Professor Lucio Colombi Ciacchi ist sehr zufrieden. Vor vier Jahren hat der Materialwissenschaftler der Universität Bremen im Rahmen des Programms „U Bremen Excellence Chairs“ mit Erfolg eine Gastprofessur für seinen namhaften Kollegen Nicola Marzari von der Schweizer Ecole Federale Polytechnique de Lausanne (EPFL) beantragt. Seither forschen die beiden Wissenschaftler und ihre Mitarbeitenden am MAPEX Center for Materials and Processes gemeinsam an den Materialien der Zukunft.
„Die Kooperation läuft bestens“, fasst Colombi Ciacchi die ersten vier Jahre zusammen – und freut sich nun, dass die ergiebige Zusammenarbeit fortgeführt werden kann. Nach zwei Evaluationsverfahren hat die Universität Bremen sieben der seit 2019 existierenden U Bremen Excellence Chairs drei weitere Jahre Förderung (1. Januar 2023 – 31. Dezember 2025) zugesprochen. „Nicola Marzari ist immer wieder mit Blockaufenthalten in Bremen, um gemeinsam mit seinen Doktoranden und Postdocs Forschungsfragen zu diskutieren und sie anzuleiten. Ebenso sind seine Mitarbeitenden mehrere Wochen im Jahr in Lausanne zu Gast.“ Alle profitieren bei diesem internationalen Austausch von den besonderen Kenntnissen, die Marzari beim Materialdesign auf Basis der grundlegenden Elektronenstrukturtheorie hat.
Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Material-Experten in Bremen und Lausanne ist nur eines von mehreren Beispielen, wie sinnvoll und produktiv die 2019 eingerichteten U Bremen Excellence Chairs sind. Im Falle von Nicola Marzari wird die erfolgreiche Kooperation mit internationalen Spitzenkräften sogar noch dadurch getoppt, dass der Italiener aus dem Exzellenzprojekt an der Uni Bremen heraus einen Projektantrag für eine weitere Forschungsfrage bei der Europäischen Union gestellt hat. „Dieser Antrag war erfolgreich, was in den kommenden Jahren zusätzlich 800.000 Euro und weitere Stellen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an die Bremer Uni bringt“, freut sich Colombi Ciacchi.
Was sind die U Bremen Excellence Chairs?
Die U Bremen Excellence Chairs sind international renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an der Universität Bremen eine eigene Arbeitsgruppe aufgebaut haben und hier gemeinsam mit ihnen und weiteren Kolleginnen und Kollegen zu einem ausgewählten Thema forschen. Diese „Exzellenzlehrstühle“ werden im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern von 2019 bis 2025 finanziert. Sie wurden als strategisches Mittel durch die Universität Bremen eingeführt.
Mit dem erfolgreichen Clusterantrag des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften – im Rahmen der Exzellenzstrategie konnten drei aus der Clusterförderung finanzierte Excellence Chairs am MARUM eingerichtet werden. Das erfolgreiche Cluster eröffnete der Universität Bremen die Möglichkeit, eine Pauschale für die eigene strategische Ausrichtung und Stärkung zu erhalten – die sogenannte Universitätspauschale von jährlich 1 Million Euro. Das Land Bremen verstärkt diese Förderung um weitere 500.000 Euro pro Jahr. Diese Mittel für die Universität setzt diese für weitere acht Excellence Chairs ein, die nach zwei aufeinanderfolgenden Auswahlrunden ihre Kooperationen aufgenommen haben.
Schub für die internationale Zusammenarbeit
„Unser Bestreben, der Wissenschaft in Bremen und der internationalen Zusammenarbeit unserer Universität einen weiteren großen Schub zu geben, ist aufgegangen“, sagt Professor Michal Kucera, Konrektor für Lehre und Forschung der Bremer Uni. „Wir binden mit den Excellence Chairs in wissenschaftlich hochinteressanten Gebieten sehr erfolgreiche Forscherinnen und Forscher aus anderen Ländern an uns und intensivieren zugleich die fachliche Zusammenarbeit. Beide Seiten profitieren dabei von den jeweiligen Netzwerken der Beteiligten.“
Von Anfang an sah das Konzept eine langfristige Ausrichtung vor. Dafür bedurfte es aber einer fundierten Überprüfung von Arbeit und Ergebnissen, die für die ersten sieben bewilligten ExChairs Anfang 2022 stattfand. Mit dem erfreulichen Ergebnis, dass die Gastprofessuren fortgeführt werden können. Neben der eingangs beschriebenen Professur von Nicola Marzari forschen über die Universitätspauschale für drei weitere Jahre in diesem Kooperationsprogramm:
• Professor Petar Popovski, Universität Aalborg (Dänemark), Elektrotechniker, Forschungsthema: Kommunikationssysteme. Sein Gastgeber ist Professor Armin Dekorsy (AG Nachrichtentechnik, Fachbereich Physik/Elektrotechnik). Gemeinsam arbeitete man in den ersten vier Jahren an dem dreidimensionalen Mobilfunknetz, bei dem künftig nicht nur Verbindungen durch Masten am Erdboden, sondern auch durch Drohnen, Ballons, Flugzeuge und vor allem Satelliten hergestellt werden. Im Verlängerungszeitraum wird man sich verstärkt der nächsten Mobilfunkgeneration 6G widmen.
• Professorin Shalini Randeria, Rektorin der Central European University (CEU), Wien, Sozialanthropologin und Soziologin, Forschungsthema: „Soft Authoritarianisms“. Ihre Gastgebenden sind Professorin Michi Knecht und Professor Ingo H. Warnke, Sprechende der interdisziplinären Verbundforschungsplattform „Worlds of Contradiction“ (WoC, sinngemäß „Welten des Widerspruchs“). Shalini Randeria forscht mit ihrer Gruppe zu gegenwärtigen Formen des Autoritarismus, die danach streben, sich demokratisch zu legitimieren. Sie höhlen die demokratischen Institutionen von innen aus, etwa indem sie die Mehrheiten der Wählenden strategisch verändern. Im Fokus der ersten vier Jahre standen Frankreich, die Türkei und Polen. Im Verlängerungszeitraum soll es nun um soft-autoritäre Strategien mit einem Fokus auf Identitätspolitiken der Mehrheit gehen.
• Professor Haizhou Li, National University of Singapore und Chinese University of Hong Kong (Shenzhen), Elektro- und Elektronikingenieur, Forschungsthema: „Machine Listening“. Gemeinsam mit seiner Gastgeberin Professorin Tanja Schultz (Cognitive Systems Lab und Sprecherin des Wissenschaftsschwerpunkt Minds, Media, Machines) forschen Li und sein Excellence Chair-Team an der Weiterentwicklung biologisch inspirierter Computermodelle, die das menschliche Hörvermögen nachahmen. Dabei soll die menschliche Fähigkeit, aus dem Stimmengewirr einer Cocktail-Party gezielt einzelne Stimmen herauszuhören, auf technische Systeme übertragen werden – ein bislang ungelöstes Problem. Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit sind bereits zahlreiche Publikationen entstanden, und Professor Li wurde als Mercator-Fellow für die DFG-geförderte KI-Forschungsgruppe „Lifespan AI“ gewonnen.
Die am MARUM verankerten Excellence Chairs werden ebenfalls bis 2025 verlängert. Es sind dies:
• Professor Jack Middelburg, Universität Utrecht, Niederlande, Geochemiker, Forschungsthema: Mariner Kohlenstoffkreislauf
• Professor Victoria Orphan, Californian Institute of Technology, Pasadena, USA, Umweltwissenschaftlerin, Forschungsthema: Mikrobielle Gemeinschaften
• Professor Eske Willerslev, Universität Kopenhagen, Dänemark, und Universiy of Cambridge, Großbritannien, Forschungsthema: Fossile DNA in marinen Ablagerungen
Excellence Chairs qualifizieren den Forschungsnachwuchs
Im Rahmen der U Bremen Excellence Chairs werden von der Universität Bremen für jeden Gast zwei Nachwuchswissenschaftlerstellen finanziert. Die Bremer Forschungsgruppe kann aus anderen Mitteln zudem erweitert und ausgebaut werden. Die U Bremen Excellence Chairs sind in die fachlichen Strukturen in Bremen eng eingebunden und betreuen hier Promotionen.
Weitere Informationen:
www.uni-bremen.de/u-bremen-excellence-chairs
www.uni-bremen.de
Fragen beantwortet:
Funda Togar
Koordinatorin „U Bremen Excellence Chairs“
Universität Bremen
Referat 12 - Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs / Research Services
Tel. +49 (0)421 218-60308
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