Nr. 191 / 11. Juni 2014 SC
Kinder brauchen freie Zeit zum Spielen. Im Spiel erschließen sie sich die Welt. Gleichzeitig sollen Bildungsprozesse auch im Kindergarten professionell unterstützt werden. Wie gelingt das? Und braucht man dazu eine akademische Ausbildung? Diesen Fragen geht Professorin Susanne Bosshart von der Pädagogischen Hochschule St. Gallen (Schweiz) nach. 2011 war Bosshart Gastdozentin an der Universität Bremen und hat auch in Bremer Kindertageseinrichtungen Beobachtungen angestellt. Ihre Ergebnisse im Rahmen des Forschungsprojekts „Professionalisierung von Fachkräften im Elementarbereich“ (PRIMEL) präsentiert sie erstmals interessierten Eltern, Erzieherinnen und Erziehern aus Bremen am Donnerstag, den 19. Juni 2014 um 19 Uhr im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5.
Zum fachlichen Hintergrund
Freispiel ist nicht einfach nur Selbstbeschäftigung. Für die Kinder ist es so etwas wie ihre „Arbeit“, ihr „Beruf“. Kinder spielen sehr ernsthaft, bauen, diskutieren, erproben Rollen und erfinden dabei eigene Regeln in unterstützenden Gemeinschaften und in anregenden Lernumgebungen – im besten Fall ganz ohne Anleitung von Erwachsenen. Welche Rolle fällt dann aber bei diesem Spiel den professionellen Fachkräften zu? Sollen sie sich aus dem Spiel der Kinder heraushalten? Ist es für die Kinder hilfreich, wenn die Pädagoginnen und Pädagogen in ihrem Spiel Bildungsprozesse differenziert wahrnehmen und diese theoretisch reflektieren können? Und: Was sollen sie dann mit ihren Erkenntnissen anfangen, wenn es doch gerade darum geht, die Kinder in ihrem Freispiel nicht zu stören?
Dieser vordergründig schwierige Balanceakt war Gegenstand des internationalen Forschungsprojekts PRIMEL. Es setzt an genau dieser kritischen Stelle der pädagogischen Unterstützung des kindlichen Spiels an und greift die Forderungen nach bereichsspezifischer Bildungsarbeit auf, wie sie in den Bildungsplänen Deutschlands und der Schweiz in unterschiedlichem Ausprägungsgrad verankert ist. Dabei wurden Kindern einerseits gezielte Angebote unterbreitet und andererseits Freispielsituationen ermöglicht, in denen die Erzieherinnen die Kinder bewusst nur begleiteten. Jedes Mal ging es um naturwissenschaftliche, mathematische und künstlerisch-ästhetische Bildung sowie um Bewegungserziehung. Inwieweit gelingt es den Erzieherinnen und den akademisch ausgebildeten Elementarpädagoginnen das Freispiel der Kinder einfühlsam und achtsam zu begleiten?
Das Forschungsprojekt PRIMEL untersuchte auch, welchen Effekt auf die Qualität der Freispielbegleitung sowie der Angebotsplanung und Angebotsgestaltung unterschiedliche Ausbildungsmodelle für pädagogische Fachkräfte im Elementarbereich in Deutschland (fachschulische und akademische Ausbildung) und der Schweiz (akademische Ausbildung) haben. In der Schweiz werden seit 2001 Elementar- und Primarpädagoginnen und -pädagogen an Pädagogischen Hochschulen gemeinsam ausgebildet. Die Universität Bremen ist die erste Universität in Deutschland, die seit 2005 einen gemeinsamen Bachelorstudiengang mit der Option Elementar- und Primarpädagogik eingerichtet hat. Zwischenzeitlich bilden insgesamt über 60 Studiengänge in Deutschland für den frühkindlichen Bereich aus, die meisten in Süddeutschland. Das Projekt PRIMEL untersuchte in der Bodenseeregion die unterschiedlichen Arbeitsweisen im Alltag, die aus den verschiedenen Ausbildungsgängen resultieren.
Wie immer steht im Anschluss an den Vortrag die Referentin zur Diskussion zur Verfügung.
Über die Referentin
Professorin Susanne Bosshart ist Dozentin für allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Sie leitet den Bereich Berufspraktische Studien. Von 2011 bis 2014 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt PRIMEL und davor zehn Jahre lang Projektleiterin Basisstufe im Kanton St. Gallen. Die Arbeitsschwerpunkte liegen bei den Themen Spiel, Didaktik der Elementarstufe, Beratung und Schulentwicklung.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich 12, Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Arbeitsgebiet Elementar- und Grundschulpädagogik
Prof.Dr. Ursula Carle
Dr. Heike Hegemann-Fonger
Tel.: 0421 218 69222
E-Mail: hegeprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
www.fruehpaedagogik.uni-bremen.de/fachgespraeche