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Pflegereport: Immer mehr Pflegebedürftige in Kliniken

Immer mehr pflegebedürftige Menschen werden ins Krankenhaus eingewiesen. Das wäre häufig vermeidbar. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige Pflegereport, den das SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen im Auftrag der BARMER Krankenkasse erstellt hat.

Am Dienstag, 5.12.2023, wurde in Berlin der diesjährige BARMER Pflegereport vorgestellt. Schwerpunkt war in diesem Jahr die Situation Pflegebedürftiger im Krankenhaus. Die SOCIUM-Autoren, die Gesundheitsökonomen Professor Heinz Rothgang und Dr. Rolf Müller, haben für den aktuellen Report Daten aus der Pflegestatistik und Routinedaten der BARMER wissenschaftlich ausgewertet. Sie liefern vertiefende Untersuchungen zu Fallzahlen, Inzidenzen, Prävalenzen und Pflegeverläufen.

Pflegebedürftige machen rund ein Viertel der Patient:innen in Krankenhäusern aus

Die Autoren der Studie haben festgestellt: Mit einem höheren Alter werden nicht nur eine Pflegebedürftigkeit, sondern auch ein Krankenhausaufenthalt wahrscheinlicher und oft wird erst durch eine Krankenhausaufnahme eine Pflegebedürftigkeit festgestellt. In den Jahren 2017 bis 2022 sind jährlich relativ konstant zwischen 260.000 und 276.000 Personen im Monat einer Krankenhausaufnahme pflegebedürftig geworden. Die Zahl der Krankenhausfälle von bereits Pflegebedürftigen ist hingegen deutlich gestiegen – von 2,71 Millionen im Jahr 2017 auf 3,45 Millionen im Jahr 2022.  Insgesamt ist der Anteil der Pflegebedürftigen an allen Patient:innen im Krankenhaus von 17,4 Prozent auf 25,3 Prozent gestiegen.

Jährlich über eine Million potenziell vermeidbare Krankenhausfälle durch Pflegebedürftige

Über eine Million Krankenhausaufenthalte Pflegebedürftiger wären potenziell vermeidbar, so die Einschätzung der Bremer Forscher.  Dazu gehören zum Beispiel Krankenhausaufnahmen wegen Diabetes mellitus, Typ 2, Volumenmangel, Herzinsuffizienz, sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit und sonstige Krankheiten des Harnsystems. Neben der pflegerischen und medizinischen Versorgung könnten hier auch  die Mitwirkung der Pflegebedürftigen sowie das individuelle Gesundheitsverhalten eine Rolle spielen.

Plötzlich pflegebedürftig – was kommt nach dem Krankenhaus?

Wenn ein Pflegebedarf im Krankenhaus festgestellt wird, ist dieser häufig mit relativ plötzlich auftretenden, schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs oder Schlaganfall verbunden. Die Pflegegrade sind dann meist höher als in anderen Situationen, in denen eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird. An den Krankenhausaufenthalt schließt in diesen Fällen die Frage nach der weiteren Versorgung an, auf die das häusliche Umfeld oft nicht vorbereitet ist. Mehr als die Hälfte (53,5 Prozent) der Personen, bei denen im Zuge ihres Krankenhausaufenthaltes eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird, wird nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ausschließlich informell gepflegt, das heißt ohne Leistungen von ambulanten Pflegediensten, Versorgung in Pflegeeinrichtungen. 39,8 Prozent beziehen Pflegesachleistung und 6,4 Prozent gehen in die vollstationäre Dauerpflege. Zudem nutzt jede siebte Person (14,2 Prozent) im Anschluss Kurzzeitpflege. Von diesen wird einen Monat später die Hälfte der Pflegebedürftigen vollstationär versorgt. Die Kurzzeitpflege hat hier die Funktion der Überbrückung, bis die adäquate Versorgung organisiert ist.

Veränderungen auch für schon Pflegebedürftige

Bei Pflegebedürftigen erhöht sich nach dem Krankenhausaufenthalt häufig der Pflegegrad. Dadurch können Angehörige auch hier vor der Frage nach einem veränderten Versorgungsbedarf stehen. Schon im Monat der Krankenhausentlassung nehmen 5,6 Prozent der bislang informell versorgten Pflegebedürftigen einen Pflegedienst in Anspruch und 2,7 Prozent ziehen in ein Pflegeheim. Von den Pflegebedürftigen, die bislang durch Pflegedienste versorgt werden, ziehen sogar 8,1 Prozent schon im Entlassungsmonat in ein Pflegeheim um. Von den bisherigen Nutzern der Pflegedienste nutzen 15,7 Prozent direkt nach der Entlassung auch die Kurzzeitpflege, welche auch bei diesen Pflegebedürftigen sehr häufig als Überbrückung in die vollstationäre Dauerpflege genutzt wird.

Krankenhausaufenthalte sind für Pflegebedürftige deutlich länger

Durch die Suche nach einer passenden Pflege können sich die Entlassungen aus dem Krankenhaus verzögern. Dabei liegt es im Interesse der Krankenhäuser, Krankenkassen und Pflegebedürftigen den Krankenhausaufenthalt so kurz wie möglich zu halten. Die Autoren des Pflegeberichts konstatieren, dass ein Entlassungsmanagement der Krankenhäuser zwar bei dem Übergang helfen sollen, aber häufig daran scheitert, dass es zu  wenige Plätze in den Pflegeeinrichtungen gebe. Häufig beginne das Entlassungsmanagement auch zu spät und zu unkoordiniert.

Weitere Informationen:

Pflegereport: https://www.socium.uni-bremen.de/uploads/News/2023/BARMER/20231205_BARMER_Pflegereport_2023_neu.pdf

Fragen beantworten:

Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgangprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Dr. rer. pol. Rolf Müller
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Tel.: +49 421 218-58554
E-Mail: rmintprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Krankenschwester sitzt am Bett einer älteren Patientin
Mit einem höheren Alter werden nicht nur eine Pflegebedürftigkeit, sondern auch ein Krankenhausaufenthalt wahrscheinlicher und oft wird erst durch eine Krankenhausaufnahme eine Pflegebedürftigkeit festgestellt.