Das Gehirn ist das wichtigste und komplexeste Organ, welches wir Menschen besitzen. Störungen in der Funktionalität des Gehirns führen zu Erkrankungen und einschneidenden Veränderungen im Alltag, die sich direkt in einem Verlust von Lebensqualität äußern. Ein weitverbreitetes Beispiel für eine solche Krankheit ist die Epilepsie. Die Hirnforscher der Bremer Universität arbeiten seit Jahren daran, mehr über die Funktionen und Dysfunktionen des Gehirns herauszufinden. Jetzt nahm das im Jahr 2008 vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Förderung empfohlene und jetzt endgültig bewilligte Projekt mit dem Titel "Kabellose Erfassung lokaler Feldpotentiale und elektrische Stimulation der Großhirnrinde für medizinische Diagnostik und Neuroprothetik" seine Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf. Dieses interdisziplinäre Forschungsvorhaben wird im Rahmen des BMBF-„Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik“ als Transfer-Projekt zwischen der Grundlagenforschung und der Industrie gefördert.
Beteiligt am dem Verbundprojekt sind innerhalb der Universität Bremen das Zentrum für Kognitionswissenschaften (ZKW),
das Institut für Mikrosensoren, -aktoren und -systeme (IMSAS),
das Institut für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik (ITEM) und das Institut für Hochfrequenztechnik. Projektpartner außerhalb der Universität Bremen sind das Bonner Universitätsklinikum mit der Abteilung für Epileptologie (Prof. Dr. Christian E. Elger) und die Firma Brain Products GmbH (Speziallist für Lösungen im Bereich der neurophysiologischen Mess- und Forschungsgeräte). Begleitet wird das Projekt, wie schon die erfolgreiche Antragsstellung, von der Bremer innoWi (Experte für Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft).
Anwendungsfeld Epilepsie
Ziel dieses anwendungsbezogenen Forschungs- und Entwicklungsprojektes ist es die elektrische Aktivität des Gehirns von Patienten über einen sehr langen Zeitraum sicher, zuverlässig und präzise zu erfassen. Dieses Wissen würde es Mediziner ermöglichen, zum Beispiel die Hirnaktivität von Epileptikern rund um die Uhr über lange Zeit zu überwachen und vor einem nahenden Anfall zu warnen beziehungsweise einen Anfall durch Rückkopplung (elektrischer Feedback oder Bio-Feedback) abzuschwächen oder ganz zu unterdrücken.
Anwendungsfeld Neuroprothetik
funktionelle Neuroprothetik. Das geplante System ist hier eine Schlüsselkomponente. Ziel der Neuroprothetik ist es, die erfassten elektrischen Aktivitäten des Gehirns mit Einsatz von Computern in Informationen über Aktionswünsche des Patienten zu konvertieren. Die gewünschte Aktion wird dann durch einen Computer oder Roboterarm realisiert. So wird es für einen gelähmten Patienten Wirklichkeit, beispielsweise seinen Durst selbstständig zu stillen, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Es soll ihm außerdem erlauben, mit seiner Umwelt zu kommunizieren, auch wenn ihm dies bisher durch seine körperlichen Einschränkungen verwehrt war. Voraussetzung für eine solche fundamentale Wiederherstellung von Autonomie und Lebensqualität von gelähmten Menschen ist ein langzeit-verträgliches, stabiles und sicheres neurophysiologisches Messsystem mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung, das darauf ausgerichtet ist, Information für medizinische Anwendungen mit dem Gehirn auszutauschen.
Ein zentraler Teil dieses medizinischen Forschungs- und Entwicklungsprojektes sind Untersuchungen an Makaken und Ratten, wodurch Gesundheitsgefährdungen für Menschen im Vorfeld ausgeschlossen werden. Diese werden wesentlich dazu beitragen, eine von der Medizin dringend benötigte Schnittstelle zu den Gehirnen von besonders schwer erkrankten Menschen bereitzustellen.
Das BMBF schreibt seit 1999 jährlich den Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik aus, um herausragende innovative Projekte zu fördern. Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Die Kosten für das Gesamtprojekt werden sich knapp auf 1,8 Millionen Euro belaufen. Über die vorgesehene Laufzeit von 36 Monaten werden davon 1,2 Millionen Euro der Fördergeldern an die Universität Bremen fließen.
Wetere Informationen:
Universität Bremen
Zentrum für Kognitionswissenschaften
Prof. Dr. Klaus Pawelzik (Stellv. Direktor des ZKW)
Tel. 0421-218 62001
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