Detailansicht

„Achtung! Feindpropaganda!“ Lew Kopelews Frontflugblätter 1941 – 1945

Eine Ausstellung der Forschungsstelle Osteuropa Bremen und der Universität Bremen / 8. Juli 2016 bis 30. August 2016, Eröffnung am 7. Juli um 18 Uhr

Nr. 192 / 27. Juni 2016 RO

In sibirischer Kälte wurde der deutschen Wehrmacht im Winter 1941/42 ohne Winterausrüstung der Sturm auf Moskau befohlen. Wehrmachtssoldaten berichteten später von grauenhaften Szenen in Schlamm und eisiger Kälte, die sich vor den Toren Moskaus abspielten. Der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion jährt sich 2016 zum 75. Mal (22. Juni 1941). Zu den Waffen, mit denen sich die „Rote Arbeiter- und Bauern-Armee“ zur Wehr setzte, gehörten auch die Frontflugblätter. Sie wurden von den Propagandaeinheiten massenhaft über der Front abgeworfen. Die Druckschriften zeigen, welches Leid der Krieg den Menschen an der Front und in der Heimat brachte. Die sowjetische Propaganda versuchte damit, die deutschen Soldaten zum Aufgeben zu bewegen. Fast jedes Flugblatt endet mit der Aufforderung, sich in sowjetische Kriegsgefangenschaft zu begeben: „Gilt als Passierschein durch die Front“. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Ausstellung „Achtung! Feindpropaganda!“ Lew Kopelews Frontflugblätter 1941 – 1945, die die Forschungsstelle Osteuropa in Kooperation mit der Universität Bremen vom 8. Juli bis 30. August 2016 im Haus der Wissenschaft, Sandstr. 5 zeigt.

Zur Gefangennahme ermutigen

Die Flugblätter mussten von den deutschen Soldaten mit „Feindpropaganda“ gekennzeichnet und an ihre Vorgesetzten abgegeben werden. Dennoch lasen die meisten Soldaten sie und schickten sie sogar in die Heimat. Sie handeln von Siegen und Verlusten an den Fronten, von Bombenangriffen auf die Heimat, dem Leben der Kriegsgefangenen und den Gefahren des russischen Winters. Sie sollten den Wehrmachtssoldaten die Sinnlosigkeit weiterer Abwehrschlachten verdeutlichen und sie zur Gefangennahme ermutigen. Die sowjetische Propaganda nutzte Fotos und Feldpostbriefe, die sie bei gefallenen deutschen Soldaten fand, und gestaltete die Flugblätter auch mit Illustrationen, wie Karikaturen und Fotomontagen. Sie ließ sich dabei von deutschen Kriegsgefangenen beraten.

Material von Lew Kopelew

Die Ausstellung präsentiert die Sammlung sowjetischer Flugblätter, Frontzeitungen und Plakate aus dem Archiv der Forschungsstelle Osteuropa. Entworfen und zusammengetragen hat sie Lew Kopelew (Kiew 1912 – Köln 1997), der als Kenner der deutschen Kultur ab 1941 als Propaganda-Offizier an der Front eingesetzt war. Wegen „Mitleids mit dem Feind“ wurde er 1945 zu zehn Jahren Lager verurteilt. Nach seiner Freilassung freundete Kopelew sich mit Heinrich Böll an und setzte sich für Menschenrechte ein.

Die Ausstellung beleuchtet neben der Propagandaschlacht, was deutsche Gefangene in der Kriegsgefangenschaft erwartete und was Kopelew selbst nach seiner Verhaftung erlebte. Sie will auf diese Weise zum Nachdenken über Krieg, Gewalt und ideologische Beeinflussung anregen.

Achtung Redaktionen: Am 7. Juli um 18 Uhr wird die Ausstellung "Achtung! Feindpropaganda!"- Lew Kopelews Frontflugblätter 1941 – 1945 im Haus der Wissenschaft eröffnet. Medienvertreter sind dazu herzlich eingeladen. Die Begrüßungsworte sprechen: Dr. Klaus Sondergeld, Vorstandsmitglied des Hauses der Wissenschaft, Professorin Susanne Schattenberg, Direktorin der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und Matthias Stauch, Staatsrat beim Senator für Justiz und Verfassung. Den Hauptvortrag hält Fritz Pleitgen, Journalist und Vorsitzender des Lew-Kopelew-Forums Köln.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Forschungsstelle Osteuropa
Prof.Dr. Susanne Schattenberg (Direktorin)
Tel.: 0421 218-69600; Mobil 0160 732 38 02
E-Mail: schattenbergprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Postkarte mit Zeichnung zeigt Soldaten am Boden