Am 21. August 1968 stellte sich Emil Gallo in Bratislava mit entblößter Brust den Panzern des Warschauer Pakts in den Weg – ein dramatischer Augenblick, den der Fotoreporter Ladislav Bielik festhielt. Dieses berühmte Foto steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Die Geschichte einer Fotografie: Der Mann mit der entblößten Brust“ der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Tschechischen Republik und der Botschaft der Slowakischen Republik, dem Tschechischen Zentrum und dem Slowakischen Institut in Berlin konzipiert und ist Teil des Deutsch-Tschechischen Kulturfestivals „So macht man Frühling“. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 7. Juni 2018 zu den Öffnungszeiten der Bibliothek der Forschungsstelle Osteuropa, Montag-Donnerstag, 9-17 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Eines der besten Fotos des 20. Jahrhunderts
Bis heute ist das Foto der ikonische Ausdruck für den furchtlosen Widerstand, den Slowaken und Tschechen damals leisteten. Es erzählt eine Geschichte, die die Parteiführer in Moskau, Warschau, Ost-Berlin, Budapest und Sofia nicht vorhergesehen hatten: dass sich die Bevölkerung nicht in ihr Schicksal fügen und ihre Ohnmacht nicht akzeptieren würde. Im Westen wurde das Foto in zahlreichen Printmedien abgedruckt und in die Ausstellung des World Press Photo aufgenommen. In Osteuropa begann es im Untergrund zu zirkulieren und wurde von polnischen Dissidenten auf einer Briefmarke des Untergrunds verewigt. Es gilt bis heute als eines der besten Fotos des 20. Jahrhunderts.
Der Fotoreporter Bielik hatte die Originale des Fotos so gut versteckt, dass sie die Staatssicherheit bei diversen Hausdurchsuchungen nicht fand; man konnte ihm die Urheberschaft nicht nachweisen. Dennoch wurde er aus dem Journalistenverband ausgeschlossen, verlor seine Anstellung und fristete seinen Lebensunterhalt bis zu seinem Tod 1984 als selbständiger Fotograf. Seine Familie musste 1989 gegen die Deutsche Presse-Agentur (dpa) klagen, um das Urheberrecht zugesprochen zu bekommen. Emil Gallo war ein einfacher Installateur, der sich vorher nicht politisch betätigt hatte. Von seiner offenbar spontanen Tat erzählte er niemandem. 1971 nahm er sich das Leben – der Grund ist unbekannt.
Vortrag zur Flucht aus der DDR in die Tschechoslowakei
Die Ausstellungseröffnung ist am Montag, 14. Mai 2018, um 18 Uhr in der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, Klagenfurter Straße 8. Professorin Susanne Schattenberg, Direktorin der Forschungsstelle Osteuropa, und Milan Coupek von der Tschechischen Botschaft werden Grußworte sprechen. Danach hält Hans-Joachim Weber einen Vortrag mit dem Titel „Vom Prager Frühling zur Massenflucht aus der DDR“. Weber war 1989 für die Betreuung der Zufluchtssuchenden in der Deutschen Botschaft in Prag zuständig. Er ist Archivgeber der Forschungsstelle Osteuropa, der er Dokumente aus den Jahren 1968/1969 und Fotos von 1989 übergeben hat.
Weitere Informationen:
https://www.somachtmanfruehling.de/
https://www.forschungsstelle.uni-bremen.de/
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Susanne Schattenberg
Forschungsstelle Osteuropa
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218-69624
E-Mail: Schattenberg@uni-bremen.de