Nr. 045 / 7. Februar 2014 MM
Filmproduktionen, Werbeagenturen, Galerien, Ateliers, Kunsthandwerker, kleine Cafés und Bistros – zahlreiche Städte haben eine lebendige Kreativszene. Welche Strategien nutzen Stadtplanerinnen und Stadtplaner, damit Städte für Menschen, die in der Kreativwirtschaft und anderen innovativen Branchen arbeiten, attraktiv sind? Wie integriert man Menschen, die nicht kreativ arbeiten können oder wollen? Mit solchen Fragen hat sich Dr. Anna-Lisa Müller vom Institut für Geographie der Universität Bremen in ihrer Dissertation beschäftigt. Für ihre Arbeit mit dem Titel „Green Creative Cities. Zur Gestaltung eines Stadttypus des 21. Jahrhunderts" wurde die 32-Jährige kürzlich ausgezeichnet: Die Sektion Stadt- und Regionalsoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie hat ihr den mit 1.000 Euro dotierten Dissertationspreis verliehen. Sie teilt ihn sich mit Dr. Gunter Weidenhaus von der Technischen Universität (TU) Berlin. Mit der Auszeichnung werden herausragende Dissertationen gewürdigt, die sich mit grundlegenden Fragen der Stadt- und Regionalsoziologie auseinandersetzen.
Kreative rücken in den Fokus der Stadtplaner
„Seit der zweiten Hälfte des 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts spielt Kreativität eine zunehmend größere Rolle im Arbeits-, Freizeit- und Alltagsleben“, sagt Anna-Lisa Müller. Für die Stadtplanung bedeutet dies, dass in vielen europäischen und nordamerikanischen Städten Menschen, die im kreativen Bereich leben und arbeiten, als Zielgruppe an Bedeutung gewinnen. Es werden Technologiezentren geplant, Universitäten ausgebaut, Bürogebäude für Designer und Ateliers für Künstler geschaffen. In den Städten selber sind es dann häufig ehemalige Industriegebäude und -flächen, die für diese neuen Nutzer umgestaltet werden: alte Werftanlagen, Fabrikgebäude oder Brachflächen.
Hafenstädte Dublin und Göteborg untersucht
Ihre Forschungsfragen untersuchte Dr. Anna-Lisa Müller am Beispiel der Hafenstädte Dublin (Irland) und dem schwedischen Göteborg. Vor Ort führte sie zahlreiche Interviews mit Menschen aus der Kreativwirtschaft sowie Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft durch. Hinzu kam eine umfassende Literaturrecherche. Ihr Fazit: „Insgesamt haben Stadtplaner erkannt, dass Kreativität als Leitbild für eine Stadt nicht ausreicht, um sie umfassend zu gestalten.“ Vielmehr braucht man Ideen, wie man auch die Menschen integriert, die nicht im kreativen Bereich arbeiten können oder wollen. Hier handelt es sich beispielsweise um Arbeitslose, Flüchtlinge, aber auch Kinder und alte Menschen. Um diese Gruppen in die Planungen einzuschließen, arbeiten Stadtplaner vor Ort mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit. Hiermit ist sowohl ein ressourcenschonender Umgang mit der Stadt gemeint, als auch ein sozial und ökonomisch nachhaltiges Verhalten. Möglichst viele Menschen sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben und Arbeit finden. „Es entstehen sogenannte `Green Creative Cities` (grüne kreative Städte), die international Ähnlichkeiten aufweisen“, so Müller.
Zur Person:
Dr. Anna-Lisa Müller hat in Konstanz am Bodensee Soziologie, Theoretische Sprachwissenschaft, Philosophie und Neuere Deutsche Literaturwissenschaft studiert. 2004 absolvierte sie ein dreimonatiges Praktikum am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund, bevor sie anschließend für zwei Semester zum Studium der Soziologie nach Südschweden an die Universität Växjö gewechselt ist. Nach ihrem Magisterabschluss in Konstanz forschte Anna-Lisa Müller dort am Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ in einem Forschungsprojekt zur Bedeutung von Kreativität in heutigen Gesellschaften. Ihr Interesse galt dabei besonders der Beziehung zwischen Städten und Kreativität. 2010 wechselte die Wissenschaftlerin von Konstanz an die Universität Bielefeld und schrieb dort ihre Doktorarbeit an der Bielefeld Graduate School in History and Sociology (BGHS). Seit Februar 2013 arbeitet die 32-Jährige als Post-Doc und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geographie der Universität Bremen. „Die Stelle ermöglicht es mir, Themen zu bearbeiten, die an meine Doktorarbeit anschließen, aber auch darüber hinausgehen“, so Anna-Lisa Müller.
Die Dissertation mit dem Titel „Green Creative Cities. Zur Gestaltung eines Stadttypus des 21. Jahrhunderts“ ist 2013 im Verlag UVK in Konstanz unter dem Titel „Green Creative City“ erschienen und kostet 49,90 Euro.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Institut für Geographie
Dr. Anna-Lisa Müller
Telefon: 0421 218-67141
E-Mail: anna-lisa.muellerprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
www.geographie.uni-bremen.de