Welche Angebote gibt es in Bremen für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge, die psychologische Betreuung benötigen? Diese Frage beschäftigte die drei Schülerinnen Sonja Breitenstein, Lena Ordemann und Aenne Höhr sowie den französischen Austauschschüler Tancrède Maytié des Kippenberg-Gymnasiums. Was lag näher, als erstmal im Internet und in Zeitungen zu recherchieren. Hier erfuhren sie zwar ein paar Fakten – etwa, dass grundsätzlich alle Kinder und Jugendlichen in Bremen bei Bedarf einen Anspruch auf eine psychologische Betreuung haben. „Aber auch, dass es insgesamt zu wenig Anlaufstellen gibt“, sagt Sonja Breitenstein. Insbesondere mehrsprachige Angebote seien rar. Es fehle an Geld und Personal, fanden sie in Interviews heraus.
Noch nie gemacht
Diese zu organisieren war für die 14- und 15-Jährigen eine der größten Herausforderungen in dem Projekt: Wie und wo fanden sie die passenden Gesprächspartner? Welche Fragen sollten sie ihnen stellen? Zudem war es eine Überwindung für sie, an fremde Menschen E-Mails mit ihren Anfragen zu schicken oder sie anzurufen. „So etwas haben wir noch nie gemacht“, sagt Aenne Höhr. Schließlich hatten sie drei Interviewpartner gefunden: eine Person, die die Vormundschaft für einen jungen Flüchtling hat, eine Psychologin, die in einem Flüchtlingsheim arbeitet, und den Geschäftsführer einer Organisation, die sich speziell um Migranten und Flüchtlinge kümmert. „Die Gespräche waren sehr interessant und aufschlussreich für uns“, so Lena Ordemann. Auch wenn sie manchmal Hemmungen hatten, noch näher nachzufragen.
Studierende bereiteten Interviews mit vor
„Diese Erfahrungen sind ganz normal und wichtig“, sagt die Lehramtsstudentin Anna-Lena Schmidt. Zusammen mit ihrer Kommilitonin Elena Ried hat sie die Schülergruppe das Schulhalbjahr betreut. Regelmäßig sind sie einmal pro Woche in den Kurs Gesellschaftswissenschaften am Kippenberg-Gymnasium gekommen und haben mit der Schülergruppe besprochen, wie man die Forschungsfragen bearbeitet und am Ende die Ergebnisse präsentiert. Zudem organisierten sie für alle Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer einen Workshop, in dem sie lernten, wie man Interviews vorbereitet und führt. „Im Prinzip haben wir sie an das forschende Lernen herangeführt“, so Elena Ried. Die Schülerbetreuung haben die Studentinnen im Rahmen ihres Praxissemesters gemacht, die alle Lehramtsstudierenden im Master absolvieren.
Anders als in Frankreich
„Wir haben viel gelernt“, sagt Sonja Breitenstein – vor allem, selbständiger zu arbeiten und sich besser zu organisieren, sagte sie schmunzelnd. „Das Projekt hat unser Selbstbewusstsein gepuscht“, fügt Aenne Höhr hinzu. Neues hat auch der beteiligte französische Austauschschüler Tancrède Maytié mitnehmen können. „Ich kenne so etwas aus meiner Schule nicht“, sagt der 15-Jährige. „Bei uns spricht meist nur der Lehrer und wir hören zu.“
Präsentation in der Stadt und an der Uni
Ihre Premiere hatte die Schülergruppe dann im Haus der Wissenschaft: Im Rahmen der Veranstaltung „Forum Wissenschaft und Schule“ gehörten sie zu einer Auswahl an Gruppen, die ihre Arbeiten präsentierten. Einen Tag später folgte dann die traditionelle Präsentation aller Projekte im Foyer des Gebäudes GW2 auf dem Uni-Campus.
Projekt wird weiter entwickelt
„Es war wieder sehr beeindruckend, wie viele tolle Ergebnisse die Schülerinnen und Schüler mit unseren Studierenden erarbeitet haben“, sagt der Leiter des Projekts, Professor Andreas Klee. „Ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz!“ Nach dem 5. Durchgang des Stadtforscher-Projekts wollen er und sein Kollege und Mitinitiator des Projekts, Burkhard Sachse, jetzt eine Zesur machen. „Wir wollen das Projekt weiter entwickeln“, so Klee. Ein Aspekt sei etwa, wie man besonders engagierte Schülerinnen und Schüler nach Abschluss des Projekts weiter an der Uni fördern könne. Auf der anderen Seite wolle man Ideen sammeln, wie man weniger motivierte Schülerinnen und Schüler besser begleiten könne, so der Politikwissenschaftler.