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Erfindung aus Bremen gewinnt Preis und spielt nun in der „Champions League des Design“

Aus dem Hörsaal durch mehrere Hochschul-Labore erfolgreich auf den Markt: In beispielhafter Kooperation entstand die „Schneckenblattfeder“

Nr. 178 / 16. Juni 2011 SC

Das gab es noch nicht? Angesichts der „Schneckenblattfeder“ drängt sich diese Frage auf, denn man meint, so ein kleines, nützliches Bauteil schon gesehen zu haben. Aber nein, es ist tatsächlich ein neues Produkt – entstanden in einer beispielhaften und vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Kooperation zwischen dem Faserinstitut Bremen e. V. (FIBRE) am Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen, der Hochschule für Künste Bremen (HfK), der Bremer Patent- und Vermarktungsagentur InnoWi GmbH und UniTransfer. Die Erfindung von Nachwuchs-Produktdesigner Simon Michel wurde Ende Mai vom Rat für Formgebung mit dem Design Plus Award ausgezeichnet und ist nun für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland nominiert worden. Damit spielt sie in der „Champions League des Design“.

Ihr Prinzip ist so einfach wie genial: Die Schneckenblattfeder ist eine kleine, kreisrunde Feder aus lagenweise aufgebautem Kohlenstofffaserverbundwerkstoff (CFK). Im Profil betrachtet hat sie die Form des Buchstaben „C“. Der offene Ring verjüngt sich von einem bis zum anderen Ende. Das heißt, am einen Ende ist er dicker als am anderen. So wirken je nach Einbauwinkel der Feder verschiedene Stärken des federelastischen Materials, wodurch jeweils unterschiedliche Federeigenschaften entstehen.

„Optimales Zusammenspiel von Nachhaltigkeit, Ästhetik und Funktionalität

Michel konstruierte einen ganzen Rollstuhl aus CFK inklusive der Scheckenblattfeder, die den Sitzkomfort erhöhen sollte. Im Studierendenwettbewerb einer von der InnoWi initiierten Lehrveranstaltung von Professor Andreas Kramer, Leiter des Lehrgebietes Computerunterstütztes Entwerfen im HfK-Studiengang Integriertes Design belegte er damit den ersten Platz, präsentierte sein Produkt zunächst auf den HfK-Hochschultagen, dann auf der Hannover Messe 2010 und jüngst auf der Messe Material Vision in Frankfurt. Dort erhielt die Schneckenblattfeder als eines von 33 „zukunftsweisenden Produkten“ den vom Rat für Formgebung und der Messe Frankfurt ausgelobten Design Plus Award.

Der Preis gilt als einer der wichtigsten im Bereich der Materialneuheiten und wird für Produkte mit „herausragendem und besonders innovativem Design vergeben, „bei deren Herstellung innovative Materialien oder Verarbeitungstechniken zur Anwendung gekommen sind“. Der internationale Design-Wettbewerb zählt zu den führenden in Deutschland und prämiert Entwicklungen, die sich durch ein „optimales Zusammenspiel von Nachhaltigkeit, Ästhetik und Funktionalität“ auszeichnen. Die Erfolgsgeschichte der Schneckenblattfeder und damit auch der institutionenübergreifenden Kooperation setzt sich nun fort mit der Nominierung zum Designpreis der Bundesrepublik Deutschland. Der Wettbewerb gilt als die „Champions League des Design“.

Konstruktives Miteinander von Ingenieurwissenschaften, Produktdesign und Patentverwertungsagentur

Jurymitglied Lars Quadejacob fand die lobenden Worte: „Die Schneckenblattfeder ersetzt komplizierte Luftfederungssysteme und wird somit im Fahrzeugbau auch optisch neue Möglichkeiten eröffnen“, sagte der Chefredakteur des Magazins design report. Die Feder ermögliche neue Konstruktionen und helfe durch Gewichts- und Materialersparnis auch die Ökobilanz von Produkten zu verbessern, meinte er und hob besonders hervor: „Ungewöhnlich erscheint, dass ein Designstudent einen Entwurf vorstellt, der so stark in den Ingenieursbereich hineinreicht.“ Darin zeigt sich auch die außergewöhnliche Leistung der Bremer Projektpartner aus Ingenieurwissenschaften, Produktdesign und Patentverwertungsagentur. In dem Vorhaben kamen Lehre und Forschung zusammen, mehrere Disziplinen und Institutionen haben konstruktiv und effektiv miteinander gearbeitet.

Kräftig unterstützt von den Faser-Experten des FIBRE hatten Studierende der HFK Dinge des täglichen Gebrauchs aus CFK konstruiert, die dann in den HFK-Werkstätten erste Formen annahmen. Hoffnungsvolle Produkte wurden danach mithilfe der Materialwissenschaftler und Techniker des FIBRE in den Laboren auf dem Uni-Campus weiterentwickelt. Hier hat sich speziell Dipl.-Ing. Holger Purol, Leiter Faserverbund am FIBRE, engagiert. Erst jüngst hatte das FIBRE in Paris den JEC Innovations Award in der Kategorie Automation erhalten, die weltweit höchste Auszeichnung in diesem Bereich. „Nicht weniger ehrt uns nun der Preis für die Schneckenblattfeder“, sagt der Wissenschaftler.

Purol hatte die HfK-Veranstaltung begleitet, stand den Studierenden auch darüber hinaus mit Know-how und Tatkraft zur Seite, und noch heute betreut der Uni-Forscher Simon Michel und seine Schneckenblattfeder. „Die Zusammenarbeit mit den Produktdesignern war für uns hier am FIBRE eine neue Erfahrung, und wir sind überrascht von den vielfältigen Impulsen, die sich daraus ergeben haben.“ Er habe sein Bild vom Produktdesigner nun korrigiert: „Sie haben – anders als gemeinhin angenommen – nicht nur die Ästhetik im Blick.“ Umgekehrt sei das genauso, meint Michel. Ohne das Know-how des FIBRE hätte er seine Idee nicht umsetzen können. Michel hat sein Studium inzwischen erfolgreich abgeschlossen und baut mithilfe des Bremer Existenzgründer-Programms BRUT der Bremer Aufbaubank GmbH (BAB) seine Selbstständigkeit auf. Dabei setze er auch künftig auf die Zusammenarbeit mit den Material- und Ingenieurwissenschaften.

„Spätestens mit der Nominierung für den Designpreis Deutschland hat die Schneckenblattfeder nun den Durchbruch geschafft und internationale Aufmerksamkeit erregt“, sagt Dr. Birte Halbach. „Das Interesse an der Feder ist groß.“ Die Innovationsmanagerin von der InnoWi hat das gesamte Projekt von der Idee über die Patentierung bis zu Entwicklung der Marktreife eng betreut, und sie unterstützt Michel nun auch weiter in seiner Selbstständigkeit und bei der Vermarktung der Feder. In dem ganzen Vorhaben oblag der InnoWi somit eine Schlüsselfunktion. „Jetzt freuen wir uns sehr über den großartigen Erfolg. Der hilft uns nun dabei, Lizenznehmer für das Produkt zu finden und es auf dem Markt zu platzieren. Er zeigt uns auch, dass wir mit der angestoßenen Zusammenarbeit von verschiedenen Forschungseinrichtungen auf dem richtigen Weg sind und dadurch neue innovative Ideen entstehen.“
Sabine Nollmann

Achtung Redaktionen: Druckfähige Fotos finden Sie unter www.innowi.de/de/service/downloads  oder erhalten Sie über Sabine Nollmann (Mobil: 0170 904 11 67, E-Mail. mailprotect me ?!kontextaprotect me ?!.de )

Weitere Informationen und Ansprechpartner:

www.faserinstitut.de , www.innowi.de , www.schneckenblattfeder.de 
Dipl.-Ing. Holger Purol (Leiter Faserverbund, Faserinstitut, Universität Bremen)
Telefon: 0421 218-93 30, E-Mail: purolprotect me ?!faserinstitutprotect me ?!.de
Dr. Birte Halbach (Innovationsmanagerin InnoWi GmbH)
Telefon: 0421 96 007-17, E-Mail: birte.halbachprotect me ?!innowiprotect me ?!.de
Dipl. Des. Simon Michel (Produktdesigner, Hochschule für Künste Bremen)
Telefon: 0421 8785818, E-Mail: michelprotect me ?!michel-produkt-designprotect me ?!.de