Frau Milevski, woran arbeiten Sie derzeit?
Gerade habe ich einen Aufsatz zur Darstellung von sexualisierter Gewalt in der Literatur des 19. Jahrhunderts fertig gestellt, der bald im Sammelband „Text/Körper“ erscheinen wird. Dieses Thema begleitet mich seit meiner Promotion über Erzählweisen von vergeschlechtlichter Gewalt in deutschsprachigen Romanen um 2000. Außerdem gebe ich ein Seminar zu postsowjetischen Erinnerungsdiskursen in Literatur, Theater und Film, das mir großen Spaß macht und an ein aktuelles Forschungsprojekt mit einer Kolleg:in der Universität Trier anknüpft, in dem es um Literatur osteuropäischer Prägung geht, die Erinnerung und Identität grenzüberschreitend inszeniert – transnational, transgenerational, aber auch transgender. Schließlich finalisiere ich mit der Arbeitsgruppe „Plausibilisierung von literaturwissenschaftlichen Interpretationen“ (ArguLit, Universität Göttingen) gerade unsere Publikation mit spannenden Ergebnissen über das literaturwissenschaftliche Arbeiten und Argumentieren.
Warum haben Sie sich für den Karriereweg „(Senior) Researcher/Lecturer“ entschieden?
Lehre und Forschung gehören für mich eng zusammen, sodass das Stellenprofil des Lecturers für mich sehr gut passt. Ich habe die meisten Freiheiten, die auch eine Professur besitzt, kann eigenes Geld einwerben und ausgeben, eigenverantwortlich arbeiten und bin durch den Schwerpunkt in der Lehre trotzdem nicht so stark in der Pflicht, immer neue Drittmittelanträge zu formulieren – selbst dann, wenn die Kreativität das mal nicht zulässt. Außerdem bietet diese Stelle eine echte Alternative zur Professur, die mir die Sicherheit gibt, Lehrprojekte, Studiengangsentwicklung und Forschungsvorhaben längerfristig zu planen und zu verfolgen.
Würden Sie sich wieder für diesen Karriereweg entscheiden und wenn ja, warum?
Ja, ich würde mich wieder für die Position als Lecturer entscheiden. Die Diskussionen um das WissZeitVG, um #ichbinhanna und #ichbinreyhan, haben deutlich gezeigt, dass im Bereich des akademischen Mittelbaus dringender Handlungsbedarf besteht. Strukturen und Stellenprofile müssen verändert werden, um ein funktionierendes akademisches System zu schaffen und zu erhalten. Die Bremer Stellenprofile, die (Senior) Researcher und Lecturer, sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Ich bin natürlich stolz, Teil einer Initiative zu sein, die die aktuellen Missstände in der Academia ernst nimmt.