Gastredner Altbürgermeister Henning Scherf.
Blick in einen Saal mit Publikum
Das Interesse am Fachtag „Wohnen im Alter“ war groß, mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Bremen und dem Umland waren gekommen.
Mann mit Mikrophon vor Videowand
Professor Hermann Brandenburg von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar machte interessante Vorschläge für Kommunen.