Im Projekt „Visual History of the Holocaust: Rethinking Curation in the Digital Age“ („Visuelle Geschichte des Holocaust: Kuratieren im digitalen Zeitalter“), das vom Wiener Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Gesellschaft in enger Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Filmmuseum koordiniert wird, geht es um die Möglichkeiten und Grenzen digitaler Technologien bei der Bewahrung, Erschließung und Vermittlung von Dokumenten zum Holocaust.
Gedenkstätten beteiligt
Im Zentrum des Projekts stehen die raren filmischen Dokumente, die von alliierten Streitkräften in befreiten Konzentrationslagern sowie an anderen Stätten nationalsozialistischer Verbrechen angefertigt wurden. Obwohl sie nur einen bestimmten Aspekt des Holocaust zeigen, haben sie die leere Stelle der fehlenden Bilder besetzt und die Vorstellung vom Holocaust nachhaltig geprägt. Diese auf Archive in den USA, Großbritannien, Russland und anderen früheren Sowjetrepubliken verstreuten Filmdokumente werden erstmals zentral zusammengeführt, nach neuesten Kriterien digitalisiert, analysiert und erschlossen. Sie sollen in weiterer Folge mit Fotografien, Schriftdokumenten, Oral History Interviews mit Überlebenden, Kameraleuten und anderen Zeugen, aber auch mit später produzierten filmischen Werken verknüpft werden. Ein Ziel ist die Herstellung neuer Sinnzusammenhänge für die Forschung in Fachgebieten wie Geschichte, Film- und Medienwissenschaft, Cultural Studies und Computerwissenschaft. Darüber hinaus werden neuartige Vermittlungsanwendungen für Gedenkstätten, Museen und Bildungseinrichtungen erprobt. Mehrere Gedenkstätten sind als Partner direkt am Konsortium beteiligt: die KZ Gedenkstätte Dachau, die KZ-Gedenkstätte Mauthausen und die Gedenkstätte Bergen-Belsen.
Auswahl nach ethischen Grundlagen
„Die Befreiungsarmeen haben in den Lagern zum Beispiel Leichenberge aufgenommen“, sagt Professor Winfried Pauleit. Das erschütternde Material wurde laut Pauleit zum Teil bereits für Aufklärungsarbeit genutzt. In dem großen Digitalisierungsprojekt soll es jetzt systematisch aufgearbeitet werden. Wichtig seien die Auswahl, was man zeigen könne, und das Festlegen ethischer Grundlagen. Das Bremer Forschungslabor „Film, Medienkunst und Populärkultur“ am Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) ist vom Wiener Ludwig Boltzmann Institut im vergangenen Jahr eingeladen worden, gemeinsam den Forschungsantrag bei der EU zu stellen. „Unsere Arbeit insbesondere in der Filmvermittlung ist dort seit 15 Jahren bekannt“, sagt Professor Pauleit. Er verweist auf die Buchreihe „Bremer Schriften zur Filmvermittlung“, die seit 2006 ständig ergänzt wird und in der Fachwelt einen guten Ruf hat.
Das Projekt „Visual History of the Holocaust: Rethinking Curation in the Digital Age“ wird im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 mit fünf Millionen Euro gefördert. Die Projektlaufzeit beträgt vier Jahre mit Start im Januar 2019.
Weitere Informationen:
http://www.kunst.uni-bremen.de
http://www.film.uni-bremen.de
http://www.zemki.uni-bremen.de
Fragen beantworten:
Prof. Dr. Winfried Pauleit
Forschungslab „Film, Medienkunst und Populärkultur“
Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI)
Universität Bremen
Tel. +49 (0)421 218-67720
E-Mail: pauleit@uni-bremen.de
Dr. Rasmus Greiner
Tel.: +49-421-218-67725
E-Mail: rgreiner@uni-bremen.de
Über das Forschungslab:
Das Forschungslab „Film, Medienkunst und Populärkultur“ im Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) an der Universität Bremen arbeitet seit vielen Jahren im Bereich Filmwissenschaft und Filmvermittlung. Die filmwissenschaftliche Forschung zeichnet sich durch einen interdisziplinären Zugang und den Dialog mit der Gesellschaft aus. Geforscht wird in Zusammenarbeit mit lokalen und internationalen Archiven und Museen, sowie in Kooperation mit der Kunstwissenschaft, der Geschichtswissenschaft, der Informatik, der Kommunikations- und Medienwissenschaft, der Kulturwissenschaft und der Medienpädagogik. Es ist dem Wissenschaftsschwerpunkt Minds, Media, Machines der Universität Bremen zugeordnet.