Man kann sich an Erfolge gewöhnen - langweilig wird es dennoch nie. Seit seiner Inbetriebnahme im September 1990 - zu der der damalige Forschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber den Startknopf drückte - wurden am Fallturm Bremen bis heute 5.000 erfolgreiche Experimente unter Schwerelosigkeit durchgeführt. Und das ist nur eine von vielen beeindruckenden Zahlen. Mehr als 160 verschiedene Experimente wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 42 Nationen in den vergangenen 18 Jahren durchgeführt. Die Fragestellungen kamen aus der Gravitationsforschung, der Materialforschung, der Strömungsmechanik, der Biotechnologie und der Verbrennungsforschung. Daneben wurden komplexe Geräte und einfachste aber hochempfindliche Sensoren aus der Raumfahrttechnologie entwickelt und getestet.
Die Zeit, die zwischen dem Beginn einer Experimententwicklung und dem ersten Abwurf im Fallturm vergeht, beträgt selten mehr als ein halbes Jahr. Ein im Vergleich zu Raumfahrtprojekten extrem kurzer Zeitraum. Hinzu kommt, dass der Fallturm den unschätzbaren Vorteil bietet, dass die Experimentaufbauten von Abwurf zu Abwurf angepasst und verändert werden können. Auf die Chance, ein Experiment im Weltall verbessert wiederholen zu können, wartet man leicht viele Jahre.
Im Vergleich aller verfügbaren Fluggelegenheiten rangieren die Kosten eines Abwurfes verständlicherweise am unteren Ende. Die Qualität der Schwerelosigkeit am Fallturm markiert allerdings das obere Ende der Skala. Die Restbeschleunigung beträgt bei jedem Abwurf einer Versuchskapsel weniger als 10 Millionstel der normalen Erdbeschleunigung. Für einige Experimente der physikalischen Grundlagenforschung konnte dieser Wert sogar auf weniger als 1 Milliardstel der Erdbeschleunigung reduziert werden.
Wer nun meint, das sei doch quasi gleich Null, der irrt und sei an den Physikunterricht erinnert. Schließlich werden alle Zusammenhänge, die g-abhängig (also gravitationsabhängig) sind, durch Formeln beschrieben, in denen g im Nenner steht. Wird g zu Null, dann wird der Nenner zu Null und durch Null kann man bekanntlich nicht teilen. Folglich sind die Zustände bei völliger Schwerelosigkeit nicht definiert. Dass es im Fallturm Bremen seit18 Jahren bis zu dreimal täglich möglich ist, so nahe an diesen Wert heranzukommen, ist spannend und liefert immer wieder überraschende Ergebnisse.
Da der 5.000ste Abwurf eines von 20 Experimenten war, das im Rahmen des vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterstützten „BIO-SPRAY“ Projektes stattfand, war das Ergebnis allerdings keine große Überraschung. Der 5000ste Abwurf einer rund 500 kg schweren Versuchskapsel diente der Untersuchung des Zündprozesses eines aus Biomasse synthetisierten Diesel-Tropfens der Fa. Shell. BTL-Kraftstoffe (biomass-to-liquid) werden diese Brennstoffe genannt, die als chemisch identische GTL-Kraftstoffe (aus Erdgas) heute schon Tankstellenbenzin und -diesel beigemischt werden und in Zukunft dazu beitragen sollen, fossilen Treibstoff völlig zu ersetzen. Die Experimente im Fallturm werden helfen, präzise Simulationen der Sprayzündung, wie sie in einem Dieselmotor stattfinden, durchführen zu können. Dies trägt nicht nur zur Verbesserung des Komforts der sonst recht rauhen Dieselverbrennung bei, sondern hilft vor allem, den Ausstoß an klimaschädigenden Stickoxiden drastisch zu reduzieren.
Wetere Informationen:
Universität Bremen
ZARM Fallturm-Betriebsgesellschaft mbH
Birgit Kinkeldey
PR & Communications
Tel. 0421 218 4801
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