Nr. 363 / 30. Oktober 2014 KG
Studierende der Universität Bremen wollen einen bedeutenden Repräsentanten des Bremer Bildungsbürgertums um 1800 dem Vergessen entreißen. Unter der Leitung von Christian Kämpf, Doktorand am Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik, haben sie sich in einem Forschungsseminar mit Leben und Werk von Wilhelm Christian Müller befasst. Nun sollen wertvolle Dokumente im Dommuseum ausgestellt werden.
Nachlass in der Staats-und Universitätsbibliothek
Keine Straße heißt in Bremen nach ihm. Das Focke-Museum hatte immerhin ein Porträt Müllers, das für die Ausstellung genutzt werden darf. Ein Teilnachlass des Bremer Domkantors, Pädagogen und Schriftstellers Wilhelm Christian Müller (1752 bis 1831) wird in der Staats- und Universitätsbibliothek verwahrt. Der wurde wissenschaftlich bislang noch nicht aufgearbeitet. Es ist ein Konvolut von handschriftlichen Dokumenten, Vortragsmanuskripten, Gelegenheitsgedichten, Libretti zu Dommusiken, Reisebeschreibungen, Briefen und illustrierten Elementarlehrbüchern. „Noten haben wir nicht gefunden, obwohl er Kantor war“, sagt Christian Kämpf, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut von Professor Ulrich Tadday. Es hatte erst im vergangenen Jahr mit dem sensationellen Fund von Brahms‘ Bremer Triumphlied bundesweit auf sich aufmerksam gemacht.
Initiator des bürgerlichen Kulturlebens der Hansestadt
Die Vielfalt des Nachlasses mit seinen Publikationen auf den Gebieten von Ästhetik, Geschichte und Pädagogik zeigen, dass der 1752 im thüringischen Wasungen geborene Müller ein universal begabter und tätiger Mann war. Er brachte das Bremer Bildungsbürgertum zwischen Spätaufklärung und Biedermeier in Bewegung. Auf verschlungenen Lebenswegen war der studierte Theologe zunächst als Lehrer an das berühmte Dessauer Philanthropinum gekommen, eine renommierte Reformschule. Dorthin ging der Ruf Bremischer Kaufleute, die für ihre Kinder eine fortschrittliche Bildung organisieren wollten. So wechselte Müller 1778 in die Hansestadt. Hier machte er schnell von sich reden. Er gründete sein eigenes erfolgreiches Erziehungsinstitut und wurde Domkantor. Müller gelang die Etablierung einer bürgerlichen Musikkultur, er richtete regelmäßige Privatkonzerte ein und gab ein „Bremisches Gesellschafts-Liederbuch“ heraus. Der inzwischen promovierte Philosoph gründete auch eine „Erziehungs-Lesegesellschaft“, in der die Bremer aufklärungspädagogischen Ideen diskutierten.
Beziehungen zu berühmten Zeitgenossen
Meist in Begleitung seiner Tochter, der Beethoven-Interpretin Elise Müller, unternahm Wilhelm Christian Müller ausgedehnte Reisen, die ihn unter anderem nach Frankreich und Italien führten. Drei umfangreiche Reisebeschreibungen in sechs Bänden sind dabei herausgekommen. Damals war das ein beliebtes literarisches Sujet. Unterwegs knüpfte er Beziehungen zu berühmten Zeitgenossen. Sie sollen in der Ausstellung im Dommuseum mit Briefen und Dokumenten auch unter Bremer Aspekten veranschaulicht werden. Er setzte sich mit dem Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi auseinander, verehrte den Philosophen Johann Caspar Lavater und kannte den Freiherrn Adolph Knigge sowie den Theologen Friedrich Schleiermacher. Müller besuchte Beethoven 1820 in Wien, traf Carl Philipp Emanuel Bach sowie Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Besondere Exponate der Ausstellung sind Original-Handschriften von Robert Schumann, eine Nachricht Beethovens an Müller und – eine Locke des berühmten deutschen Komponisten als Leihgabe aus dem Beethoven-Haus Bonn.
Die Ausstellung im Dommuseum
Interessierte können die Ausstellung „Der Bremer Domkantor, Pädagoge und Schriftsteller Wilhelm Christian Müller“ bis zum 7. Februar 2015 sehen. Der Eintritt ist frei. Sie wird von der Karin und Uwe Hollweg Stiftung gefördert. Das Dommuseum hat Montag bis Freitag von 10 bis 16.45 Uhr geöffnet, Samstag von 10 bis 13.30 Uhr und Sonntag von 14 bis 16.45 Uhr; www.stpetridom.de
Achtung Redaktionen: Medienvertreterinnen und Medienvertreter sind zur Ausstellungseröffnung am Sonntag, 9. November 2014, um 15 Uhr zur Berichterstattung eingeladen. Studierende werden dann ihre Vitrinen erläutern. Ein Porträt Wilhelm Christian Müllers (Stich um 1820) kann in der Pressestelle der Universität angefordert werden. Tel.: 0421 218 60150; presseprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Kulturwissenschaften
Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik
Christian Kämpf
Tel.: 0421 218 67761
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