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Was geschieht, wenn Bürger die Gestaltung ihres Stadtteils selbst in die Hand nehmen?

Neue Fallstudie des Instituts Arbeit und Wirtschaft der Uni Bremen untersuchte Beispiele in drei Städten / Standortgemeinschaften sind kein Ersatz für Kommunalpolitik

Nr. 331 / 6. Oktober 2014 KG

Wissenschaftler des Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen haben in einer Forschungsstudie neue Instrumente der Stadtentwicklung analysiert. Günter Warsewa und René Böhme untersuchten Standortgemeinschaften, in denen Bürger finanziell und gestalterisch an der Entwicklung ihrer Wohnquartiere beteiligt werden. Diese „Urban Improvement Districts“ so der Fachbegriff, haben sie als neues Element partizipativer Stadtgestaltung in Bremerhaven-Lehe, Hamburg-Steilshoop und Dortmund-Nordstadt drei Jahre lang verfolgt. Die Studie, die jetzt unter dem Titel „Urban Improvement Districts als Instrumente lokaler Governance“ erschienen ist, wurde von der Arbeitnehmerkammer Bremen finanziert.

Ergebnisse der Fallstudien:

Die Wissenschaftler stellten sich die Ausgangsfrage: Was passiert, wenn Bürgerinnen und Bürger die Gestaltung ihres Stadtquartiers selbst in die Hand nehmen, selbst über Entwicklungen entscheiden und Maßnahmen selbst finanzieren? Die Hoffnungen richten sich auf eine Entlastung von Politik und kommunalen Haushalten, auf schnellere und bürgernähere Entscheidungen. Befürchtet werden dagegen Kirchturmspolitik sowie undemokratische und sozial unausgewogene Verfahren, bei denen sich die „Lautesten“ oder die „Wohlhabendsten“ mit ihren Interessen durchsetzen.

Beide Erwartungen treffen jedoch in der Wirklichkeit nicht ein, so das Ergebnis. In allen drei untersuchten Stadtteilen ging es darum, Bürger verstärkt an der Finanzierung von Stadtgestaltung zu beteiligen und ihnen im Gegenzug dafür mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenzen einzuräumen. Insofern geht diese Praxis tatsächlich deutlich über die herkömmlichen Beteiligungsangebote in der Kommunalpolitik hinaus. Im Vergleich der Fallstudien zeigte sich, dass die Reichweite und Wirksamkeit von „Urban Improvement Districts“ begrenzt ist. Als Instrumente einer kleinteiligen und beteiligungsorientierten Stadtgestaltungspolitik können sie jedoch vor allem dann neue Handlungskapazitäten erschließen, wenn sie als Ergänzung und nicht als Ersatz für formelle Kommunalpolitik verstanden werden. Auf diese Weise wird auch der Verselbständigung von Organisations- und Entscheidungsprozessen wirksam begegnet und die soziale und politische Kontrolle von Quartiersentwicklungen gewährleistet.

Die Studie ist unter dem Titel „Urban Improvement Districts als Instrumente lokaler Governance“ erschienen und steht auf der Homepage des IAW zum Download bereit http://www.iaw.uni-bremen.de/redirect/?oid=NewsItem-id-5207042 oder kann unter infoprotect me ?!iaw.uni-bremenprotect me ?!.de bestellt werden.

Weitere Informationen:

Universität Bremen / Arbeitnehmerkammer Bremen
Institut Arbeit und Wirtschaft
Dr. Günter Warsewa
Tel.: 0421 218 61700/61703
E-Mail: gwarsewaprotect me ?!iaw.uni-bremenprotect me ?!.de