80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Beitrag des Landeises zum Meeresspiegelanstieg im 21. Jahrhundert untersucht, der sich aus den Gletschern der Welt und dem grönländischen und antarktischen Eisschild ergibt. Erstautorin der Studie ist Dr. Tamsin Edwards vom King‘s College London (Großbritannien).
Die Studie verwendet viele Computermodelle in Kombination mit statistischen Techniken und macht Vorhersagen für die neuesten sozioökonomischen Szenarien. In Bremen wurde dazu die Arbeit von zehn internationalen Forschungsgruppen koordiniert, die mit insgesamt elf verschiedenen Modellen die zukünftigen Massenverluste der Gebirgsgletscher bestimmt haben. „In dieser Studie steckt der geballte Sachverstand der globalen Gemeinschaft der Gletschermodellierer“, erläutert der Klimageograph Professor Ben Marzeion von der Universität Bremen.
Die Ergebnisse fließen auch in den sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, deutsch: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) ein, der im Herbst veröffentlicht wird.
Laut den Ergebnissen könnten Verluste des grönländischen Eisschildes um zwei Drittel und die der Gletscher um die Hälfte reduziert würden. Voraussetzung ist, dass die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt wird – und nicht, wie andere mögliche Szenarien des IPCC berechnen, auf zwei oder mehr Grad.
Meeresspiegel steigt an, doch der Schaden lässt sich begrenzen
Dr. Tamsin Edwards, Direktorin des King's Climate Hub, sagte: „Im Vorfeld der COP26 im November dieses Jahres bekräftigen viele Nationen ihre Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des Pariser Abkommens. Der globale Meeresspiegel wird weiter ansteigen, selbst wenn wir jetzt alle Emissionen stoppen. Aber unsere Forschung legt nahe, dass wir den Schaden begrenzen können: Wenn die Zusagen ehrgeiziger wären, würde die mittlere Vorhersage für den Anstieg des Meeresspiegels im Jahr 2100 durch schmelzendes Eis von 25 auf 13 Zentimeter reduziert werden Wir wären zu 95 Prozent sicher, unter 28 Zentimetern zu bleiben, anstelle des derzeitigen oberen Endes des Unsicherheitsbereichs von 40 Zentimetern. Dies würde einen weniger starken Anstieg der Überschwemmungsgefahr an den Küsten bedeuten.“
Studie trägt zu einer genaueren Vorhersage des Meeresspiegelanstiegs bei
Gletscher und Eisschilde sind derzeit für etwa die Hälfte des globalen Meeresspiegelanstiegs verantwortlich, der Rest entsteht durch die Ausdehnung der Ozeane, wenn diese sich erwärmen. Frühere Vorhersagen hatten ältere Emissionsszenarien verwendet und konnten aufgrund der begrenzten Anzahl von Simulationen die Unsicherheit über die Zukunft nicht so gründlich untersuchen. Diese Studie aktualisiert die Szenarien und kombiniert statistisch alle Landeiskörper zu einem vollständigeren Bild, das die Wahrscheinlichkeit verschiedener Höhen des Meeresspiegelanstiegs vorhersagt.
Weitere Informationen:
Originalpublikation: Tamsin Edwards et al: Projected land ice contributions to 21st century sea level rise. Nature 2021. DOI: 10.1038/s41586-021-03302-y
http://www.marzeion.info
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Ben Marzeion
Institut für Geographie
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen
E-Mail: ben.marzeion@uni-bremen.de