Nr. 142 /13. Mai 2011 RO
Der international renommierte Osteuropahistoriker Dr. Wolfgang Eichwede, emeritierter Professor für Politik und Zeitgeschichte sowie Gründungsdirektor der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, ist der Preisträger des Aleksandre-Men-Preises 2011. Die Auszeichnung, die mit 2.500 Euro dotiert ist, wird dem Bremer Wissenschaftler am 18. Mai in Moskau verliehen. Mit dem Preis werden Menschen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise um den Austausch zwischen Russland und Deutschland verdient gemacht haben. Bisherige Preisträger sind unter anderem die Schriftsteller Lew Kopelew, Tchingis Aitmatow, Ljudmila Ulizkaja, Gerd Ruge, Michail Gorbatschow sowie zuletzt die Komponistin Sofia Gubaidulina.
Eichwede, der in den Jahren der osteuropäischen Umbrüche über längere Zeit in Moskaus gelebt und gearbeitet hat, trug durch seine Publikationen und seine Beiträge in Presse, Rundfunk und Fernsehen wesentlich zu einem angemessenen Osteuropabild in der deutschen Öffentlichkeit bei. Dies war auch möglich, weil die Bremer Forschungsstelle Osteuropa ein weltweit anerkanntes und umfassendes Archiv an Samizdat-Kulturen zusammenzutragen hat: verbotene künstlerische, literarische und wissenschaftliche Produktionen aus Polen, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Ungarn und der DDR, worin sich das unabhängige künstlerischen und intellektuelle Schaffen des Untergrunds jenseits der Zensur manifestierte.
Der Begriff der Samizdat-Literatur begleitet Eichwede bis heute: Unter seiner Leitung hat ein international zusammengesetztes Forschungsprojekt Dissens und Kultur im östlichen Europa vergleichend untersucht. Die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr in vier Bänden vorgelegt werden. Außerdem schreibt er an einer Geschichte der Samizdat-Kulturen in der Sowjetunion. Wie viele Men-Preisträger bisher kann auch der russisch-orthodoxe Erzpriester Aleksandre Men selbst zu den Samizdatvertretern gezählt werden, der mit seinen Schriften Zivilcourage gezeigt hat. Men wurde 1990 von einem Attentäter getötet. Eichwede seinerseits hat mit der „Arbeitsgruppe Sowjetische Kulturgüter“ in den 90er Jahren gegen große Widerstände dafür Sorge getragen, dass auch die sogenannte „Beutekunst“ nicht zum Stolperstein, sondern zum Brückenschlag wurde.
Für seine Forschungsarbeit hat der Historiker eine Reihe von Auszeichnungen erhalten, so 2002 den ungarischen Staatspreis für Kultur, der traditionell nur an hochrangige ausländische Politiker vergeben wird, sowie 2003 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Das Verdienstkreuz erhielt er in Anerkennung seines Wirkens im Rahmen der vom Bundespräsidenten angeregten „Potsdamer Begegnungen“ des Deutsch-Russischen Kulturforums sowie für sein Engagement zugunsten der Einbindung russischer Studenten und Dozenten in deutsche Forschungs- und Ausbildungsprogramme.
Wolfgang Eichwede, geboren 1942 in Friedrichshafen am Bodensee, studierte Geschichte, Politik, Philosophie und Slawistik in Tübingen, Heidelberg und Berlin. 1974 wurde er Professor für Politik und Zeitgeschichte Osteuropas an der Bremer Universität (bis zur Emeritierung 2007). Von 1982 bis 2008 leitete er dort als Gründungsdirektor die Forschungsstelle Osteuropa. Seine Forschungsschwerpunkte waren der Wandel in Kultur und Gesellschaft Osteuropas, insbesondere der Sowjetunion und Russlands nach 1953, sowie die Sowjetisch/russisch-deutschen Beziehungen im 20. und 21. Jahrhundert. Er ist als Berater und Beirat auf nationaler und internationaler Ebene tätig, unter anderem als Mitglied des Advisory Board der European Cultural Foundation (Amsterdam), sowie Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Reihen.
Achtung Redaktionen: Für Interview-Anfragen steht Professor Wolfgang Eichwede per E-Mail zur Verfügung: wolfgang.eichwedeprotect me ?!googlemailprotect me ?!.com . Ein digitales Foto ist in der Uni-Pressestelle unter E-Mail presseprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de erhältlich.