Der jährlich veröffentlichte BARMER-Pflegebericht bewertet die aktuelle Pflegepolitik und erfasst die Situation der Pflege. Für den Bericht werteten Professor Heinz Rothgang und Dr. Rolf Müller vom SOCIUM der Universität Bremen Daten aus der Pflege- und Kassenstatistik sowie der BARMER umfassend aus. Das Ergebnis: Pflegebedürftige werden immer länger gepflegt, so dass die Kosten weiter ansteigen.
Menschen sind länger pflegebedürftig – Pflegekosten werden weiter steigen
Im Mittelpunkt des diesjährigen Schwerpunktkapitels stehen die steigende Pflegedauer und die damit verbundenen Kosten, die für das Pflegeversorgungssystem zu erwarten sind. Der Vergleich der Daten von im Jahr 2022 verstorbenen Pflegebedürftigen mit Vorausberechnungen der Pflegedauer für Menschen, die im Jahr 2022 neu pflegebedürftig geworden sind, zeigt, dass ein deutlicher Anstieg der Pflegedauer zu erwarten ist. Von den 2022 verstorbenen BARMER-Versicherten haben 77 Prozent Leistungen der Pflegeversicherung bezogen. Diese Leistungen wurden durchschnittlich über 3,8 Jahre bezogen. Bei den 2022 erstmals Pflegebedürftigen wird die Pflegedauer mithilfe der Sterbetafelmethode aus den Querschnittsdaten vorausberechnet– mit der gleichen Methode, mit der das Statistische Bundesamt die Lebenserwartung Neugeborener berechnet. Demnach ist für diese 2022 erstmals Pflegebedürftigen mit einer Pflegedauer von 7,5 Jahren zu rechnen, also einem fast doppelt so hohen Wert.
Die gestiegene Pflegedauer ist auch eine Folge des erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriffs, nach dem körperlich, kognitiv und psychisch beeinträchtigte Menschen gleichbehandelt werden und somit schon früher und damit auch länger pflegerische Leistungen erhalten. Insgesamt kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Pflegedauern um 100 Prozent und die Ausgaben um 50 Prozent steigen. Die Ausgaben steigen weniger stark, da die zusätzlichen Zeiten in Pflegebedürftigkeit vor allem in niedrigen Pflegegraden und mit dem Bezug von Pflegegeld verbracht werden, was deutlich geringere Ausgaben mit sich bringt als Pflegesachleistungen durch ambulante Pflegedienste oder die Heimpflege.
Langfristige Finanzierungssicherheit für die Pflegeversicherung notwendig
Neben der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen durch die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren und den steigenden Kosten durch mehr Personal und höhere Löhne in der Pflege, müssen also auch längere Pflegezeiten für die Kostenentwicklung der Pflege berücksichtigt werden. Durch letztere steigen die Gesamtausgaben der Sozialen Pflegeversicherung pro Pflegebedürftigen zusätzlich. Die Pflegeversicherung brauche langfristig deutlich mehr finanzielle Mittel. „Die jüngst angeschobene Beitragserhöhung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kann höchstens kurzfristig Abhilfe schaffen und bestenfalls das kommende Jahr überbrücken. Für eine langfristige Finanzierungssicherheit braucht es eine Finanzierung aus Steuermitteln und einen Finanzausgleich mit der Privaten Pflegeversicherung“, kommentiert Professor Rothgang anlässlich der Veröffentlichung des Pflegereports.
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Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgangprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
Dr. rer. pol. Rolf Müller
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Tel.: +49 421 218-58554
E-Mail: rmintprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de