Drei wissenschaftliche Mitarbeiter hat Lhachimi bereits eingestellt. Demnächst kommt noch ein Postdoc hinzu. „Eigentlich hatte ich die ganze Zeit mit den organisatorischen Vorbereitungen zu tun“, sagt der 37-Jährige. „Ein Glück, dass ich Verwaltungserfahrungen habe.“ Die hat er als stellvertretender Leiter des Ressorts Gesundheitsökonomie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln sammeln können. Die Ausschreibung für die Bremer Exzellenzstelle hat er „ganz klassisch in der ZEIT“ gelesen.
Schwerpunkt: Fettleibigkeit
Nun soll es aber losgehen mit einer größeren Untersuchung zum Thema „Evidence-Based Public Health“. Bloß, was ist das? Der exzellente Wissenschaftler kann das wunderbar allgemeinverständlich erklären. Evidence übersetzt er mit „Beweise, Fakten, Belege“. Die Evidence-Bewegung kommt aus der klinischen Medizin und ist seit 20 Jahren im steten Aufbau begriffen. „Die Auswahl von Therapien basiert nicht mehr auf tradiertem Wissen, also der Expertenmeinung, sondern auf der Auswertung kontrollierter Studien.“, sagt Lhachimi. Die höchste Stufe der Evidence seien Vergleich und Analyse mehrerer kontrollierter Studien auf einer Metaebene. Genau das will er mit seiner Gruppe umsetzen. Der Schwerpunkt liegt auf Adipositas, der Fettleibigkeit. Auch Alkohol und Tabak spielen bei den Untersuchungen eine Rolle. „Wir sammeln derzeit Studien aus allen Ländern“, sagt der Professor. „Die Qualität ist nicht immer gleich hoch“. Die Studien müssen also bewertet und verglichen werden. „Wir werfen systematisch unsere Netze aus, sammeln ein und vollziehen die Ergebnisse nach.“
Höhere Steuern für Gesundheitsvorsorge
In einem nächsten Schritt werden Empfehlungen und Prognosen wissenschaftlich modelliert. Was bringt es für die Gesundheit der Bevölkerung, wenn Tabak- und Alkoholsteuer erhöht werden? Ist es sinnvoll, auch kalorienreiche Softdrinks oder ähnliche Lebensmittel mit einer Steuer zu belegen? Schreckt das Käufer ab und verbessert deren schlanke Linie? Lhachimi weiß viele gute Beispiele, die natürlich nur langfristig umsetzbar sind. In den Niederlanden bringt ein exzellentes Radwegenetz die Menschen in Schwung. „Die Holländer bewegen sich deutlich mehr als andere Europäer“, sagt er. „Und die Schweden trinken nachweislich weniger Alkohol als die Engländer.“
Bremen ähnelt Rotterdam
Der Gesundheitswissenschaftler hat in Berlin, England und den USA studiert, sowie in den Niederlanden geforscht. Nun ist der gebürtige Sachsen-Anhaltiner von Köln nach Bremen gezogen. „Die Stadt finde ich schnuckelig“, sagt er, „sie erinnert mich an Rotterdam“.