Nr.306 / 16. September 2014 KG
Ein Autorenteam um Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen (ZeS) hat heute in Berlin den BARMER GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014 vorgestellt. Es ist der zehnte in Folge. Dabei werden Daten von mehr als neun Millionen Versicherten der BARMER genutzt, um Trends beim Umfang der Verordnungen und deren Kosten festzustellen. Zu den Heil- und Hilfsmitteln gehören Physiotherapien, Hörgeräte und Adaptionshilfen wie Anzieh-, Greif- und Lesehilfen, aber auch die Versorgung von Patienten mit einem künstlichen Darm- oder Harnblasenausgang (Stoma). Heil- und Hilfsmittel sollen Behinderungen vorbeugen oder ausgleichen sowie Verschlimmerungen von Krankheiten oder Behinderungen verhindern. Mit ihrer Anwendung kann häufig eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden. Obwohl diesen Leistungen insbesondere in einer von chronischen Krankheiten geprägten Gesellschaft längeren Lebens eine immer größere Bedeutung zukommt, ist ihr Markt von Intransparenz und regionalen Unterschieden geprägt.
Versorgung pro Versichertem wird teurer
Der BARMER GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014 berichtet über den Verordnungsumfang und die Ausgaben im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr: Für Heilmittel wurden 774 Millionen Euro ausgegeben, das ist ein Zuwachs von 5,6 Prozent. Für Hilfsmittel gab die Kasse 867 Millionen Euro aus, das ist im Vergleich zu 2012 ein Zuwachs von 10,2 Prozent. Auffällig an diesen Steigerungen ist, dass die Zunahme der Anzahl der Versicherten, die solche Leistungen erhielten, deutlich geringer ausfällt als diese Steigerungsraten. Das heißt, die Versorgung pro Versichertem wird zunehmend teurer. So unterstreichen die steigenden Hilfsmittelausgaben die Bedeutung eines Marktes, der für Hersteller und Anbieter immer lukrativer wird. Anders als bei Arzneimitteln, die einen Zulassungsprozess durchlaufen müssen, bevor sie in der ärztlichen Versorgung beim Patienten angewendet werden, reicht bei der überwiegenden Anzahl von Medizinprodukten und Hilfsmitteln lediglich eine Selbsterklärung der Hersteller. Sie erhalten dann ein CE-Kennzeichen, das als Voraussetzung für die europäische Vermarktung der angebotenen Produkte nachgewiesen werden muss. Der Nachweis eines Patientennutzens über längere Zeit gehört dagegen nicht zu den Anforderungen. Professor Glaeske: „Das ist ein unhaltbarer Zustand“. Neben der Forderung nach einer substanziellen Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung liefert der Report des ZeS Vorschläge für begleitende Maßnahmen, mit denen Qualität und Transparenz der Hilfsmittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung verbessert werden könnten.
Unterversorgung chronischer Wunden
In speziellen Kapiteln des Reports untersuchen die Bremer Gesundheitsforscher neben den allgemeinen Trends noch ausgewählte Themen einer alternden Gesellschaft mit einer hohen chronischen Krankheitslast. Sie widmen sich dabei regionalen Versorgungsaspekten. So decken sie eine Unterversorgung chronischer Wunden auf, denn nur 40 Prozent der Betroffenen erhielten eine Kompressionstherapie. Das ist der Einsatz von Druckbinden und speziellen Strümpfen. Außerdem zeigen die Analysen, dass 75 Prozent der Risikopatienten mit Diabetes mellitus nicht mit medizinischer Fußpflege (Podologie) therapiert wurden. Auch die Versorgung mit Blutzuckerteststreifen unterscheidet sich innerhalb der Bundesländer erheblich.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Zentrum für Sozialpolitik
Kristin Sauer,
Tel.:0421 218 58513
E-Mail: ksauerprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de
Prof. Dr. Gerd Glaeske,
Tel.:0421 218 58558
E-Mail: gglaeskeprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de